
Es ist wie ein Date mit Dr. Jekyll und Señor Hyde: irritierend. Hochtief-Vorstandschef Marcelino Fernandez nimmt sich nach der Bilanzpressekonferenz am 27. Februar im Essener Hotel Atlantic unerwartet Zeit für Einzelgespräche mit Journalisten. Am warmen Büfett gibt sich der Matador, der im November 2012 die Regentschaft in der Essener Konzernzentrale übernahm und den viele Hochtiefler im Umgang als Despoten erleben, charmant und interessiert. Professionell berührt der Spanier schon mal den Arm der Gesprächspartner.
Deren Versuch allerdings, herauszubekommen, was dran ist an den Gerüchten, Fernandez werde nach anderthalb Jahren an der Hochtief-Spitze schon bald wieder nach Madrid zurückkehren bleibt ergebnislos zu diesem Zeitpunkt. Er fühle sich „Hochtief sehr verpflichtet“, behauptet Fernandez und fragt: „Wer weiß, was in Zukunft ist?“
Zwei Wochen nach der Begegnung weiß er das genauer: Fernandez hat Mitte März urplötzlich die Führung der wichtigsten Hochtief-Tochter Leighton in Australien übernommen – zusätzlich zum CEO-Job in Essen, mit sofortiger Wirkung. Der 58-Jährige und zwei weitere Spanier ersetzen den bisher fünfköpfigen Leighton-Vorstand, der komplett geschasst wird.





„Wahnsinn“, sagt ein hochrangiger Hochtiefler zu Fernandez’ Doppelrolle, die nicht billig wird. Jede Flugreise von Düsseldorf nach Sydney und zurück kostet in der First Class über 15.000 Euro.
Der Wahnsinn hat aber Methode. Der Mehrheitseigner ACS – die Spanier sind nach der französischen Vinci-Gruppe der zweitgrößte Baukonzern Europas – läutet im Drama um Hochtief den letzten Akt ein. Die für deutsche Verhältnisse brutalen Managementaktionen der Spanier folgen einer Logik, die immer besser erkennbar wird. Vermutlich wird ACS ein Dreierbündnis schmieden und seine Bautöchter Hochtief, Leighton und Dragados zusammenführen. Am Ende einer Verschmelzung oder Fusion dürfte es Hochtief dann als Konzern nicht mehr geben.
Befürchtet wurde das schon bei der feindlichen Übernahme durch ACS im Mai 2011. Nun zeichnet sich ab, dass wohl tatsächlich aus dem Flaggschiff der deutschen Bauwirtschaft eine Marke der ACS-Bauaktivitäten wird und aus der Zentrale am Essener Opernplatz eine ACS-Filiale.

Für plausibel hält den flotten Konzern-Dreier Hochtief-Europa/Leighton/Dragados zum Beispiel Dieter Mittelmann, in Spanien tätiger deutscher Unternehmensberater und früherer Direktor des untergegangenen Baukonzerns Philipp Holzmann: „Eine Zusammenlegung würde Synergien schaffen und ACS neue Schlagkraft geben.“
Für Manuel Romera, Finanzwissenschaftler an der IE Business School in Madrid, ist die Fusion der großen ACS-Töchter sogar fast zwangsläufig: „Die volle Integration von Hochtief mit Leighton und Dragados wäre ein geschickter Schachzug. Hochtief hat ein Nettovermögen von 400 Millionen Euro und konnte 2013 Gewinn und Umsatz steigern. ACS dagegen hat Milliardenschulden, und Dragados hat seit 2011 eine Milliarde Euro Umsatz verloren.“
Eine spanische Variante dieses Textes finden Sie übrigens hier (Una versión española está publicada tambíen): ACS podría dejar Hochtief en una fusión tripartita