Jetzt mal halblang, Ihr Twitterer! „Und was kommt als nächstes? Benedikt wird Bahnchef?“ büttenredet Christian Jakubetz. „Josef Ackermann übernimmt Vorsitz von Brot für die Welt“, schüttelt sich taz-Redakteur Martin Kaul vor Lachen und Blogger und Kabarettist Bov Bjerg ulkt: „Ponader, das hätte man ja noch verstehen können. Aber Mehdorn?" Mit Verlaub, selten hat ein Shitstorm seinen Namen so verdient. Und selten hat der Verstand auf 140 Zeichen so majestätisch stillgestanden.
Der Mann, dem fast ein Jahrzehnt der Beiname „Bahn-Chef“ anhing und dem der Chefsessel bei Air Berlin eine unvollendete Abklingphase bescherte, kann der ideale Chef der Berliner Flughafengesellschaft werden. Der 70-Jährige hat nichts mehr zu verlieren und ist mit allen Wassern eines Managers gewaschen. Bei der Bahn hat er zumindest gezeigt, wie man eine Behörde in einen Dienstleister umwandelt. Dass der Börsengang durch die Finanzkrise ausfiel, dafür konnte er nichts. Und dass er den Datenschutz bei der Bahn missachtete und deshalb gehen musste, mindert seine Qualitäten als harten Sanierer und Durchgreifer nicht.
Vor einigen Wochen berichtete Matthias Platzeck (SPD) von den Mühen eines Headhunters. Den Verkehrsfachleuten im Bundestag schilderte der brandenburgische Ministerpräsident, wie seine Gespräche mit potenziellen Flughafen-Chefs verlaufen waren: Wann immer die Verhandlungen auf das Thema Gehalt kamen, seien die Telefonate schnell beendet gewesen.
Reihenweise holte sich der Aufsichtsrat Körbe bei deutschen Airport-Managern. Berlin ist ohnehin nicht der größte nationale Player, und noch dazu gibt es ja diese unüberschaubare Baustelle. Da hätte das finanzielle Angebot schon sehr verlockend sein müssen, um ein solchen Ritt antreten zu wollen. Selbst der lange als Hoffnungsträger gehandelte Ex-Fraport-Chef Wilhelm Bender wollte weder BER-Chef noch Aufsichtsratsmitglied werden. Am Ende wurde er wegen der mittlerweile üblichen Indiskretionen nicht einmal Edelberater.
Ganz nüchtern also muss man festhalten: Mehdorn ist nicht die allererste Wahl. Er ist außerdem der Mann, der noch bis vor kurzem als Air-Berlin-CEO Schadenersatzklagen gegen den Hauptstadt-Flughafen angestrengt hat, dessen Chef er nun wird. Der Mann auch, der schon als Bahn-Oberster mit dem Architekten Meinhard von Gerkan einen Strauß über das Dach des neuen Berliner Hauptbahnhofs ausfocht. Von Gerkan hat auch den BER geplant.