Fragen und Antworten Bahn-Streik: Was Reisende jetzt wissen müssen

Für Bahnreisende könnte es in den kommenden Tagen ungemütlich werden, da viele Züge ausfallen. Quelle: dpa

Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer macht ernst: Der bundesweite Bahn-Streik läuft und trifft viele Urlauber und Pendler. Der Gewerkschaftsboss kündigt bereits den nächsten Arbeitskampf an. Die wichtigsten Informationen im Überblick.

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Warum lässt die GDL ihre Mitglieder überhaupt streiken?
Die GDL-Mitglieder streiken offiziell für höhere Gehälter und bessere Arbeitsbedingungen. Unter anderem verlangen sie eine Corona-Prämie von 600 Euro und 3,2 Prozent mehr Geld in zwei Stufen. Die Bahn will die Erhöhung nach den Corona-Verlusten über eine längere Zeit strecken. Dahinter schwelt in der Belegschaft ein Streit zwischen GDL und der größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG darum, wer letztlich die Tarifverträge mit dem Unternehmen maßgeblich aushandelt.

Wie lang soll der Streik dauern?
Der Streik startete bereits am Dienstagabend bei den Güterzügen. Seit Mittwoch Morgen um 2 Uhr werden auch Züge des Regional- und Fernverkehr bestreikt. Am Freitag, dem 13. August, um 2 Uhr morgens soll der Streik enden. Die Bahn rechnet dann wieder mit einem weitgehend ungestörten Verkehr zum Wochenende.

Laut Gewerkschaft könnte es nach dem laufenden Streik aber einen weiteren Arbeitskampf geben. Man werde mit der ersten Maßnahme nicht durch sein, sagte GDL-Chef Claus Weselsky am Mittwoch in Berlin. „Von daher brauchen wir einen langen Atem.“

Wie viele Züge fallen aus?
Nicht alle Züge fallen aus. Aber viele Verbindungen werden nicht befahren. Für Mittwoch und Donnerstag hat die Deutsche Bahn 75 Prozent ihrer Fernzüge gestrichen. Priorität haben besonders stark genutzte Verbindungen zwischen Berlin und dem Rhein-Ruhr-Gebiet, zwischen Hamburg und Frankfurt sowie die Anbindung wichtiger Bahnhöfe und Flughäfen. Ziel sei ein zweistündliches Angebot mit besonders langen Zügen auf den Hauptachsen, kündigte der Staatskonzern an. Im Regionalverkehr werde das Angebot ebenfalls sehr eingeschränkte. Die Auswirkungen schwanken regional sehr stark. Auch die S-Bahnen sind betroffen. „Wir tun unser möglichstes dafür, die Menschen heute noch ans Ziel zu bringen“, so ein Bahn-Sprecher. Er rief Reisende zugleich auf, nicht notwendige Fahrten zu verschieben. Auf die Ersatzfahrpläne sei aber während des Streiks nach Unternehmensangaben Verlass. „Trotz der kurzfristigen Ankündigung ist es gelungen, die Ersatzfahrpläne im Fern- und Nahverkehr stabil umzusetzen“, teilte die Bahn am Mittwoch mit. Weil deutlich weniger Züge führen, gebe es aber starke Beeinträchtigungen für die Fahrgäste.

Welche Gebiete sind besonders vom Streik betroffen?
Recherchen der WirtschaftsWoche zeigen, dass die GDL zwei Metropolen besonders in den Fokus der Streikmaßnahmen nimmt und dort offenbar Hotspots der Arbeitsniederlegungen plant: die S-Bahn Hamburg und die S-Bahn Berlin. Dennoch ist im gesamten Bundesgebiet mit Beeinträchtigungen zu rechnen.

Wie können Bahnreisende herausfinden, ob ihr Zug fährt?
Auf ihrer Website listet die Bahn Verbindungen auf, die möglichst aufrechterhalten werden sollen. Außerdem empfiehlt sie vor Fahrtantritt die Verbindung auf www.bahn.de/reiseauskunft, im DB Navigator oder bei der telefonischen Reiseauskunft +49 (0)30/2970 zu prüfen. Ab 15 Uhr soll eine kostenfreie Hotline eingerichtet werden: 08000 996633.

Können Bahnkunden ihre Tickets erstattet bekommen?
Für den Zeitraum des GDL-Streiks gelten laut Auskunft der Deutschen Bahn besondere Kulanzregelungen für die Gültigkeit bereits gekaufter Fernverkehrstickets: Auf der Website der Bahn heißt es, dass alle Fahrgäste, die im Zeitraum vom Mittwoch, den 11.08. bis Freitag, den 13.08.2021 ihre Reise aufgrund des Streiks der GDL verschieben möchten, ihr bereits gebuchtes Ticket für den Fernverkehr bis einschließlich Freitag, den 20.08.2021 entweder flexibel nutzen oder kostenfrei stornieren können. Auch Sitzplatzreservierungen können kostenfrei umgetauscht werden. Hier finden Sie ein Online-Erstattungsformular. Zudem gelten die allgemeinen Fahrgastrechte bei Verspätung oder Zugausfall. Die Bahn bat Fahrgäste allerdings auch, nicht zwingend notwendige Reisen zu verschieben. Wegen des Coronavirus rief sie auch zu Rücksichtnahme in den Zügen auf. Der Ausstand trifft die Fahrgäste mitten in der reisestarken Urlaubszeit: In 11 der 16 Bundesländer sind Schulferien. Betroffen sind auch grenzüberschreitende Verbindungen und der Nachreiseverkehr.



Werden auch die Züge von privaten Anbietern bestreikt?
Nein, nicht bestreikt werden Konkurrenten der Deutschen Bahn. Sie haben im Regional- und Güterverkehr beträchtliche Marktanteile. Allerdings sind auch bei ihnen Einschränkungen möglich, wenn sich auch Fahrdienstleiter dem GDL-Streik anschließen. Es kann dann zu Verzögerungen auf der Strecke und in Bahnhöfen kommen.

Wie lang kann die GDL den Arbeitskampf durchhalten?
Die Gewerkschaft von Claus Weselsky gilt als gut organisiert und streikerprobt. Sie ist bereit, erbittert für ihre Forderungen zu kämpfen. Es gibt allerdings Zweifel an der finanziellen Stärke und auch sonst sprechen einige Punkte dafür, dass eine langwieriger teurer Streik die GDL an ihrer Grenzen bringen könnte. Das zeigen Recherchen der WirtschaftsWoche.

Die GDL will kommende Woche ihren weiteren Kurs im Arbeitskampf mit der Deutschen Bahn abstecken. „Ob wir weiter streiken und wann, entscheiden wir nicht am Freitagmorgen, wenn wir aus dem Streik rausgehen, sondern das entscheiden wir nächste Woche“, sagte GDL-Chef Claus Weselsky am Mittwoch im ZDF. An den Verhandlungstisch werde die GDL erst dann zurückkehren, wenn die Bahn ein verbessertes Angebot mache. Die Bahn hat seine Verhandlungsbereitschaft mit der Lokführergewerkschaft GDL betont. „Jetzt ist miteinander gefragt, wie wir gemeinsam aus dieser schwierigen Krise herauskommen“, sagte Bahn-Personalvorstand Martin Seiler am Mittwoch im ZDF-„Morgenmagazin“. „Auch wir wollen, dass unsere Mitarbeitenden vernünftig bezahlt werden, und deshalb haben wir auch dieses vernünftige und erweiterte Angebot vorgelegt.“

„Wir liegen zugegebenermaßen in der Laufzeit auseinander, auch bei der Corona-Prämie. Aber das sind ureigenste Dinge, die am Verhandlungstisch besprochen werden“, sagte Seiler. Es sei Thema von Tarifverhandlungen, das auszuloten und zu Kompromissen zu kommen. Die Bahn appelliere an die GDL, „nicht mit überzogenen und eigentlich unnötigen Streiks die Fahrgäste am Ende darunter leiden zu lassen“.

Wie stehen Politik, Bahn und Gewerkschaft zum Streik?
Bahn-Personalvorstand Martin Seiler bezeichnete den Streik als „völlig unangemessen und überzogen“. GDL-Chef Claus Weselsky verwies auf den ungelösten Tarifkonflikt. „Mit diesem ersten Signal muss dem Management klar werden, dass mit uns nicht gut Kirschen essen ist.“ Der Fahrgastverband Pro Bahn mahnte eine verlässliche Information der Bahnkunden an. „Nichts ist ärgerlicher als bei einem Streik auf einen Zug zu warten, der dann nicht verkehrt.“ Der Verein rief die Bahn und die GDL dazu auf, in einer Schlichtung eine Lösung für ihren Konflikt zu finden.

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) appellierte ans Miteinander. Er sagte: „Alle müssen ein Interesse daran haben, das Vertrauen in die Bahn als zuverlässiges Verkehrsmittel aufrechtzuerhalten - erst recht nach den harten Monaten der Corona-Pandemie. Deshalb sollten beide Seiten schnellstmöglich an den Verhandlungstisch zurückkehren.“ Die Autoindustrie, die schon jetzt mit Lieferengpässen kämpft, forderte schnellstmöglich nach Lösungen zu suchen. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände warf der Gewerkschaft vor, aus Eigeninteresse die schwierige Erholung der Wirtschaft zu gefährden.

Mehr zum Thema: Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) ruft zum Streik auf. Zugreisenden droht eine der größten Arbeitsniederlegungen überhaupt. Aber wie lange kann die GDL durchhalten? Es gibt Zweifel an der finanziellen Stärke der GDL.

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