Fraport „Auch 2019 wird nicht alles top“

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„Bei keinem Projekt waren die Herausforderungen so groß“

Gab es nicht genug andere Flughafen-Projekte, wo Sie schneller Erfolg gehabt hätten?
Schulte: Die Flughäfen passten sehr gut zu unserem Unternehmenskonzept. Wir gehen in Beteiligungen rein, wenn wir einen Mehrwert schaffen können im Betrieb des Flughafens und beim Handel. Das war in Griechenland der Fall, weil die Flughäfen in einem so schlechten Zustand waren. Darum gab es hier viel Raum für Verbesserungen und wir können unser großes Knowhow einfließen lassen. Wir haben uns in den vergangenen fünf Jahren mehrere Flughäfen angesehen. Doch bei keinem Projekt waren die Herausforderungen so groß und gleichzeitig das Land und das Umfeld so attraktiv wie hier in Griechenland. Griechenland hat ein riesen Potenzial im Tourismus, das Land bietet eine große kulturelle und landschaftliche Vielfalt, die Menschen sind herzlich und gastfreundlich. Wir sind fest davon überzeugt, dass Griechenland eine große Zukunft als einer der wichtigsten Tourismusmärkte weltweit bevorsteht.

Wenn Sie so langfristig kalkulieren, warum haben Sie dann jetzt schon die Mieten um ein Mehrfaches erhöht?
Zinell: Ich sehe es eher so, dass wir die Mieten in die Nähe eines marktüblichen Niveaus gebracht haben. Wären die Mieten zu hoch, hätten wir nicht bereits mehrere hundert Anfragen von Unternehmen, die Flächen an unseren Flughäfen übernehmen wollen.

Aus Sicht einiger Fluglinien hätten Sie das Geld statt in Shops und Imbisse lieber in die Abfertigung stecken sollen. Ihre Flughäfen sind fast die einzigen in Europa, wo Passagiere ihre Koffer nicht beim Check-in abgeben, sondern sie quer durch die Halle zu einem Aufgabenpunkt schleppen müssen.
Zinell: In einem Teil unserer Flughäfen haben wir das bereits geändert. Und bis zum nächsten Sommer können Sie fast überall ihren Koffer beim Check-in-Schalter aufgeben. Wir hätten das auch gern schon in diesem Jahr so angeboten. Doch die nötige Technik war leider nicht früher verfügbar und erforderte einen vollständigen Umbau der Terminals.

Läden und Gastronomie sollen an den griechischen Flughäfen zum Erfolg führen. Quelle: Milos Bicanski für WirtschaftsWoche

Wann sind Sie damit fertig?
Zinell: Insgesamt investieren wir 415 Millionen Euro in Neubau-, Renovierungs- und Erweiterungsprojekte an den 14 Flughäfen. Wir werden wie vorgesehen bis 2021 fünf neue Terminals errichten und die anderen stark renovieren und teilweise erweitern. Mit verbesserten Prozessen und Terminals wollen wir das Passagier-Erlebnis deutlich verbessern. Genauso wichtig sind die Erneuerungen der Start- und Landebahnen, der Vorfeldflächen sowie neue Feuerwachen und entsprechende Gerätschaften. Doch wie sagen wir so schön in unserer Branche: Ein gesunder Flughafen wird nie wirklich fertig.

Mit 415 Millionen Euro müssen sie fast 100 Millionen Euro mehr investieren als geplant. Sind Sie trotzdem zufrieden?
Schulte: Ja. Die Flughäfen in Griechenland zu übernehmen, ist bis heute eine zu hundert Prozent richtige Entscheidung. Die zusätzlichen Ausgaben haben uns nicht überrascht. Wir werden in diesem und im nächsten Jahr wegen der vielen Investitionen erwartungsgemäß noch Verluste schreiben. Doch die Ergebnisse sind besser als erwartet und es könnte bereits 2020 einen Gewinn geben. In Griechenland haben wir einen sogenannten „Multi-Airport Flughafenbetreiber“ aufgebaut. Dabei haben wir viel gelernt, gerade für andere Projekte wie unsere beiden neuen Flughäfen in Brasilien.

Wie genau verfolgen Sie persönlich die Entwicklung in Griechenland?
Schulte: Ich war in den vergangenen drei Jahren mehrfach an allen 14 Flughäfen. Dabei ging es mir nicht nur darum, die Fortschritte beim Umbau zu sehen. Ich wollte vor allem Fraport der Bevölkerung vorstellen, also dem Unternehmen ein Gesicht geben und allen Beteiligten von den Bürgermeistern, über die Unternehmen oder die Hoteliers bis hin zu den Anwohnern persönlich zeigen, was wir vorhaben und ihre Sorgen aufnehmen. Dafür haben wir uns viel Zeit genommen.

So ganz scheint das nicht gelungen. Denn noch immer gibt es laute Kritik.
Schulte: Bei solch komplexen und bedeutenden Projekten stehen uns einige Menschen weiter kritisch gegenüber. Aber das hat angesichts der vielen Fortschritte deutlich nachgelassen. Selbst Menschen, die uns vor drei Jahren noch keinen Termin gegeben hätten, laden uns nun ein. Denn bevor wir kamen, waren die Terminals überlastet und es herrschte manchmal fast schon Chaos. Doch nun sehen alle: Es tut sich was. Wir bringen neue Flüge wie zuletzt von Flydubai oder Qatar Airways nach Thessaloniki und Samos. Das bringt nicht nur neue Jobs im Tourismus. Ebenso wichtig ist die Anbindung an die großen Wirtschaftszentren, die dafür sorgt, dass sich in der Region neue Unternehmen von außerhalb der Reisebranche ansiedeln.

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