Foodpanda-Deutschland-Chef „Am Ende wird sich der Player durchsetzen, der den besten Service anbietet“

Quelle: PR

Delivery Hero kehrt mit Foodpanda zurück auf den deutschen Markt, als Lieferdienst für online bestelltes Essen und Supermarktartikel. Deutschland-Chef Artur Schreiber über seine Pläne und die neue Konkurrenz.

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Artur Schreiber (35) ist sei Juni Deutschland-Chef von Foodpanda, im Reich der Online-Essensbestellplattform Delivery Hero in Berlin. Zuvor war er fünf Jahre für Delivery Hero Österreich tätig, davon knapp dreieinhalb Jahre als Chef. Schreiber kennt sich aus mit Jungunternehmen. Während seiner Studienzeit an den Unis Tübingen (Studiengang: International Business Administration) und Mannheim (Management) gründete er zwei Start-ups: Das eine, ein Onlineshop für Heim- und Handwerker, existiert heute noch. Das andere, eine Gutschein-App für Hobbysportler, gibt es nicht mehr.

Für den Dax-Konzern Delivery Hero verantwortet Schreiber nun die Rückkehr auf dessen deutschen Heimatmarkt: Vor etwa zweieinhalb Jahren hatte Delivery-Hero-Chef Niklas Östberg sein Deutschlandgeschäft mitsamt der Marken Foodora, Pizza.de und Lieferheld verkauft, für rund eine Milliarde Euro an den niederländischen Wettbewerber Just-eat-Takeaway. Dessen Marke Lieferando dominierte seitdem den deutschen Markt. Doch es tut sich was: Der finnische Anbieter Wolt sowie seit kurzem Uber Eats bieten hierzulande ebenfalls ihre Dienste an. Hinzu kommt die Verbreiterung des Marktes, neben Restaurantessen auch Supermarktartikel zu liefern: Hier haben die üppig mit Investorengeld ausgestatteten 10-Minuten-Lieferdienste Gorillas und Flink einen Vorsprung.

WirtschaftsWoche: Herr Schreiber, Sie sind seit ein paar Wochen neuer Deutschland-Chef von Foodpanda und bereiten den Start vor. Wie sehen Ihre Tage aus?
Artur Schreiber: Unser Launch sieht aus wie in jedem anderen Land auch, wir starten mit einem kleinen Gebiet. In Deutschland starten wir in Berlin-Mitte und Prenzlauer Berg, das ist sozusagen der Klassiker in Berlin. Von dort aus werden wir expandieren in alle anderen Bezirke. Im Moment sind wir im internen Test, das heißt unsere Mitarbeiter in Berlin dürfen schon bestellen. Man sieht auch schon vereinzelt Foodpanda-Fahrer auf den Straßen. Im Juli werden wir dann für alle Kunden öffnen.

Artur Schreiber Quelle: Presse

Und wie ist für sie persönlich der Schritt: vom Österreich- zum Deutschland-Chef?
Die aktuelle Phase ist extrem spannend. In Österreich waren wir sehr etabliert, alle Prozesse waren eingespielt, das funktioniert einfach. Gerade fühlt es sich aber von der Herangehensweise an wie ein Start-up. Ich fühle mich sehr in meine eigene Gründerphase vor 10, 15 Jahren zurückversetzt – und das fühlt sich gut an. Am Tag ändert sich die Flughöhe der Themen teilweise extrem: Es geht vom Strategie-Workshop, wo wir über die value-proposition in fünf Jahren sprechen, zum nächsten Gespräch auf dem Gang: Das Restaurant hat eine Frage, klicken wir jetzt in Salesforce dies oder das? Salesforce ist unser Konfigurationsmanagement-Tool. Das ist unsere Bandbreite. Das macht diese Phase so besonders.

Foodpanda Deutschland wird drei Standbeine haben: Das klassische Geschäft als Bestellplattform und Lieferung von Restaurantessen; daneben die Schnelllieferung von Supermarktartikeln aus eigenen Lagerhäusern – und schließlich die Belieferung aus lokalen Geschäften. Letzteres ist neu in Deutschland, wie funktioniert das?
Bei den lokalen Geschäften wird es eine große Varianz geben: vom großen Supermarkt, über die Apotheke, zum lokalen Metzger oder auch Electronics-Laden, wenn man mal schnell ein iPhone-Kabel braucht. Also langfristig alles, was ein Kunde innerhalb von etwa 30 Minuten braucht und was man mit unseren Fahrern auch sinnvoll transportieren kann. Wir stellen den Läden einen kleinen Scanner zur Verfügung. Die Mitarbeiter scannen jeden bestellten Artikel ab und legen ihn in den Warenkorb. Danach nimmt einer unserer Fahrer die Bestellung entgegen und bringt sie dem Kunden.



Haben Sie dafür schon Partner gefunden?
Die ersten Bioläden wie etwa Biogoods, ein lokaler Bio-Supermarkt, aber auch Weinhändler, die sehr gut funktionieren, wie wir aus anderen Ländern wissen. Die ersten sind auch schon live, im Testbetrieb. International expandieren wir in diesem Bereich sehr stark und es funktioniert auch sehr, sehr gut in den meisten anderen Ländern.
Wie werden sich die Gewichte der drei Geschäftsbereiche bei Foodpanda Deutschland verteilen?
Idealerweise: jeder ein Drittel. Wir haben hier im Vergleich zu bestehenden Ländern im Foodpanda-Universum nun die neue Situation, dass wir alle drei Geschäftsbereiche gleichzeitig neu starten. Das heißt, bei uns liegt der Fokus von Anfang an auf allen drei Bereichen gleichwertig. Das ist anders als etwa in Österreich, wo ich vorher war: Da haben wir jahrelang nur Essensbestellung angeboten, und bauen jetzt die anderen beiden Bestandteile auf.

Werden Sie mit eigenen Kurierfahrern Essen ausfahren – oder beschränken Sie sich, wie der deutsche Marktführer Lieferando, größtenteils auf die Vermittlung, und lassen die Restaurants ihr Essen selbst ausliefern?
Wir werden die Auslieferung selbst übernehmen. Entweder durch unsere eigenen Fahrer oder durch Drittanbieter, die wir aber mit unserer Technologie ausstatten, so dass wir sicherstellen, dass es bei der Kundenerfahrung keinen großen Unterschied macht.

Warum?
Wir wollen die Kontrolle über die Lieferung haben, weil wir wissen, dass wir das einfach zuverlässiger zustellen können. So haben wir immer Transparenz, wo das Essen ist, wo der Fahrer ist. Das sorgt für eine deutlich bessere Kundenerfahrung, wenn wir relativ sicher sagen können: Das Essen kommt in 20 bis 30 Minuten – und nicht: vielleicht kommt es in 60 Minuten, vielleicht in 30 Minuten, manchmal aber auch in 90 Minuten.

„Wettbewerb ist immer herausfordernd, sonst wäre es langweilig“


Der Zeitpunkt Ihres Comebacks auf dem Heimatmarkt ist ungünstig gewählt: Die Coronapandemie ebbt ab, Restaurants dürfen wieder öffnen, Experten wie der Ökonom und Managementberater Otto Strecker glauben, dass der Gastro-Liefermarkt nun zunächst „einbrechen“ werde. Foodpanda kommt also in einen schrumpfenden Markt. Macht Sie das nicht unruhig?
Unruhig nicht. Für uns ist das Comeback eine Riesenchance. Wenn man sich unter den fast 2000 Mitarbeitern hier in Berlin umhört, freuen sich alle wahnsinnig drauf, unseren Service, den wir ja von hier aus für 50 Länder bauen, endlich auch selber nutzen zu können. Und es ist auch deshalb eine Riesenchance, weil wir in Deutschland alles testen und ausprobieren können, da wo auch die Leute sitzen, die diese Innovationen vorantreiben. Aber natürlich ist es auch eine Herausforderung, keine Frage. Aber dass so viele Neue in diesen Markt eintreten, zeigt doch: Der Markt ist sehr, sehr attraktiv. Wir haben nicht das Gefühl, dass der Markt saturiert wäre.

Welchen Markt von den dreien, in denen Foodpanda startet, meinen Sie?
Alle drei. Vor allem im Lebensmittelhandel steht die Industrie bei der Digitalisierung noch ganz am Anfang. Wir haben unsere ersten Dmarts vor zweieinhalb Jahren in der Türkei eröffnet. Wir haben also in der Delivery-Hero-Gruppe deutlich mehr Erfahrung als die Player, die in Deutschland aktiv sind. Mit unseren drei Geschäftsbereichen bieten wir das ganze Sortiment an: Das heißt, der Kunde hat eigentlich keinen Grund mehr, noch eine andere App herunterzuladen, wenn Foodpanda irgendwo ist – denn wir bieten alles an. Und dadurch dass wir das in mittlerweile 50 Ländern machen, wissen wir ganz genau, was wir tun. Wir haben eine ganz klare Vorstellung, wo wir hinwollen, was wir erreichen wollen.

Erzrivale Delivery Hero kehrt nach Deutschland zurück, neue Wettbewerber greifen im Kerngeschäft Essensausfuhr an. Das zwingt Marktführer Lieferando zu Zusatzangeboten, von denen er eigentlich nichts hält.
von Stephan Knieps

Wirklich? Delivery-Hero-Chef Niklas Östberg sagte Ende Mai, seine Ambition sei es gar nicht, der größte Essens-Bestell- und -Lieferdienst in Deutschland zu werden. Andererseits befeuert er auch häufiger die „the winner takes it all“-Mentalität. Was ist denn nun Ihr Ziel in Deutschland?
Es geht mehr darum, dass wir nicht kurzfristig die Nummer eins sein wollen und müssen. Sondern dass wir uns auf unseren Service fokussieren: Wenn wir den besten Service bieten, die beste Abdeckung haben, die meisten Restaurants, die meisten Produkte und die meisten Shops, die schnellste Lieferzeit – wenn wir das alles schaffen, und wir wissen, dass wir das können weil in anderen Ländern zeigen wir das bereits – dann wird der Rest von alleine kommen. Es macht keinen Sinn in einen Markt einzutreten und von vorneherein zu sagen: Wir werden nie den besten Service haben.

Sie starten in Deutschland aber mit Verspätung, Wettbewerber wie Lieferando und Uber Eats sowie Gorillas und Flink haben einen deutlichen Vorsprung. Zudem sind deren Namen vielen Deutschen schon ein Begriff – Foodpanda kennt hierzulande niemand.
Wettbewerb ist immer herausfordernd, sonst wäre es langweilig. Aber ich bin sehr zuversichtlich, dass wir in einer sehr guten Position sind.

„Lieferung in unter 10 Minuten“, verspricht Foodpanda. Glauben Sie wirklich, dass es für die Leuten ausschlaggebend ist, dass Sie etwa drei Minuten schneller liefern als Gorillas und Flink?
Es wird nicht darum gehen, ob man in 7 oder 10 Minuten liefern kann. Sondern: Wer bietet den besten Service? Und es geht für uns auch nicht darum, den Markt in den nächsten 6 oder 12 Monaten zu erobern. Sondern es ist eine langfristige Herausforderung. Und am Ende wird sich der Player durchsetzen, der den besten Service anbietet. Das ist unser einziger Fokus. Und wir wissen, was wir können. Und wir wissen, was in Deutschland funktioniert.

Für das Supermarktgeschäft kooperieren Sie hierzulande mit dem britischen Konsumgüterhersteller Unilever. Wie kommt’s – und warum nicht mit einem Lebensmittelhändler, so wie es Flink mit Rewe macht?
Bei Unilever wird es nicht bleiben, wir werden mit mehreren Herstellern zusammenarbeiten. Derzeit befinden wir uns noch im Aufbau unseres Sortiments. Wir haben damit gute Erfahrungen gemacht in anderen Ländern und für uns funktioniert es einfach gut, wenn wir direkt mit den Herstellern zusammenarbeiten und direkt von ihnen beziehen.

Sie starten zunächst in Berlin. Welche Städte kommen als nächstes und wann?
Das steht zwar schon fest, werden wir aber jetzt noch nicht kommunizieren.

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Wie viele Mitarbeiter benötigen Sie denn für Foodpanda-Deutschland?
Wir haben jetzt um die 100 bis 150 Mitarbeiter, und wachsen wöchentlich. Bis Jahresende suchen wir bis zu 400 Mitarbeiter, hauptsächlich in Berlin. Und natürlich brauchen wir jede Menge Fahrer – da haben wir sehr großen Bedarf.

Mehr zum Thema: Die Restaurants machen wieder auf, die Deutschen lassen sich weniger Essen bringen. Dax-Konzern Delivery Hero kehrt zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt auf seinen Heimatmarkt zurück.

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