Formel-1-Legende gestorben Niki Lauda, der etwas andere Geschäftsmann

Luftfahrtunternehmer Niki Lauda im März 2018 vor einem Airbus seiner Fluggesellschaft Laudamotion. Quelle: imago images

Mit Niki Lauda verliert die Flugbranche einen prägenden Unternehmer – gerade, weil der vierfache Airlinegründer anders als im Formel-1-Rennwagen eher ein genialer Vermarkter als ein begnadeter Manager für Details war.

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Was Niki Lauda anders machte, weiß jeder nach einer Einladung von ihm zum Frühstück in sein Wiener Stammcafé. Hier im kleinen Restaurant des Hotel Imperial zwischen Kärntner Ring und Karlsplatz beginnt der wohl bekannteste Bürger Österreichs morgens ab halb acht gern den Arbeitstag an einem der Tische mit einem diskreten Ecksofa. Er genoss ein paar Happen und zwei, drei kleine Tassen Wiener Melange. Doch wo seine Landsleute entspannt beginnen, ist Lauda morgens bereits unter Strom, redet kurz und pointiert. Ab einer halben Stunde steht er auf, nuschelt kurz ein Servus – und geht. Dann erscheint unauffällig der Oberkellner und fragt, „Darf ich Ihnen die Rechnung von Ihnen und Herrn Lauda bringen.“

Wenn der vielfache Millionär anders als andere Gastgeber das Bezahlen offenbar dem Gast überlässt, steht dahinter nicht nur Laudas legendäre Sparsamkeit. Es ist auch eine Art Test, die sich sonst wohl keiner traut. „Wer den Niki nicht kennt, zahlt. Und den nahm er dann nicht mehr so recht ernst“, sagt einer, der oft ihm im Café Imperial saß. „Doch wer ihn kennt, fragt nur „ach, kann der Herr Lauda nicht mehr anschreiben“ – und geht ebenfalls.“

Dieser Mix aus Knauserei, Grenzgängertum und Machtprobe prägte des Leben des legendären Rennfahrers und Unternehmers – von seiner Geburt als Andreas Nikolaus Lauda vor 70 Jahren im Februar 1949 in eine wohlhabende Industriellen-Familie, über seine Karriere als dreifacher Formel-1-Weltmeister und mehr noch als vierfacher Airline-Gründer, bis zu seinem Tod am gestrigen Montag.

 Der dreimalige Formel-1-Weltmeister Niki Lauda ist tot. Quelle: dpa

Laudas Stil setzte Zeichen. „Er prägte unserer Branche, gerade weil er kein begnadeter Airliner mit Blick für die Details war“, so ein führender Manager einer großen Fluglinie. Stattdessen steht der Mann mit der unverwechselbaren roten Schirmmütze für einen Mix aus Instinkt für den Markt, der passenden Vermarktung und dem richtigen Zeitpunkt – sowohl wann er loslegt als auch wann er wieder aufhört. „Dem Mix war am Ende weder die Lufthansa, noch Ryanair-Chef Michael O’Leary gewachsen – und schon gar nicht Air-Berlin-Gründer Joachim Hunold“, so der Fluglinien-Manager.

Dabei kam Lauda eher durch Zufall in die Fliegerei. Mit einer Mischung zwischen Ablenkung und Verstärkung seiner Leidenschaft für Grenzerfahrungen machte Lauda in den Siebzigerjahren den Pilotenschein. Während seiner ersten Zeit im Formel-1-Zirkus flog er eher sporadisch. Doch als nach seinem Wechsel vom Ferrari-Rennstall zum britischen Konkurrenten Brabham die früheren Erfolge ausblieben, verließ er im September 1979 mitten in der Saison den Rennzirkus. „Warum soll ich wie ein Trottel mit den anderen im Kreis fahren?“, begründete er den Paukenschlag für seine Fans und Sponsoren.

Doch so hitzig Lauda seinen Rückzug auch verkaufte, den Schritt in die Fliegerei tat er alles andere als spontan. Bereits im April 1979 hatte er Lauda Air gegründet. Mit der Rückendeckung einer Reisebürokette kaufte er zuerst die Lizenz einer kleinen Fluglinie, übernahm dann zwei gebrauchte Propellermaschinen mit rund 50 Sitzen vom Typ Fokker F-27.

Er hätte sich besser mehr Zeit gelassen, denn schnell vergaß die Öffentlichkeit sein gutes Image. Wie zuvor beim Bau seiner Rennwagen kümmerte sich Lauda in seiner Mini-Linie leidenschaftlich um die Kleinigkeiten. „Und da fehlte ihm anders als beim Auto leider der Instinkt“, so ein Branchenkenner. Und zu schlechter Letzt machte die damals staatliche Austrian Airlines dem Neuling das Leben so schwer, dass Lauda seine Maschinen verleihen musste. Das brachte aber so wenig Geld, das der Weltmeister 1982 zum Geld verdienen in die Formel 1 zurückkehrte und Anfang 1983 die Fliegerei erstmal ganz drangab.

Lauda Air 2.0

Als Lauda nach zwei weiteren Weltmeister-Titeln 1985 die zweite Lauda Air startete, war er besser vorbereitet. „Ich hatte auf meinen vielen Flügen ja auch genug Zeit nachzudenken, was mich an der Fliegerei stört und wie ich das besser mache“, erzählte er später.

Als erstes sicherte er seinen Ticketverkauf durch eine enge Kooperation mit Reiseveranstaltern und überlies das Management weitgehend Fachleuten. Die gingen dem Lokalrivalen Austrian aus dem Weg. Statt in Europa flog Lauda Air 2.0 ab 1988 Langstrecke auf Ferienrouten Richtung Asien wie Singapur, Bangkok und schließlich Sydney.

Dazu setzte sie konsequent auf besseren Service. Der Wiener Caterer Attila Dogudan und seine Firma Do & Co boten innovative Gerichte, die zudem deutlich besser schmeckten als da damals übliche „Rind oder Hühnchen“-Einerlei im Flieger. Statt einer steifen First-Class mit Kaviar, gab es nur eine verbesserte Business Class, wo ein Koch scheinbar live Fleisch oder Eier briet und auf ungewöhnlich geformtem Geschirr servierte. Das brachte der Linie einen so guten Ruf, dass sie 1990 an die Börse ging und Geld für ein schnelleres Wachstum einsammelte. Im Herbst kaufte schließlich Lufthansa über die damals noch zum Konzern gehörende Ferienflugtochter Condor ein Viertel der Anteile.

Niki Lauda ist tot Quelle: imago images

Das Geld wurde bald gebraucht. Denn ab Ende 1990 gab es gleich zwei Rückschläge: Zum einen sackte mit dem ersten Golfkrieg die Nachfrage, was damals selbst die Lufthansa an den Rand der Pleite brachte. Dann stürzte im Mai 1991 eine Boeing 767 der Lauda Air über Thailand ab. Prompt kursierten in Wien grausige Sprüche wie „Willst Du Deine Frau nicht mehr, buche sie auf Lauda Air.“

Aber diesmal zeigte Lauda seine Stärke als - auch im Fernsehen als Formel-1-Kommentator geschulter – Kommunikator. Damit setzte er bis heute den Standard für Krisenkommunikation. Lauda reiste sofort an die Unglücksstelle, kommunizierte mit den Angehörigen der 223 Todesopfer und betrieb eine offene Informationspolitik ohne Schuldzuweisungen. Wenn das Unternehmen Schuld sei am Absturz, sei er schuld, sagte er und ergänzte. „Und wenn ich schuld bin, höre ich auf.“ Und Lauda hat Glück im Unglück. Denn schnell kam heraus, dass ein Konstruktionsfehler von Boeing den Absturz verursacht hatte.

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