Führungswechsel bei der Deutschen Bahn Warum Lutz Bahnchef wird und nicht Pofalla

Seite 2/2

Was steht auf der Agenda?

Was steht für Bahnchef Lutz auf der Agenda?

Die wichtigste Aufgabe für Lutz: Er muss es endlich schaffen, dass die Güterbahntochter DB Cargo aus der Krise kommt. Seit Jahren fährt das Unternehmen hinter den selbst gesteckten Zielen hinterher und fährt Millionen-Verluste ein. Lutz muss einen Vorstand finden, der das Zeug dazu hat, die Sanierung erfolgreich voran zu treiben. Ob er das der BVG-Chefin Nikutta zutraut, ist ungewiss. Die zweite wichtige Aufgabe: Beim Thema Digitalisierung hat die Bahn erheblichen Nachholbedarf. Das betrifft weniger das WLAN in den ICE-Zügen. Dort setzt die Bahn inzwischen neue Technik ein, die sogar ganz gut funktioniert. Allerdings arbeitet der Schienennetzbetreiber DB Netz noch sehr stark mit analogen Abläufen wie Fax und Papier. Hier könnte ein neuer Digitalisierungs-Vorstand neue Impulse bringen. Im Gespräch für den Posten ist Noch-Siemens-Vorstand Siegfried Russwurm. Allerdings braucht auch diese Personalentscheidung jetzt vor allem das Okay von Lutz.

Was wird aus dem Sanierungsprojekt „Zukunft Bahn“?

Ex-Bahnchef Grube leitete Ende 2015 einen Sanierungsprozess ein, der den gesamten Konzern betraf. Grund waren Sonderabschreibungen bei der Güterbahntochter DB Cargo, die den Konzern das erste Mal seit Jahren ins Minus drückten. Grube definierte im Rahmen des Projekts „Zukunft Bahn“ rund 50 Maßnahmen, mit denen die Bahn verlässlicher, pünktlicher und kundenfreundlicher werden will. Kritiker halten die Maßnahmen für richtig. Gleichwohl warfen sie dem ehemaligen Manager vor, viel zu spät reagiert zu haben. Es ist wohl auch diese Erfahrung, dass sich die Politik nun für Lutz entschieden hat, also jemanden, der sich nicht erst neu einarbeiten muss, wie dies Grube 2009 tun musste, als er Bahnchef wurde. Lutz wird das Reformprojekt ohne Abstriche weiter führen. Schließlich hat er es selbst im Aufsichtsrat vertreten und mitgetragen.

Wo Kunden zufrieden sind – und wo nicht
Pünktlichkeit: Jeder fünfte ICE kam 2015 mindestens sechs Minuten zu spät an. Die Leistungen entsprechen nicht annähernd den Zielen der Deutschen Bahn. Sie will in diesem Jahr eine Pünktlichkeitsquote von 80 Prozent erreichen, langfristig sogar auf 85 Prozent hoch kommen. Die Tendenz 2016 bleibt jedoch weiter schwach. Im Januar lag die Pünktlichkeitsquote bei 77 Prozent. Quelle: AP
Preise: Die Zeiten der jährlichen Preiserhöhung wegen „gestiegener Energie- und Personalkosten“ sind vorbei. Zumindest im Fernverkehr blieben die Preise seit zwei Jahren stabil - den Fernbussen sei Dank. 19-Euro-Sparpreise locken inzwischen selbst Schüler und Studenten. Die neue Devise des Vorstands: lieber volle Züge statt leerer Kassen. Preislich ist die Bahn inzwischen wettbewerbsfähig. Quelle: dpa
ICE-Restaurant: Leider ist die Küche zu oft kaputt. Mal bleiben die Getränke warm oder der Kaffee kalt. Mitunter fehlen die angepriesenen Snacks wegen schlechter Logistik. Dennoch: Wenn es läuft, dann ist ein Sitz im ICE-Restaurant der schönste Platz im Zug – gerne auch bei einem der guten Weine.Urheber: Volker Emersleben // Deutsche Bahn AG
WLAN: In der zweiten Klasse eines ICE ist WLAN noch immer nicht kostenlos und in der ersten Klasse funktioniert der Download alles andere als einwandfrei. Als 2010 zahlreiche ICE grundsaniert wurden, verzichtete das Unternehmen sogar auf den Einbau der WLAN-Technik. So viel Behäbigkeit wird nun bestraft. Die Fernbusse machen der Bahn in Sachen WLAN was vor. Erst Ende 2016 soll es auch im ICE besser werden. Viel zu spät. Quelle: dpa
Information: Schon mal in Bielefeld am Bahnhof gewesen? Seit Jahren fallen die Anzeigentafeln immer wieder aus. Bielefeld gibt es leider auch anderswo. Und wenn die Anzeigen am Bahnsteig funktionieren, dann korrespondieren sie oft nicht mit den Informationen der Bahn-Apps. In den Zügen sollte die Bahn mal ihre Durchsagen auf Relevanz überprüfen. Immerhin am Bahnsteig soll es bald Entwirrung geben. Die Bahn will Multi-Zug-Anzeigen einsetzen: mit drei Zügen auf dem Display. Das klingt gut. 40 von insgesamt 120 Fernbahnhöfen sind bereits umgerüstet. Quelle: dpa
Apps: Nicht jede Frage an @DB_Bahn beantwortet das Twitter-Team zwar zu voller Zufriedenheit. Dennoch zeigen die Twitterer der Deutschen Bahn, wie schnell und effektiv ein Konzern mit seinen Kunden kommunizieren kann. Eine starke Leistung. Auch der DB Navigator bietet echten Mehrwert. Die Deutsche Bahn beweist mit ihren Apps, dass auch traditionelle Konzerne digitale Maßstände setzen können.   Quelle: dpa
Lounges: Ein großzügiger Service für Vielfahrer: kostenloser Kaffee, Tee, Wasser und Softdrinks. In der ersten Klasse erhalten Fahrgäste auch Bier, Wein und Snacks. Leider ist die zweite Klasse oft zu voll. Die Deutsche Bahn prüft den Aufbau zusätzlicher Lounges in ein bis zwei Städten. Quelle: dpa

Wie steht die Deutsche Bahn derzeit da?

Die Bahn steht weiterhin stark unter Druck. Zwar sind die Ergebnisse im vergangenen Jahr deutlich besser ausgefallen als ein Jahr zuvor. Doch das liegt vor allem daran, dass die Güterbahntochter 2015 den Konzernverlust zu verantworten hatte. Ohne Sonderbelastung haben sich die Ergebnisse allenfalls nur leicht verbessert. Denn die Güterbahn befindet sich nach wie vor im Krisenmodus. Der Fernverkehr hat zwar mit Sparpreisen ein Gegenmittel gegen die Fernbusse auf der Straße gefunden, aber die gewonnenen Fahrgäste gehen einher mit weniger Marge pro Kunde. Im Nahverkehr hat die Deutsche Bahn außerdem weiterhin wichtige Verträge verloren. Der Marktanteil fällt weiter.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%