




Auf den ersten Blick klingt es nach Größenwahn: Der indische Billigflieger Indigo bestellt mit 250 neuen Airbus-Jets etwa das Dreifache seiner heutigen Flotte und hat nun einen Auftragsbestand vom Achtfachen seiner aktuellen Größe. Und das ist noch nicht mal der größte Auftrag aller Zeiten.
Insgesamt haben allein Marktführer Airbus und sein US-Konkurrent Boeing in den vergangenen fünf Jahren mehr als 11.000 Flugzeuge verkauft und bis zum Jahresende könnten noch mal ein paar Hundert dazukommen. Das gesamte Orderbuch entspricht dann fast 60 Prozent der heutigen Passagierflotte von 18.500 Fliegern. Um den Bestand abzuarbeiten, brauchen die beiden mehr als ein Jahrzehnt.
Wie die Airlines ihre Flugzeuge leichter machen wollen
Wenn Passagiere über ihre privaten Tablet-PCs auf Filme und Infos zugreifen, kann der Sitzmonitor wegfallen. Das spart, je nach Flieger, bis zu 250 Kilo Gewicht.
Verbundmaterial und LED- statt Energiesparlampen sparen bis zu 40 Prozent Gewicht gegenüber alter Technik.
Um mehr Sitzreihen unterzubringen, bauen die Airlines schmalere Toiletten und Küchen in ihre Flieger ein.
20 Kilo leichtere Kunststoffböden statt Webteppiche sparen Airlines bei Jets wie dem A330 Hunderttausende Euro im Jahr.
Neue Trolleys wiegen pro Stück acht Kilogramm weniger. Langstreckenjets heben so fast 200 Kilo leichter ab.
Sitze mit dünneren Polstern ermöglichen eine engere Bestuhlung und sind rund ein Drittel leichter. Pro Flieger spart das mehr als eine halbe Tonne Gewicht.
Kompaktere Küchen schaffen Platz für mehr Sitze. Die streckenoptimierte Füllung der Wassertanks senkt die Flüssigkeitslast im Mittel um 40 Prozent.
Die Klasse zwischen Business und Economy bietet Passagieren zwar mehr Platz, ist aber für die Airlines bis zu 20 Prozent profitabler.
Doch der vermeintliche Wahnsinn hat Methode. Zum einen wächst der Luftverkehr weltweit mit fünf bis sechs Prozent pro Jahr und verdoppelt sich damit rein rechnerisch gut alle zehn Jahre. Allein deshalb brauchen die Airlines laut den Prognosen der Hersteller in den kommenden 20 Jahren mehr als 19.000 zusätzliche Maschinen. Die gehen vor allem in die großen Wachstumsmärkte wie Asien und den Billigflugsektor.
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Dazu zeigt die Liste der größten Besteller neben den klassischen Wachstumswundern auch die überraschende Rückkehr etablierter Airlines, die aus Sicht der Hersteller gut 12.000 Jets brauchen werden. Angesichts der seit der Jahrtausendwende um rund das Zwanzigfache gestiegenen Preise für Flugbenzin müssen sie nämlich einen Teil ihrer Flotte durch neue sparsamere und bequemere Modelle ersetzen. Obwohl zum Beispiel American Airlines nur einen Teil ihrer derzeit 628 Flieger ersetzen will, kommt sie mit ihren Deals auf einen Wert von 38 Milliarden Dollar zu Listenpreisen.
Zudem haben die vielen Rekorddeals der vergangenen Jahre den gesamten Markt verändert. Sie sorgen nicht nur für bessere Preise, weil die Hersteller mehr verkaufen als sie produzieren können. Die langen Bau- und Lieferzeiten zwingen auch viele Airlines ohne konkreten Bedarf quasi auf Vorrat ordern.
Das Risiko ist freilich gering. Denn sollten sie die Flieger nicht brauchen, können sie diese angesichts der hohen Nachfrage meist leicht etwa bei einem Leasingunternehmen absetzen. Somit dürfte der Boom noch eine ganze Weile anhalten.