Fraport „Auch 2019 wird nicht alles top“

Beispiel Thessaloniki: Die Airports in Griechenland sind in schlechterem Zustand als befürchtet, der neue Eigentümer Fraport muss kräftig sanieren Quelle: Milos Bicanski für WirtschaftsWoche

Fraport-Chef Stefan Schulte und der Leiter des Griechenland-Geschäfts über Ärger mit der Lufthansa, überlastete Sicherheitskontrollen und die Probleme bei seinen 14 Flughäfen in Griechenland.

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Herr Schulte, Herr Zinell, Fraport kritisiert seit dem Frühjahr die Organisation der Sicherheitskontrollen an den deutschen Flughäfen. Nun liefen die Ferien bislang ohne das befürchtete Chaos und deutlich längere Check-in-Zeiten. Lagen Sie falsch?
Schulte: Nein. Es stimmt, dass wir das Chaos verhindern konnten und die Kontrollen angesichts der großen Passagierzahlen soweit ordentlich laufen. Die Zusammenarbeit mit der Bundespolizei läuft sehr gut, sehr viele Freiwillige aus dem ganzen Fraport-Konzern, auch von anderen Standorten, unterstützen intensiv und das Sicherheitspersonal macht viele freiwillige Zusatzschichten.

Also Problem gelöst?
Schulte: Nein. Wir haben trotz aller Maßnahmen immer wieder Wartezeiten von 30 Minuten und mehr. Das ist nicht in Ordnung. Die Kontrollen sind im europäischen Vergleich nach wie vor ineffizient organsiert und brauchen zu lange. Doch es gibt gute Ansätze, die in die richtige Richtung gehen.

Privatisierung von griechischem Staatsvermögen

Was meinen Sie da konkret?
Schulte: Sowohl die Gespräche mit der Bundespolizei hier vor Ort als auch mit dem Innenministerium in Berlin zeigen, dass das Problem überall verstanden und an Lösungen gearbeitet wird. Hier in Frankfurt haben wir schon zusätzliche Kontrollspuren geschaffen und es sollen weitere folgen. Bis zum nächsten Jahr wollen wir einen Anbau ans Terminal 1 realisieren mit zusätzlich bis zu zehn Kontrollspuren. Wir tun maximal alles, was wir können, um die Warteschlangen und -zeiten so gering wie möglich zu halten.

Überzeugt das auch Lufthansa-Chef Carsten Spohr? Der hat Sie scharf kritisiert. Frankfurt als Flughafen sei nur bei den Preisen, aber nicht beim Service premium.
Schulte: Richtig ist, dass auch bei uns derzeit nicht alles „rund“ läuft. Über die Wartezeiten an den Sicherheitskontrollen haben wir gerade gesprochen, es fehlt darüber hinaus an Bundespolizisten an der Ein- und Ausreise. Und natürlich kumulieren sich irgendwo in Europa entstandene Verspätungen an einem Hub wie Frankfurt besonders stark, da Frankfurt weltweit die höchste Verbindungsdichte hat. Die große Anzahl der Flugstreichungen, die derzeit so viele Passagiere verärgert, ist in Frankfurt aber kaum ein Thema. Ursächlich dafür und für die vielen Verspätungen waren in Europa eher die hohe Zahl der starken Gewitter, die zahlreichen Streiks von Fluglotsen in diversen südeuropäischen Ländern sowie die auf Europas Hauptachsen vollen Luftstraßen. Gleichzeitig wird der Luftverkehrsmarkt nach der Air Berlin-Insolvenz neu geordnet. Hier kämpfen Airlines um Marktanteile. So schnell wie der Markt wächst, bekommen sie aber nicht die Flugzeuge wieder in den Dienst gestellt. All das führt dann in Summe zu den Verspätungen und Flugstreichungen.

Fraport-Chef Schulte und Griechenlanddirektor Zinell (l.) kämpfen mit Verspätung und Altlasten. Quelle: Milos Bicanski für WirtschaftsWoche

Manche Fluglinien wie Eurowings haben in diesem Jahr bisher mehr als zehn Mal so viele abgesagte und verspätete Flüge wie in 2017. Wie lange wird das aus Ihrer Sicht so bleiben?
Schulte: Alle gemeinsam arbeiten intensiv daran, dass sich die Situation möglichst bald bessert. So werden zusätzliche Flugzeuge und Crews in den Dienst gestellt, Flugpläne überarbeitet und entzerrt, Personal am Boden eingestellt und Prozesse effizienter gestaltet. Aber nicht alles geht von heute auf morgen. Wenn Sie allein das Beispiel der fehlenden Fluglotsen nehmen, dann müssen diese erst ausgebildet werden. Im Jahr 2019 dürfte es also besser aussehen, aber noch nicht alles wird top sein.

Ärger haben Sie mit der Lufthansa auch anderswo. Weil der Fluggesellschaft die Landegebühren zu hoch sind, sie viele Flugzeuge von Frankfurt nach München verlegt. Schreckt Sie das?
Schulte: Nein. Nehme ich die nackten Zahlen, so wächst Lufthansa dieses Jahr mit mehr als fünf Prozent hier in Frankfurt. Das ist wohl ganz ordentlich. Gleichzeitig sind wir in Gesprächen, wie wir gemeinsam das Produkt „Luft-Boden-Luft“ hier in Frankfurt noch weiter verbessern können. Darüber reden wir gerne dann, wenn es soweit ist.

von Rüdiger Kiani-Kreß

Vor mehr als einem Jahr haben Sie in Griechenland 14 heruntergekommene Flughäfen übernommen. Wann werden die Passagiere da endlich große Verbesserungen sehen?
Zinell: Es dauert leider, bis jeder die Veränderungen mitbekommt, insbesondere dann, wenn umfangreiche Baumaßnahmen oder gar Neubauten erforderlich sind. Doch wer wie ich in den vergangenen Tagen an unseren Flughäfen in Griechenland war, sieht: wir haben in der kurzen Zeit eine Menge geschafft. Überall sind die Toiletten erneuert, teilweise sogar auf einen Standard, der den vieler besser bewerteter Flughäfen übertrifft. Dazu haben wir die Terminals gründlich gereinigt und überall Check-in und Sicherheitskontrollen deutlich verbessert. Dazu haben wir die Terminals innen umgebaut, um mehr Platz für Warteräume sowie Läden und Gastronomie zu schaffen. Doch es lag so viel im Argen, dass wir das beim besten Willen nicht in einem Jahr schaffen konnten.

Hat es Sie nicht abgeschreckt, dass manche Ihre griechischen Flughäfen regelmäßig zu den schlechtesten der Welt gewählt werden?
Zinell: Im Gegenteil. Das ist eher ein Ansporn für uns. Es ist unsere Stärke, einen mäßigen oder gar schlechten Flughafen zu einem guten zu machen. Wenn es darum geht, einen nahezu perfekten Airport besser und profitabler zu machen, ist unser Mehrwert limitiert. Das ist eher was für Finanzinvestoren. Darum gehen wir in Länder, vor denen der klassische Infrastrukturfonds zurückscheut.

Sie geben insgesamt fast 1,7 Milliarden Euro für die Flughäfen aus. Dazu will der griechische Staat jedes Jahr knapp 23 Millionen Euro und fast 30 Prozent des Gewinns vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen. Wie rechnet sich das?
Schulte: Kurzfristig machen wir natürlich unterm Strich keinen Gewinn. Aufgrund der hohen Konzessionsgebühr und den weiteren Abgaben wird in den nächsten Jahren insbesondere der griechische Staat profitieren. Für die Fraport-Aktionäre amortisieren sich solche großen Konzessionen wahrscheinlich erst nach 15 Jahren. Aber bei so anspruchsvollen Projekten leben wir nicht von kurzfristigen Gewinnen, sondern vom Wachstum und davon, dass wir die Erträge und damit den Wert der Flughäfen steigern. Unsere Konzession für die 14 Flughäfen ist auf einen Zeitraum von 40 Jahren angelegt.

„Bei keinem Projekt waren die Herausforderungen so groß“

Gab es nicht genug andere Flughafen-Projekte, wo Sie schneller Erfolg gehabt hätten?
Schulte: Die Flughäfen passten sehr gut zu unserem Unternehmenskonzept. Wir gehen in Beteiligungen rein, wenn wir einen Mehrwert schaffen können im Betrieb des Flughafens und beim Handel. Das war in Griechenland der Fall, weil die Flughäfen in einem so schlechten Zustand waren. Darum gab es hier viel Raum für Verbesserungen und wir können unser großes Knowhow einfließen lassen. Wir haben uns in den vergangenen fünf Jahren mehrere Flughäfen angesehen. Doch bei keinem Projekt waren die Herausforderungen so groß und gleichzeitig das Land und das Umfeld so attraktiv wie hier in Griechenland. Griechenland hat ein riesen Potenzial im Tourismus, das Land bietet eine große kulturelle und landschaftliche Vielfalt, die Menschen sind herzlich und gastfreundlich. Wir sind fest davon überzeugt, dass Griechenland eine große Zukunft als einer der wichtigsten Tourismusmärkte weltweit bevorsteht.

Wenn Sie so langfristig kalkulieren, warum haben Sie dann jetzt schon die Mieten um ein Mehrfaches erhöht?
Zinell: Ich sehe es eher so, dass wir die Mieten in die Nähe eines marktüblichen Niveaus gebracht haben. Wären die Mieten zu hoch, hätten wir nicht bereits mehrere hundert Anfragen von Unternehmen, die Flächen an unseren Flughäfen übernehmen wollen.

Aus Sicht einiger Fluglinien hätten Sie das Geld statt in Shops und Imbisse lieber in die Abfertigung stecken sollen. Ihre Flughäfen sind fast die einzigen in Europa, wo Passagiere ihre Koffer nicht beim Check-in abgeben, sondern sie quer durch die Halle zu einem Aufgabenpunkt schleppen müssen.
Zinell: In einem Teil unserer Flughäfen haben wir das bereits geändert. Und bis zum nächsten Sommer können Sie fast überall ihren Koffer beim Check-in-Schalter aufgeben. Wir hätten das auch gern schon in diesem Jahr so angeboten. Doch die nötige Technik war leider nicht früher verfügbar und erforderte einen vollständigen Umbau der Terminals.

Läden und Gastronomie sollen an den griechischen Flughäfen zum Erfolg führen. Quelle: Milos Bicanski für WirtschaftsWoche

Wann sind Sie damit fertig?
Zinell: Insgesamt investieren wir 415 Millionen Euro in Neubau-, Renovierungs- und Erweiterungsprojekte an den 14 Flughäfen. Wir werden wie vorgesehen bis 2021 fünf neue Terminals errichten und die anderen stark renovieren und teilweise erweitern. Mit verbesserten Prozessen und Terminals wollen wir das Passagier-Erlebnis deutlich verbessern. Genauso wichtig sind die Erneuerungen der Start- und Landebahnen, der Vorfeldflächen sowie neue Feuerwachen und entsprechende Gerätschaften. Doch wie sagen wir so schön in unserer Branche: Ein gesunder Flughafen wird nie wirklich fertig.

Mit 415 Millionen Euro müssen sie fast 100 Millionen Euro mehr investieren als geplant. Sind Sie trotzdem zufrieden?
Schulte: Ja. Die Flughäfen in Griechenland zu übernehmen, ist bis heute eine zu hundert Prozent richtige Entscheidung. Die zusätzlichen Ausgaben haben uns nicht überrascht. Wir werden in diesem und im nächsten Jahr wegen der vielen Investitionen erwartungsgemäß noch Verluste schreiben. Doch die Ergebnisse sind besser als erwartet und es könnte bereits 2020 einen Gewinn geben. In Griechenland haben wir einen sogenannten „Multi-Airport Flughafenbetreiber“ aufgebaut. Dabei haben wir viel gelernt, gerade für andere Projekte wie unsere beiden neuen Flughäfen in Brasilien.

Wie genau verfolgen Sie persönlich die Entwicklung in Griechenland?
Schulte: Ich war in den vergangenen drei Jahren mehrfach an allen 14 Flughäfen. Dabei ging es mir nicht nur darum, die Fortschritte beim Umbau zu sehen. Ich wollte vor allem Fraport der Bevölkerung vorstellen, also dem Unternehmen ein Gesicht geben und allen Beteiligten von den Bürgermeistern, über die Unternehmen oder die Hoteliers bis hin zu den Anwohnern persönlich zeigen, was wir vorhaben und ihre Sorgen aufnehmen. Dafür haben wir uns viel Zeit genommen.

So ganz scheint das nicht gelungen. Denn noch immer gibt es laute Kritik.
Schulte: Bei solch komplexen und bedeutenden Projekten stehen uns einige Menschen weiter kritisch gegenüber. Aber das hat angesichts der vielen Fortschritte deutlich nachgelassen. Selbst Menschen, die uns vor drei Jahren noch keinen Termin gegeben hätten, laden uns nun ein. Denn bevor wir kamen, waren die Terminals überlastet und es herrschte manchmal fast schon Chaos. Doch nun sehen alle: Es tut sich was. Wir bringen neue Flüge wie zuletzt von Flydubai oder Qatar Airways nach Thessaloniki und Samos. Das bringt nicht nur neue Jobs im Tourismus. Ebenso wichtig ist die Anbindung an die großen Wirtschaftszentren, die dafür sorgt, dass sich in der Region neue Unternehmen von außerhalb der Reisebranche ansiedeln.

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