
Bisher leistete sich Europas größter Ferienkonzern eine aufwendige Doppelstruktur: Die TUI AG als Holding und Muttergesellschaft hat ihren Sitz in Hannover, die britische 54-Prozent-Tochter TUI Travel plc ist in Crawley südlich von London in der Nähe des Flughafens Gatwick ansässig.
Die renditestarken Hotelbeteiligungen und der Kreuzfahrtbereich liegen in der Holding, die auch die Minderheitsbeteiligung an der Containerreederei Hapag-Lloyd verwaltet. Das umsatzstarke, aber eher margenschwache Veranstaltergeschäft, die konzerneigenen Airlines, die Reisebüros und alle Unternehmen, die die Urlauber an ihren Ferienorten betreuen, werden von der Tochter gesteuert.
Zahlen zu Vergleichsportalen der Reiseanbieter
...buchen Hotels und Flugtickets über das Internet.
... Jahresumsatz erzielen Online-Reiseportale in Deutschland.
... gab es 2013, vor zehn Jahren waren es noch 13.753.
Die Zweiteilung ist ein Geburtsfehler. Als TUI im Frühjahr 2007 den britischen Wettbewerber First Choice Travel übernehmen wollte, reichte das Geld der Deutschen nicht, um das gesamte Unternehmen zu kaufen. Als Notlösung wurde First Choice Travel in TUI Travel umfirmiert und nur gut zur Hälfte von der TUI AG übernommen. Die übrigen 46 Prozent der Aktien blieben bei den früheren First-Choice-Eigentümern.
Die Parallelunternehmen in Deutschland und Großbritannien kosten allerdings unnötig Geld und verursachen Reibungsverluste. Nicht nur viele Zentralfunktionen wie die Personalabteilung, die Buchhaltung oder die IT sind doppelt vorhanden, das Konstrukt leistet sich auch zwei komplette Vorstände.
Mit der Übernahme der restlichen 46 Prozent der britischen Tochter durch die Holding in Hannover sollen Doppelspitze und Doppelfunktionen auf der Insel entfallen. Zugleich erfolgen eine Straffung des Konzerns und eine Konzentration auf das Kerngeschäft: Die von TUI Travel in Großbritannien betriebene Online-Plattform Hotelbeds zur Vermittlung von Hotelbetten an nicht zur TUI gehörende Reiseveranstalter soll verkauft werden, ebenso etliche touristische Spezialangebote der britischen Tochter, wie etwa die Vercharterung von Segelyachten.
Später will sich der Konzern auch von dem noch verbliebenen 22-Prozent-Anteil an der Hamburger Containerreederei Hapag-Lloyd trennen. Die Luxus-Kreuzfahrtsparte Hapag-Lloyd Kreuzfahrten mit vier kleineren Musikdampfern könnte anschließend gemeinsam mit der als 50-Prozent-Joint-Venture mit der US-Kreuzfahrtreederei Royal Caribbean betriebenen TUI Cruises in einer neuen TUI-Kreuzfahrtsparte organisatorisch zusammengefasst werden.
Reiserückblick
Ob Strandurlaub, Skifahren, Wellnesswochenende, Kulturreise, Sportwoche oder Städtetrip – jeder fünfte Bundesbürger wollte sich in der vergangenen Reisesaison nicht auf einen Urlaub beschränken und war daher gleich mehrfach auf Reisen. Das geht aus der 30. Deutschen Tourismusanalyse hervor, für die 4.000 Bundesbürger ab 14 Jahren nach ihrem Urlaubsverhalten 2013 und ihren Reiseabsichten für 2014 befragt wurden. Grund für die erneute Steigerung: Eine starke Wirtschaft, geringe Arbeitslosigkeit und ein hoher Exportüberschuss.
Deutschland war in der vergangenen Reisesaison das beliebteste Urlaubsziel der Deutschen. Dabei gewinnen die bayrischen Feriengebiete, dicht gefolgt von den Urlaubsregionen an der Ostseeküste in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Zugelegt haben die Schwarzwald- und Bodenseeregionen in Baden-Württemberg.
Spanien ist der Gewinner der letzten Saison. Mehr als jeder achte Bundesbürger verbrachte seinen Urlaub im Jahr 2013 dort. Dorthin reisten fast doppelt so viele wie in die drittplatzierte Türkei. Platz zwei belegt Italien. Einbußen mussten Kroatien und die skandinavischen Länder hinnehmen.
Nicht nur Deutschland und Europa - auch die weite Welt war Reiseziel vieler Deutschen. Mehr als jeder neunte Urlauber verbrachte seinen Urlaub auf einem anderen Kontinent. Das entspricht einem Plus von fünf Prozent. Trotz leichter Verluste erwies sich Nordafrika als beliebtestes Fernreiseziel. Reinhardt: „Seit Beginn des Arabischen Frühlings bleibt die Situation der gesamten Region abhängig von der jeweiligen Entwicklung vor Ort." Deutliche Zugewinne gab es auch in Fernost: Ob China, Hongkong, Thailand oder Indien – zunehmend mehr Deutsche wollten die asiatische Kultur kennenlernen.
Die Deutschen haben für ihre Reisen 2013 durchschnittlich 1062 Euro pro Person bezahlt. In dieser Summe waren – neben den Reise- und Unterkunftskosten – auch alle Nebenkosten enthalten. Ein Urlaubstag in Europa war mit 86 Euro 15 Prozent günstiger als ein Tag in Deutschland (75 Euro).
Bei der Komplettübernahme soll kein Geld fließen, geplant ist ein Aktientausch. Die Minderheitsaktionäre von TUI Travel sollen für jede Alt-Aktie 0,399 neue TUI-AG-Aktien bekommen. Die Transaktion hat ein Gesamtvolumen von rund 3 Milliarden Euro, eine zusätzliche Prämie für die britischen Aktionäre ist aber nicht vorgesehen.
Finanzieren will die TUI AG in Hannover den Deal durch eine Kapitalerhöhung. Der fusionierte Konzern soll als Aktiengesellschaft nach deutschem Recht von Vorstand und Aufsichtsrat geführt werden und seinen Sitz in Deutschland haben. Die Aktie soll aber nicht mehr im deutschen MDax, sondern im FTSE 100 gelistet werden, dem Premiumsegment der Londoner Börse und Pendant zum Dax in Deutschland. Eine zusätzliche Notierung an der Börse in Frankfurt ist für später vorgesehen, um auch die Interessen der deutschen Aktionäre zu berücksichtigen.
Mit der Fusion entfällt der Doppelvorstand, künftig gibt es bei der TUI nur noch ein Führungsgremium. 2015, im ersten Jahr nach der Übernahme, wollen TUI-AG-Chef Friedrich Joussen und TUI-Travel-Boss Peter Long sich den Chefposten noch als Co-Vorstände teilen. Von Februar 2016 an ist Joussen Alleinherrscher. Long wechselt dann in den Aufsichtsrat und übernimmt dort den Vorsitz vom langjährigen Chef-Aufseher Klaus Mangold.
Joussen wird damit zum starken Mann des neuen Konzerns, der gleichzeitig zum größten integrierten Tourismusunternehmen der Welt aufsteigt. Joussen wie Long haben zwar immer wieder betont, wie gut sie miteinander könnten. Klar war aber auch, dass ein Nebeneinander der beiden Alphatiere auf Dauer nicht funktionieren würde. Eindeutiger Gewinner des Machtkampfs ist darum Joussen, Long ist der Verlierer, auch wenn dessen Wechsel an die Aufsichtsratsspitze das etwas kaschiert: Long wird dann zum Oberaufseher Joussens und damit formal zu dessen Chef, für Strategie und Tagesgeschäft ist dann aber der ehemalige Vodafone-Boss zuständig.