Flugverkehr Lufthansa startet neue Billigmarke für Fernurlauber

In Zukunft geht Eurowings nicht mehr auf Langstreckenflüge. Die Lufthansa plant eine neue Konzernmarke. Quelle: imago images

Der Billigverkehr der Lufthansa auf der Langstrecke soll ab dem kommenden Jahr nicht mehr von Eurowings durchgeführt werden, sondern unter einer neuen Marke starten. Damit endet das teuerste Abenteuer des Konzerns.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Lufthansa-Chef Carsten Spohr hätte gewarnt sein müssen. Als er im Herbst 2014 der Führung seiner Billigtochter Eurowings eröffnete, dass sie künftig auch Langstrecke fliegen soll, war die Reaktion eher skeptisch. „Die haben ihm damals gesagt, das wird sportlich“, beschreibt ein Unternehmenskenner die eher kühle Reaktion. Zwar gelten Fernflüge als die Königsklasse des Fliegens, weil es um Glamourziele und einen besseren Service als auf der zum Massentransport gewordenen Kurzstrecke geht. „Doch ebenso hoch wie die Ehre ist das Risiko, dass es schief geht – und zwar krachend und teuer“, so der Unternehmenskenner.

Das sieht Spohr inzwischen ähnlich. Denn bald ist Eurowings komplett von der Langstrecke verschwunden. Die Lufthansa plant eine neue Konzernmarke für ihren Billigverkehr auf den Interkontinentalrouten.

Der neue Name für die bisher noch unter der Billigmarke Eurowings betriebenen Flüge zu Zielen in der Karibik oder den USA soll 2020 eingeführt werden. Dies bestätigte ein Lufthansa-Sprecher der WirtschaftsWoche. „Eine Entscheidung, welcher Name es wird, ist aber noch nicht gefallen“, so der Sprecher. Klar ist jedoch: Der neue Markenname soll kein exotischer Kunstname sein, wie ihn etwa Air France-KLM für ihre inzwischen eingestellte Billigtochter Joon gewählt hat.

Mit dem neuen Namen kommt das endgültige Aus für das größte und teuerste Abenteuer des Lufthansa-Konzerns. Denn die betriebliche Verantwortung für die Fernflüge übergibt Eurowings bereits seit Oktober schrittweise an die Konzernmutter. Damit wandert die Verantwortung vom für Eurowings zuständigen Konzernvorstand Thorsten Dirks hinüber zu Harry Hohmeister, der bereits das Geschäft um die Premiummarken Lufthansa oder Swiss leitet. Mit dem Wechsel verabschiedet sich der Konzern gleichzeitig von einem Grundprinzip.

Nachdem Eurowings bislang vor allem Langstrecken außerhalb der großen Lufthansa-Drehkreuze Frankfurt und München anbieten sollte, verlagert sie nun den Großteil ihrer Fernflüge von Düsseldorf an eben die beiden Zentralairports des Konzerns. Dort sollen dann auch Umsteiger aus dem Netz der Konzernschwester Lufthansa die Maschinen füllen. Vorbild ist die Schweizer Ferienmarke Edelweiss, die auf ähnliche Weise mit Swiss in Zürich kooperiert. Der Umbau läuft unter dem Projektnamen Purple Moon, wird aber intern auch „Edelwings“ genannt – in Anspielung auf die Schweizer Schwester und den höheren Anspruch im Vergleich zu Eurowings.

Der Grund für den Umbau sind die anhaltenden Verluste der Freizeitrouten nach Übersee. Nach Schätzung von Branchenkennern verdiente die Eurowings hier im Gegensatz zur Kurzstrecke nie Geld. Stattdessen verlor sie pro Flugzeug und Jahr stellenweise bis zu zwei Millionen Euro. Das entspräche einem Minus von bis zu 20 Millionen pro Jahr.

Dabei war die Idee mit der Billiglangstrecke anders gedacht. Der Verkehr zu Urlaubszielen auch auf der Langstrecke wächst traditionell stärker als die Nachfrage nach Geschäftsreisezielen. Gleichzeitig sind immer mehr Kunden auch auf der Langstrecke bereit, für niedrige Preise auf Komfort zu verzichten. „Auf den Markt können wir nicht verzichten“, so Spohr.

Doch im Betrieb waren am Ende andere Faktoren stärker. Zum einen tat sich das bei Fernreisen wenig erfahrene Management mit dem neuen Feld schwer. „Wenn man beim Aufbau einer Fluggesellschaft die Flugzeuge zu hundert Prozent verplant und keine Reserve hat, wundert es nicht, dass es Probleme gibt“, sagte der Chef der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit Markus Wahl damals.

Dazu wollte die Lufthansa mit der Billiglangstrecke nicht nur neue Kunden suchen, sondern auch das Machtgefühl im Konzern verändern. Für die Konzernspitze war der nach Köln ausgesiedelte Konzerndiscounter ein Druckmittel gegenüber der Kernmarke Lufthansa. Um dort die Kosten zu drücken, spielte Konzernchef Spohr die beiden Airlines und ihre Gewerkschaften offen gegeneinander aus. Nur wenn das Personal bei der Kernmarke Lufthansa einen Sparbeitrag leiste, werde es dort Wachstum geben, war die Vorgabe. Dafür verlagerte Spohr den Betrieb an SunExpress, ein Joint Venture von Lufthansa und Turkish Airlines. Doch denen fehlte die Erfahrung, Belegschaft und Gerät auf der Langstrecke richtig zu planen.

So begannen die Probleme bereits beim Start. In den ersten Monaten war zeitweise ein Drittel aller Flüge verspätet. In einem Fall kamen Kunden aus Kuba sogar 68 Stunden später als geplant zurück nach Deutschland. Zwar lief der Betrieb in den vergangenen Monaten besser, doch als nach der hastigen Übernahme von Teilen der Air Berlin die Kurzstrecke ins Wanken kam, wurde es wieder zu viel – und Eurowings gab das Langstreckengeschäft auf. Der Schritt scheint Erfolg zu haben. Denn das Ertragsproblem auf der Billiglangstrecke hat sich offenbar gebessert, seit der starke Lufthansavertrieb die Flüge weltweit verkauft. Laut Insidern wurden die Tickets zu im Durchschnitt deutlich höheren Preisen als zuvor unter Eurowings verkauft.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%