FlixMobility nach dem Lockdown Die Weltexpansion stockt

Die Coronapandemie hat Flixmobility in seinen Expansionsplänen ausgebremst. Quelle: REUTERS

Der Mobilitätsanbieter FlixMobilty wollte mit Zügen und Fernbussen die Welt erobern. Doch die Coronapandemie hat das Unternehmen ausgebremst. Die Münchener setzen nun auf eine Expansion light – und auf Politik.

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Die Finanzierungsrunde des vergangenes Jahres war ein Meilenstein für FlixMobility. Das Unternehmen, das seit einigen Jahren den deutschen und europäischen Fernbusmarkt aufrollt und sich seitdem auch auf anderen Kontinenten ausbreitet, sammelte 2019 rund eine halbe Milliarde Euro ein. Investoren wie Holtzbrinck-Ventures und die Europäische Investmentbank gaben Geld, aber auch Neuinvestoren wie VC Permira und Silicon Valley VC. Inzwischen war das Unternehmen bei der Finanzierungsrunde F angekommen. Die Finanzspritze wollten die Gründer für „die globale Expansion“ nutzen.

Daraus wird vorerst nichts. FlixMobility kämpft mit den Folgen des Lockdowns und bemüht sich um einen Neustart. Das Geschäft zieht zwar langsam wieder an, aber die Krise dämpft die Hoffnungen auf die Umrundung der Erde. Derzeit steht Krisenmanagement statt Wachstum an. Die neue Strategie der Münchener lautet: Expansion light. Dabei setzt sie auch auf die Hilfe aus Brüssel.

Bis Anfang des Jahres hatte FlixMobility noch Großes vor. Das 2019 eingesammelte Kapital sei „für US-Expansion, Markteintritte in Südamerika und Asien“ eingeplant gewesen, hieß es in einer Erklärung im Zuge der Finanzierungsrunde 2019. Daran wollte man vor Corona festhalten. Außerdem sollte das Kerngeschäft verbessert werden. Hinzu kam die Idee, mit FlixCar in das Geschäft mit Mitfahrgelegenheiten einzusteigen. Im Dezember startete das Unternehmen einen Piloten in Frankreich. Das Geschäft wurde wieder aufgenommen, aber ein Expansion in andere Länder ist in diesem Jahr nicht mehr geplant.

Auch die Expansion außerhalb Europas stockt. Im Podcast-Interview mit der WirtschaftsWoche erklärt Gründer André Schwämmlein, dass man sich weiterhin auf die Märkte in Europa, der Türkei und den USA konzentrieren wolle. Die Expansion nach Südamerika und Asien stünde derzeit nicht auf dem Plan.

FlixMobility setzt aber weiterhin auf Wachstum in den USA. Das Land erlebt fast täglich neue Höhepunkte in der Coronakrise. Zuletzt stieg dort die bestätigte Zahl von Infizierten auf mehr als fünf Millionen. In Texas, Florida und rund um Seattle pausiert daher das Geschäft von Flixbus derzeit. In Kalifornien und an der Ostküste der USA würden die Busse eingeschränkt fahren. „Ein Rückzug aus den USA stand aber nie zur Debatte“, sagt Schwämmlein. Man sehe die Umsetzung der Expansionspläne eher im zeitlichen Verzug, bis sich die Lage hoffentlich etwa dank Impfstoffen wieder entspannt habe.

Ein Großteil des 2019 eingesammelten Geldes dürfte dafür dann aber wohl kaum noch übrig sein. FlixMobility hat auf staatliche Unterstützung bislang verzichtet. Das Unternehmen hat zusätzliche Bankkredite aufgenommen, um die Lasten abzufedern. Hinzu kommt, dass ein Großteil der Belastungen ohnehin die Buspartner tragen. Mittelständische Subunternehmen betreiben und finanzieren die Busse, stellen Fahrer und Wartungskapazitäten. Insofern teilen sich FlixMobility als Marketing- und Vertriebsplattform sowie die Buspartner die Risiken. FlixBus fährt inzwischen ein Drittel des Fahrplans in Europa. Schwierig sei die Lage in Großbritannien.

FlixMobility-Chef Schwämmlein ärgert sich vor allem über die vielen Milliarden Euro, die der Konkurrent auf der Schiene erhält. „Ich halte es für unverantwortlich, wenn der Bund so viele Milliarden an die Deutsche Bahn vergibt, ohne klare Bedingungen zu stellen“, sagt Schwämmlein. Das Unternehmen hat inzwischen die EU-Kommission eingeschaltet. In einem Brief an Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager, der der WirtschaftsWoche vorliegt, schreibt FlixMobility, man sei „sehr besorgt“, dass in einigen Staaten der EU die Coronapandemie dazu genutzt werde, Staatskonzernen wie der Deutschen Bahn den Rücken zu stärken. „Krisensituationen“ würden politisch genutzt, um deren „Wettbewerbssituation zu stärken“. Das führe zu Wettbewerbsverzerrung und bremse junge Start-ups wie FlixTrain aus.

In dem Brief bezieht sich FlixMobility auch auf die Pläne, die das Unternehmen vorerst wohl wird begraben müssen. Bis 2021 wollte die Zugtochter FlixTrain zum einen 30 deutsche Städte miteinander verbinden. Immerhin: Die Züge rollen wieder. Zum anderen sah FlixMobility auch die „Expansion in andere Märkte wie Frankreich, Schweden und Italien“ vor. Ob das Unternehmen dabei bleibt, ist fraglich. Die Milliarden für die Deutsche Bahn würden die Wettbewerbsgleichheit „nicht nur verzerren“, sondern könnten den verbleibenden Wettbewerb „vollständig vernichten“.

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Die Coronakrise hat Flixbus voll erwischt. Nun sind Teile der Flotte wieder unterwegs. Im Podcast mit Chefredakteur Beat Balzli und Ressortleiter Christian Schlesiger kritisiert FlixMobility-Chef André Schwämmlein die Staatsmilliarden für die Deutsche Bahn.

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