Fluglinie Bei der Lufthansa kehrt die Krise zurück

Die Lufthansa warnt vor einem Gewinnrückgang. Um im wachsenden Wettbewerb bestehen zu können, muss die Fluglinie ihr Sparprogramm Score aufstocken. Das wird vor allem zu Lasten der Belegschaft gehen.

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Foto von Carsten Spohr Quelle: REUTERS

Für Anleger ist eine Gewinnwarnung in der Regel eine böse Überraschung. Doch auch wenn bei der Lufthansa der Kurs um atemberaubende 14 Prozent einbrach, als sie ihre Ertragsziele für dieses und das kommende Jahr kassierte: Eine echte Überraschung konnte die Gewinnwarnung nicht sein. Auch nicht bei der bisher vergleichsweise soliden Lufthansa

Das liegt weniger daran, dass jeder neue Chef nach einem Führungswechsel erstmal das Gewinnversprechen des Vorgängers kassiert – und sei es nur, um hinterher die Erwartungen leichter wieder übertreffen zu können. „Die nun revidierten Ziele stammten noch von Ende April und Lufthansa-Chef Christoph Franz“, meinte Analyst Jürgen Pieper von der Privatbank Metzler. Sein Nachfolger Carsten Spohr habe „die Ziele nun so gesteckt, dass er damit kein Risiko eingeht.“

Bereits bei der Präsentation der Bilanz für das erste Quartal 2014 hatte Finanzchefin Simone Menne angedeutet, dass es extrem schwer werde, die versprochenen 2,65 Milliarden Euro operatives Ergebnis im nächsten Geschäftsjahr zu halten. Dass die Gewinnerwartungen nun für 2014 um gut 300 Millionen und für 2015 sogar um rund 600 Millionen gesenkt wurden, ist etwas mehr als erwartet. Aber am Ende ist es kein Schock, sondern die absehbare Rückkehr der Krise bei der Lufthansa.

Sparprogramm reicht nicht

Denn so sehr sich die Fluggesellschaft in den vergangenen zwei Jahren auch im Rahmen ihres Effizienzprogramms „Score“ verschlankt hat: Die Krise war nie richtig weg. Im Gegenteil: Der Gegenwind hat nie ernsthaft nachgelassen, weil die grundlegenden Herausforderungen geblieben sind. Der immer schärfere Wettbewerb und die - im Vergleich zu Billigfliegern und den Golf-Linien - hohen Kosten machen der Lufthansa zu schaffen. Bei den Personalkosten und den staatlichen Abgaben ist das deutsche Unternehmen im Nachteil.

Wie das wirkt, zeigen die Verkehrszahlen für die ersten fünf Monate des Jahres. Dort steht ein Plus bei den Passagieren und der Auslastung. Das deutet normalerweise auf steigende Erträge hin. Weil ein zusätzlicher Passagier an Bord kaum zusätzliche Betriebskosten verursacht, fließt sein Ticketpreis fast vollständig in den Gewinn.

Carsten Spohr: Pilot und Lufthansa-Kenner

Doch das ist derzeit anders. Zwar füllt die Lufthansa ihre Flieger rekordverdächtig auf fast 80 Prozent. Doch sie schafft das nur mit immer mehr Sonderangeboten. Unter dem Strich nahm die Lufthansa laut Finanzchefin Menne mehr als ein Prozent weniger ein, wenn sie einen Passagier einen Kilometer weit flog.

Das kommt nicht nur von den Kampfpreisen der Konkurrenten vom Golf oder den Discount-Linien wie Ryanair oder Easyjet. Erstmals seit langem leiden nicht nur die Preise in Richtung Asien oder Europa.

Derzeit bröckeln die Tarife auch bei den Flügen über den Atlantik, dem umsatzmäßig größten Geschäftsfeld. Hier hatte die Lufthansa lange Zeit ein wenig Ruhe, weil die Fluglinien vom Golf die Strecken nicht anboten und die traditionellen Konkurrenten wie Air France-KLM oder die US-Airlines mit ihrem Schrumpfkurs für stabile Preise und Platz zum Wachsen sorgten.

Das ist jetzt vorbei. Air France-KLM fährt sein Angebot ebenso hoch wie die US-Marktführer American Airlines oder Delta. Und weil besonders letztere ihr Produkt aufgemöbelt haben, überzeugen sie auch immer häufiger die klassische Lufthansa-Klientel.

Die Konkurrenz zwingt Lufthansa zu Sparkursen

Dazu hat der Wettbewerb mit den Billigfliegern eine neue Dimension erreicht. Die Geizlinien schließen nicht nur die Lücke zu den etablierten Linien, weil sie auf besseren Service setzen. Das Netz der Preisbrecher an Non-Stopp-Verbindungen in Europa ist inzwischen so dicht, dass die Lufthansa zunehmend einen ihrer wichtigsten Vorteile verliert.

Bislang buchten vor allem Geschäftsleute die höheren Tarife der Lufthansa, weil sie dank der vielen Verbindungen bequem den Flug wechseln konnten. So verloren sie kaum wertvolle Arbeitszeit, wenn ihre Termine länger oder kürzer liefen, als geplant.

Die Sparprogramme der Lufthansa

Doch inzwischen fliegen die Billigheimer viele Strecken so oft, dass auch eilige Manager bei ihnen kurzfristig einen passenden Flug finden. Dagegen wird eine spontane Umbuchung bei Lufthansa immer schwerer. Wegen der volleren Flieger ist im Ernstfall kein Platz mehr frei, wenn ein Kunde umdisponiert.

Kampf gegen die Krise

Nun will Lufthansa gegen die Krise kämpfen. Finanzchefin Menne hat angekündigt, weitere Flüge zu streichen. Sie hofft, die verbliebenen besser und mit weniger Rabatten verkaufen zu können.

Doch das wird nicht reichen. Die Lufthansa muss ihr aktuelles Sparprogramm Score aufstocken. Und zwar am besten nicht nur um die 650 Millionen, die jetzt für das geplante Sparziel fehlen, sondern um einen höheren Betrag. Dafür muss sich die Lufthansa stärker und gründlicher ändern, als bisher geplant.

Weitere Probleme belasten die Lufthansa

Denn die Fluggesellschaft leidet nicht nur unter dem Preisverfall und dem wachsenden Wettbewerb, sondern auch unter anderen Dingen. Das beginnt bei immer neuen Überraschungen: So verliert die Lufthansa 60 Millionen Euro, weil sich Venezuela weigert, den Umsatz mit den im Land verkauften Tickets zu einem angemessen Wechselkurs zu tauschen.

Problematischer ist, dass die Lufthansa hierzulande unter Bedingungen arbeitet, die der heutige Aufsichtsratschef Wolfgang Mayrhuber mal „Wettrennen mit einer Werkzeugkiste auf dem Buckel“ nannte. Da sind zum einen anderswo unbekannte staatliche Belastungen wie die deutsche Sondersteuer namens Luftverkehrsabgabe.

Oder, dass sich die staatliche Flugsicherung in Deutschland zwar privatisiert nennt, aber nach wie vor wie eine Behörde bei steigenden Ausgaben ihre Gebühren anheben darf, statt wie ein echtes Unternehmen sparen zu müssen.

Problemfall Pilotengehalt

Weil sich daran vorläufig wenig ändern wird, muss die Lufthansa die Dinge ändern, die in ihrer Macht stehen. Und das sind ihre vergleichsweise üppigen Arbeitskosten. Dazu zählen aber nicht nur die hohen Pilotengehältern, sondern zumindest ebenso die umständlichen Arbeitsweisen.

So arbeiten die Konzernzentrale in Frankfurt und die Verwaltungen der Töchter in Hamburg oder Köln noch zu oft parallel. Dadurch dauern Neuerungen, die ein Billigflieger quasi über Nacht beschließt und umsetzt, oft Monate. 

Dazu erledigt die Lufthansa noch zu viele Arbeiten im teuren Inland, statt sie wie ihre Wettbewerber an Töchter oder Dienstleister in günstigere Länder zu verlagern.

Das alles muss Spohr nun angehen und möglichst bereits die ersten Ansätze verkünden, wenn er Anfang Juli sein Regierungsprogramm vorstellt. Und vielleicht war das auch einer der Gründe für die heutige Gewinnwarnung. Denn sie zeigt: Das von vielen mit dem Wechsel vom etwas kühlen Alt-Chef Franz zum leutseligen Spohr erhoffte Ende des Reformkurses fällt nicht nur aus. Spohr erhöht den Reformdruck sogar.

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