Formel-1-Legende gestorben Niki Lauda, der etwas andere Geschäftsmann

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Rennen ohne Rast und Ruhe

Nun florierte Lauda Air. Die Linie legte neue Routen auf und Lauda selbst schwatzte Lufthansa defizitäre Strecken ab wie von München nach Miami. Dazu holte der reihenweise Titel als beste Airline Europas. Als klar wurde, dass Lauda selbst mit Lufthansa im Rücken sich gegen Austrian Airlines (AUA) schwer tun würde, verkaufte er der Staatslinie zuerst einen Anteil von 36 Prozent. Und als in der Krise nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 erneut der Verkehr einbracht, stieg Lauda schließlich ganz aus.

Doch seine Flug-Abstinenz hielt nicht lange. „Es ist einfach ein zu faszinierendes Geschäft“, gestand er später. Als 2003 nach der Insolvenz des Ferienfliegers Aero Lloyd dessen Österreichtochter günstig zu haben war, schlug er erneut zu. „Österreich brauchte einfach einen Wettbewerb zur AUA. Und wenn ich es nicht machte, würde es keiner tun“, so Lauda weiter. Also startete er im November Niki und kooperierte eng mit Air Berlin. Lange flog Niki profitabel. Doch ab 2010 verfielen nach der Übernahme der AUA durch Lufthansa und den Vorstoß von Billigfliegern wie Ryanair und Wizz Air die Preise. Also verkaufte Lauda seine Linie bis 2011 in zwei Schritten an Air Berlin. Lauda selbst ging wieder mehr in Richtung Formel 1 und wurde Aufsichtsratschef sowie Anteilseigner des Mercedes Rennstalls.

Diesmal hielt seine Flugabstinenz immerhin gut vier Jahre. Und sie endete mit dem Einstieg ins Privatfluggeschäft und 15 Businessjets für betuchte Reisende und Konzerne, die er unter dem Namen Laudamotion betrieb.

Die Ruhe, die Rennen und seine zweite Ehe hätten ihm eigentlich genug sein können. Doch dann weckte das Ende von Air Berlin seine alten Instinkte. Als sein ehemaliger Geschäftspartner im Sommer 2017 Insolvenz beantragte, wollte Laude die Reste seiner Niki zurück. Also reiste er nach Berlin, um den letzten Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann zu einem Verkauf zu überreden. „Wir brauchen doch in Österreich eine eigene Linie und kein Anhängsel“, erzählte er später.

Doch er hatte keinen Erfolg. „Die wollen uns nichts verkaufen und reden nur aus Höflichkeit mit uns“, beschrieb Laude seinen Besuch in Berlin. Er bekam Niki ebenso wenig wie die Lufthansa, weil EU-Wettbewerbshüter ihr Veto einlegten. Danach verkauften die Air-Berlin-Insolvenzverwalter die Linie an die British-Airways.-Muttergesellschaft IAG. „Das brachte mich endgültig in Rage“, so Lauda später.

Also startete er seinen eigenen Plan „Jetzt haben wir zwei Mal verloren gegen den deutschen Wahnsinn, jetzt machen wir es richtig“ erzählte dann im kleinen Kreis. Nachdem ein österreichisches Gericht die Niki-Insolvenz ins Land holte, schlug Lauda zu. Er kaufte die Niki-Reste und packte sie in seine Laudamotion.

Doch rasch zeigte sich, dass es mit der Ankündigung einer österreichischen Alternative für mehr Wettbewerb nicht weit her war. Denn kurz nach dem Kauf vereinbarte Lauda nach eigenen Angaben mit Lufthansa-Chef Carsten Spohr am Handy, dass Laudamotion künftig für dessen Billigtochter Eurowings und die Condor fliegen sollte. Doch daraus wurde nichts. „Die Lufthansa hat sich nicht an Absprachen gehalten“, so Lauda vor einem Jahr im Gespräch mit der WirtschaftsWoche. „Deshalb habe ich mich entschieden, mit Ryanair zusammenzuarbeiten.“

Der dreimalige Formel-1-Weltmeister Niki Lauda ist tot. Quelle: dpa

Das war untertrieben. Denn kurz nach der Einigung mit Ryanair-Chef Michael O’Leary wurden die Zahlen so schlecht, dass die Iren zuerst ein Viertel der Laudamotion übernahmen und gleich noch eine Art Notkredit von 50 Millionen Euro nach Wien schickten. Später stockte Ryanair auf 75 Prozent der Anteile auf und übernahm die Linie schließlich komplett.

Für die Iren ist der Einstieg ein seltener Verlust. „Da hat sich O’Leary wohl von Lauda und der Aussicht, die Lufthansa günstig daheim anzugreifen, blenden lassen“, so ein hochrangiger Airline-Manager. Alles in allem dürfte Ryanair laut Schätzungen bisher bald 300 Millionen Euro überwiesen haben. „Und angesichts der scharfen Preiskämpfe in den größten Laudamotion-Märkten Deutschland und Österreich könnte es noch mehr werden“, so ein Wettbewerber. Denn um die Maschinen zu füllen, muss die inzwischen nur noch als Lauda firmierende Linie ihre Tickets oft für weniger als 20 Euro losschlagen.

Für Niki Lauda war der Deal ideal. „Es war nie mein Ziel, Airlines zu kaufen und zu verkaufen“, sagte er. Doch bereits mit dem Verkauf der 25 Prozent an Ryanair haben ihm die Iren in etwa so viel überwiesen wie er für Niki bezahlt hatte. Was ihm der Verkauf der restlichen Anteile einbrachte, wollen die Geschäftspartner nicht verraten. Aber es dürfte eine größere Summe sein.

So sehr das auch nach einem cleveren Deal des Schlitzohrs Lauda aussieht: Leute die ihn näher kennen, sehen hinter dem Ausstieg eher eine gewisse Tragik. „Niki hätte gerne noch ein paar Jahre weiter gemacht bei Laudamotion“, so einer, der ihn kennt. „Doch das war ab dem vergangenen Sommer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich.“

Der dreifache Formel-1-Weltmeister war Aufsichtsratschef und Anteilseigner des Mercedes-Rennstalls. Quelle: dpa

Lauda fing sich im Familienurlaub im Juli 2018 auf Ibiza eine schwere Lungenkrankheit. Weil seine Lunge die Vergiftung bei seinem Formel-1-Unfall im August 1976 nie überwunden hatte, blieb nur eine Transplantation. Von deren Folgen hat sich Lauda letztlich nie richtig erholt.

Doch so sehr sein plötzlicher Tod Wettbewerber und Partner auch schockiert. „Sein Geist und seine Vision werden in Laudamotion weiterleben, die stolz seinen Namen und seinen Unternehmergeist trägt“, so Ryanair-Chef O‘Leary heute. Und dem Rest der Branche werden sie fehlen.

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