FlixBus Der unheimliche Siegeszug des Start-ups

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Es geht noch mehr

Es gibt dann, nach allem, was sich derzeit voraussagen lässt, noch genau einen bedeutenden Anbieter im Geschäft mit den Fernbussen. Mehr als 90 Prozent des Geschäfts in Deutschland werden Schwämmlein und Co. dann anbieten. Sowohl für die Kunden, die sich an die günstigen Tickets für Fernreisen gewöhnt haben als auch für die Busunternehmer, die sich an das Zusatzgeschäft mit den FlixBus-Aufträgen gewöhnt haben, gibt es dann genau einen Geschäftspartner im Fernreisegeschäft mit dem Bus. Solche Marktmacht gibt es in keinem anderen liberalisierten Markt. Womöglich ein Fall für das Bundeskartellamt. Doch das kann bisher nur zuschauen, weil der FlixBus-Umsatz mit geschätzt 400 Millionen Euro unterhalb der Schwelle von 500 Millionen Euro für eine Fusionskontrolle liegt.

Doch damit bestätigt sich ein Phänomen, das Experten in den Anfangszeiten des Internets noch vehement bestritten haben: die Machtkonzentration digitaler Plattformen. Wer private Taxichauffeure braucht, denkt an Uber. Wer in fremden Städten übernachten will, sucht bei Airbnb. Wer Fernbusreisen plant, geht zu FlixBus. Am Ende bleibt oft nur eine große, im Idealfall sogar globale Marke übrig.

Wettbewerber warnen vor dieser Entwicklung. Der Gründer und Chef von DeinBus, Christian Janisch, sagte jüngst in einem Interview: „Wenn es nur noch einen Anbieter gibt, kann der die Preise anheben, wie er das möchte.“ Auch die Politik fordert ein Eingreifen. Martin Burkert (SPD), Vorsitzender des Verkehrsausschusses im Bundestag, forderte eine Fernbusmaut von 0,4 Cent pro Fahrgast und gefahrenen Kilometer. Für eine 500 Kilometer lange Strecke etwa zwischen Berlin und Nürnberg kämen so zwei Euro zusammen, rechnet er vor. Ziel ist es vor allem, die Bahn zu schützen. Doch 90 Prozent Marktanteil sind eigentlich noch lange kein Monopol.

General Atlantic ist der große Investor hinter Flixbus. Die US-Beteiligungsgesellschaft kauft sich in vielversprechende Start-ups ein und sieht noch viel Potenzial für ähnliche Erfolgsgeschichten in Deutschland.
von Christian Schlesiger

Die Fernbusse stehen in direkter Konkurrenz zum Schienenverkehr. Zieht man allein den Fernverkehr der Deutschen Bahn in die Marktbetrachtung mit ein, kämen die Fernbusse, gemessen an der Zahl der beförderten Fahrgäste, nur auf einen Anteil von rund 20 Prozent. Berücksichtigt man zudem noch den individuellen Autoverkehr, sind Fernbusse eine vernachlässigbare Größe.

Bei FlixBus sieht man diese Debatten gelassen. Stattdessen läuft man in solchen Phasen auf vollen Touren. Der Spätsommer ist für Fernbusunternehmen ohnehin immer die Zeit der Neuausrichtung: Schwache Strecken werden eingestellt, neue für das Frühjahr geplant. Dem Unternehmen aus München geht es jetzt vor allem darum, das Netz zu optimieren. Allein die übernommenen Postbus-Strecken müssen so integriert werden, dass sich die Abfahrtszeiten mit den FlixBus-Bussen nicht mehr überlappen. Es gebe zudem noch Luft in Regionen mit kleineren Städten, heißt es in München. Schwerpunkt der nächsten Jahre werde aber die Expansion nach Europa. Gerade erst wurden innerdänische Linien angekündigt. Zudem fächert FlixBus sein Netz nach Osteuropa aus. Und in Amsterdam entsteht bald ein neues Büro für die Benelux-Linien.

Mitunter ergreift das Unternehmen dann auch Chancen, die sich spontan ergeben. Nur einen Tag nachdem die Bahn ihre Fernbus-Schrumpfkur verkündete, rechneten die Mitarbeiter in München in Wochenendschichten Zukunftsszenarien durch. Wenn die BLB-Tochter der Bahn ihre 150 Fernbusse teilweise einmottet, werden neue Strecken frei. „Wir wollten ohnehin im nächsten Jahr mit neuen Strecken wachsen“, sagt Schwämmlein, „jetzt wachsen wir eben noch mehr.“

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