Fresenius Medical Care Fresenius-Tochter FMC verliert Chefin nach nur zwei Monaten

Dr. Clara Kriwet (links) und ihre Nachfolgerin Helen Giza. Quelle: PR

Carla Kriwet sollte den angeschlagenen Dialysekonzern Fresenius Medical Care wieder auf Kurs bringen. Nun verlässt sie den Posten schon nach wenigen Wochen. Ihre Nachfolgerin kommt aus dem Unternehmen.

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Der kriselnde Fresenius-Konzern kommt nicht zur Ruhe: Bei der Dialysetochter Fresenius Medical Care (FMC) tritt Carla Kriwet nach nur zwei Monaten als Vorstandschefin mit sofortiger Wirkung ab. Sie verlasse FMC „auf eigenen Wunsch und im gegenseitigen Einvernehmen aufgrund von strategischen Differenzen“, teilte das Dax-Unternehmen am späten Montagabend in Bad Homburg mit. Auf den Chefposten rückt nahtlos Finanzvorständin Helen Giza. Die 54-jährige soll Finanzchefin bleiben, bis die Nachfolge geklärt ist.

Der Gesundheits- und Klinikkonzern Fresenius und seine Dialysetochter FMC stecken in der Dauerkrise. Nach Gewinnwarnungen in Serie und dem Absturz an der Börse hatte es erst Anfang Oktober einen doppelten Führungswechsel gegeben: Auf den glücklosen Fresenius-Chef Stephan Sturm folgte der frühere Siemens-Manager Michael Sen. Bei FMC löste Kriwet wegen Problemen in den USA vorzeitig Rice Powell ab, der in Rente ging.

Die 51-jährige Kriwet, die von der Bosch-Tochter BSH Hausgeräte gekommen war, hatte noch im Oktober einen Plan ankündigt, um die Probleme bei FMC anzugehen. Die promovierte Betriebswirtin galt als durchsetzungsstark und erfahren in Umstrukturierungen.

Mit Fresenius-Chef Sen soll es nun Uneinigkeiten über den Kurs gegeben haben. Fresenius Medical Care müsse sich „noch stärker auf den operativen Turnaround fokussieren, die Unternehmensperformance weiter verbessern und sich auf seinen Kern konzentrieren“, erklärte Sen laut Mitteilung. Der Manager hatte schon in den vergangenen Monaten angekündigt, alle Geschäfte von Fresenius auf den Prüfstand zu stellen und ein hohes Tempo beim Konzernumbau versprochen.

Sen blieb schmallippig und erklärte nur, dass FMC sich noch stärker auf den „operativen Turnaround“ fokussieren müsse. Der ehemalige E.ON- und Siemens-Vorstand, der dort jeweils für die Abspaltung von Firmenteilen verantwortlich war, hatte bei seinem Antritt bei Fresenius verkündet, dass der Konzern ein „Reset“ und grundlegende Veränderungen brauche. Um bei FMC aufzuräumen, hatte Kriwet, die vom Hausgerätekonzern BSH kam, ihren Posten drei Monate früher übernommen – eigentlich hätte die 51-Jährige erst im Januar starten sollen. Letztendlich habe Sen nicht die nötige Geduld mit Kriwet aufgebracht, die akribisch an einer Bestandsaufnahme arbeitete und einen tiefgreifenden Umbau angehen wollte, sagte eine Person aus ihrem Umfeld.

Aus Kriwets Umfeld hieß es am Dienstag, sie habe einen tiefgreifenden Umbau von FMC geplant, dafür aber nicht genug Geld und Zeit bekommen. Dem Mutterkonzern sei es um schnelle Erfolge gegangen. Auch hätten sich mit dem Chefwechsel von Sturm zu Sen Prioritäten verschoben.

Konzern in der Krise

Fresenius leidet seit längerem unter den Folgen der Corona-Pandemie, die erst die Kliniktochter Helios traf und zuletzt immer stärker FMC. Dort sterben weiter viele Blutwäschepatienten an Corona. Zudem machen FMC ein Mangel an Pflegekräften in den USA sowie steigende Löhne und Materialkosten zu schaffen. Kurz nach Kriwets Antritt im Oktober musste FMC zum zweiten Mal binnen drei Monaten die Gewinnprognose senken und zwang damit auch Fresenius zur Korrektur der Ziele.

Der Umbau im Fresenius-Konzern dürfte aber noch nicht beendet sein. Zuletzt hatte Fresenius bestätigt, Kontakt mit dem US-Hedgefonds Elliott gehabt zu haben. Er könnte Berichten zufolge auf eine Aufspaltung der komplexen Konzernstruktur mit den Sparten Dialyse, Flüssigarzneien, Kliniken und Projektgeschäft dringen.

„Es besteht sehr viel Druck von allen Seiten“, sagt Cornelia Zimmermann, die bei der Fondsgesellschaft Deka als Expertin für Corporate Governance fungiert. „Bei der ganzen Aufregung muss man aufpassen, dass man sachlich und vernünftig an dieses Thema rangeht. Wir hoffen auch, dass daran der neue Investor nichts ändert“, merkt sie mit Blick auf den Hedgefonds Elliott an, der Insidern zufolge bei Fresenius eingestiegen ist. Er drängt bei Sen auf eine Herausnahme von FMC aus der Bilanz, etwa durch den Verkauf eines Teils der FMC-Aktien. Die Fresenius SE & Co KGaA hält zwar nur 32 Prozent an der Tochter, muss sie aber wegen der Machtverhältnisse in der KGaA-Struktur voll konsolidieren.

Bei der Deka, nach Refinitiv-Daten der elftgrößte Fresenius-Aktionär, würde eine Aufspaltung weniger gut ankommen: „Wir sind keine Fans von ganz großen drakonischen Maßnahmen“, betont Zimmermann. „Anstelle eines Verkaufs sollte man FMC durchdenken und in alle Richtungen überlegen, was machbar wäre.“ Die Tochter sei aber die „zentrale Baustelle“ von Fresenius. FMC hatte sich zuletzt immer mehr zum Bremsklotz entwickelt. Vor allem der Mangel an Pflegekräften in den USA bremste die Erholung nach der Corona-Pandemie. FMC – und damit auch Fresenius – mussten schon zweimal ihre Gewinnprognose für dieses Jahr senken.

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Auch für Fondsmanager Oberhofer von Union Investment ist die Zukunft von FMC das vordringlichste Problem. „Eine Abspaltung von FMC würden wir begrüßen. Aber ob es der richtige Zeitpunkt ist, ist fraglich, denn auch FMC ist viel günstiger bewertet als noch vor zwei Jahren, und das Geschäftsumfeld sehr schwierig.“ Auch hinter Vamed könne man ein Fragezeichen stellen. „Helios ist ein gutes Geschäft, und auch Kabi ist kein schlechtes. Die erste Frage ist aber: Was macht man mit FMC? Ich erwarte, dass Sen die Probleme angeht und Klarheit schafft zwischen Mutter und Tochter.“

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