Franchisenehmer von L’Osteria „Die Politik versteht das Geschäftsmodell der Gastronomen nicht“

Apeiron ist der größte Franchise-Nehmer der L’Osteria Gruppe mit derzeit 19 Restaurants in Deutschland und einem in Luxemburg.

Der Einschnitt der Coronakrise in die Gastronomiebranche ist tief. Wie tief, verrät Kent Hahne, Chef von Apeiron, dem größten Franchisenehmer von L’Osteria. Er blickt auf ein Jahr mit Höhen und Tiefen zurück.

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Apeiron ist der größte Franchisenehmer der L’Osteria Gruppe mit derzeit 19 Restaurants in Deutschland und einem in Luxemburg. Zusätzlich vertritt der CEO Kent Hahne die Eigenmarke The ASH mit 9 Restaurants.

WirtschaftsWoche: Herr Hahne, haben sie die November- und Dezemberhilfen erhalten?
Kent Hahne: Leider noch nicht. Aber einen kleinen Vorgeschmack: 10.000 Euro Abschlagszahlung. Die Dezemberhilfen durfte ich erst Ende vergangener Woche beantragen. Andere Hilfen, die wir schon bekommen haben – wie Sonderkredite bei der KfW und Kurzarbeitergeld – müssen aber abgezogen werden. Das sind momentan die einzigen liquiden Mittel, die wir haben. Ab dem 10. Januar soll eine Überbrückungshilfe fließen, die Novemberhilfe bekommen wir etwa im Februar und die Dezemberhilfe sicher erst im April oder sogar Mai. Es ist eine schwierige Liquiditätsdursttrecke.

Finden Sie denn die Staatshilfen angemessen?
Generell sind sie richtig. 75 Prozent vom Umsatz sind viel, wären aber erst zu viel, wenn wir im ersten Lockdown schon Zuschüsse bekommen hätten. Apeiron hat aber gar keine Hilfen bekommen. Und auch danach konnten wir keine Überbrückungshilfen nehmen – nur weil wir zu groß sind. Die waren eher für Einzelgastronomen oder Kleinbetriebe gedacht. Kleinere Lizenznehmer der L'Osteria-Gruppe stehen besser dar, als die Großen. Der Ansatz ist zwar richtig, aber an der Ausführung scheitert die Politik noch. Sie verstehen das Geschäftsmodell der Gastronomen nicht. Die Gastronomie arbeitet mit Gewinnmargen von 10 bis 15 Prozent – Jeanshersteller zum Beispiel mit 400 Prozent. Wir sind viel knapper bei Kasse, weil wir expansiv handeln. Gastronomen schütten keine Gewinne aus, sondern investieren zum Beispiel in neue Restaurants.

Der CEO der Apeiron Gruppe, Kent Hahne, blickt auf ein Jahr mit Höhen und Tiefen zurück. Quelle: Apeiron

Wie lange können sich die Restaurants so künstlich über Wasser halten?
Wir bangen um jeden Tag. Durch Kurzarbeitergeld können die Restaurants von L’Osteria und The Ash auf jeden Fall noch drei Monate künstlich am Leben gehalten werden. Aber wir schieben einen großen Berg an Schulden mit: Krankenkassen, Umsatzsteuer, Miete – die Bezahlung kann ich momentan nur verhandeln. Ich gehe davon aus, dass Apeiron L’Osteria und The Ash erst im März wieder aufmachen kann. Wie der Staat bereits angekündigt hat, bekommen wir im neuen Jahr keine Hilfen mehr in der Höhe wie im November und Dezember. Wenn Restaurants nach dem ersten Quartal geöffnet bleiben dürfen, dann wird Apeiron die roten Zahlen hoffentlich wieder ausgleichen können.

Wie tief war denn der Einschnitt im ersten Lockdown?
Der traf uns sehr plötzlich und tief. Niemand war wirklich vorbereitet. Insgesamt hat Apeiron Verluste in Höhe von drei Millionen Euro gemacht. Wir sind mit 20 Restaurants der größte Lizenznehmer von L’Osteria. Hochgerechnet auf die 140 Restaurants europaweit liegen die Verluste bei mehr als 20 Millionen Euro. Nach dem Lockdown ging es aber wieder bergauf. Dank der Mehrwertsteuersenkung von 19 auf fünf Prozent für Lebensmittel. Im Sommer war Apeiron auf einem sehr guten Weg. Der Umsatz lag sogar über dem Vorjahresniveau durch das neu integrierte Geschäftsmodell mit dem Abhol- und Lieferservice. Allerdings haben wir auch viel investieren müssen – in Heizpilze, Windschutzelemente für die Terrassen, Trennwände und auch über eine halbe Million Euro in Abluft und Umluft-Geräte, die die Viren in der Luft töten. Von der Mehrwertsteuersenkung profitieren Restaurants aber auch nur, wenn sie geöffnet haben dürfen.

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Was hat sich im zweiten Lockdown verändert?
Sobald die November- und Dezemberhilfen kommen, hat Apeiron keine Verluste mehr. Aber selbst, wenn es diese nicht gäbe, würden die Verluste geringer ausfallen. Wir haben von der Politik dieses Mal deutlich eher Bescheid bekommen und konnten uns dementsprechend schneller auf die Schließung einstellen. Aber das war nicht der einzige Vorteil: Apeiron hatte im ersten Lockdown anfangs noch keinen Abhol- und Lieferservice. Der musste erst ins Leben gerufen werden. Nun haben wir Routine bekommen.

Welche Rolle spielt der Lieferservice im zweiten Lockdown?
Durch das Lieferangebot bleibt unsere Marke lebendig. Damit müssen nicht alle Mitarbeiter in Kurzarbeit, die Gäste vergessen uns nicht und kein Restaurant schließt vollkommen. Apeiron ist durch das Angebot stark in den Bewertungen hochgegangen. Der Service bietet eben einen perfekten Ersatz zum Ausgehen. L’Osteria und The Ash haben auch noch weitere Investitionen in den Lieferservice getätigt. Uns gibt es nicht mehr nur auf Lieferando, sondern auch auf eigenen Webshops. Mit unseren Autos können die Gäste beliefert werden. Das spart Kosten. Aber man kann auch über den Webshop oder am Telefon bestellen und bezahlen, dann wird ein Parkplatz zugewiesen, an dem das Essen abgeholt werden kann. Das System ist schon integriert, muss sich aber noch rumsprechen. Auch nach dem Lockdown bieten wir das weiterhin an.

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