Gen Z Wie hoch sind Ihre #Klarnaschulden?

Die Versuchung Einkäufe auf Rechnung zu bestellen machen Anbieter wie Klarna groß Quelle: imago images

Ein gefährlicher Trend dominiert gerade die Social-Media-Plattform TikTok. Dabei messen sich junge Erwachsene der Gen Z an der Höhe ihrer Schulden bei dem „Buy Now, Pay Later“-Anbieter Klarna. Was dahintersteckt.

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„Ich wette du kannst niemals meine Klarna Schulden toppen“ schreibt eine TikTok-Userin in ihrem Video. Darauf folgt ein Screenshot eines Kontostands. H&M, Zara, Asos – die ausstehenden Beträge summieren sich auf über 2000 Euro.

Der Hashtag #Klarnaschulden hat fast 49 Millionen Aufrufe auf TikTok. „Schließe dich diesem Hastag an“, wirbt die Plattform. Auch die Kommentarspalten zeigen, dass diese Videos einen Nerv treffen. Viele Userinnen schreiben, dass auch sie Schulden haben, einige warnen vor möglichen Folgen, doch die meisten scheinen vor allem amüsiert.

Mit dem schwedischen Zahlungsanbieter Klarna können Käufe in Online-Shops auf Rechnung bestellt werden. Bevor die Zahlung getätigt werden kann, prüft Klarna bei jeder Transaktion die Kreditwürdigkeit der Nutzer. Die Rechnung ist danach meistens erst nach 30 Tagen fällig. Steht das nächste Gehalt noch aus oder wird mehr bestellt, als am Ende behalten wird, verleitet das zu einem Rechnungskauf.

Eine Verschuldung bei sogenannten „Buy Now, Pay Later“-Anbietern kann aber noch teurer werden: Auf unbeglichene Beträge folgen bei Klarna zunächst drei Mahnungen mit einer Gebühr von jeweils 1,20 Euro. Wird bis zum Fälligkeitsdatum der letzten Mahnung nicht bezahlt, wird ein Inkassoverfahren eingeleitet. Alternativ kann der Betrag auf Raten verteilt werden. Die Ratenkredite von Klarna sind dann nicht mehr kostenfrei: Wer bei Klarna den Ratenkauf wählt, zahlt einen Sollzins von 11,95 Prozent.

Laut Trendstudie „Jugend in Deutschland“ aus dem Dezember 2022 hat jeder Fünfte zwischen 14 und 29 Jahren Schulden. Solche TikTok-Trends erwecken den Anschein, dass Schulden „cool“ sind – doch was verleitet zu dem Statussymbol „Schulden“?

„Jugendliche und junge Erwachsene sind auf der Suche nach ihrer sozialen Rolle in der Gemeinschaft, wollen mit Statussymbolen eine gewisse Attraktivität nach außen tragen. Die eigene Position in der Gemeinschaft zu finden, ist in diesem Lebensalter eine fundamentale psychologische Entwicklungsaufgabe“, kommentiert Psychologe Thilo Hartmann, Mitglied im Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V.. „Der Erwerb von teuren Klamotten und Technik ist ein Versuch, sich zugehörig zu fühlen“. Und das wissen auch die Unternehmen: Werbung ziele darauf ab, Menschen durch irrationale Kaufentscheidungen meist unnötige Produkte zu verkaufen, die versprächen, dieses Bedürfnis zu befriedigen. Durch soziale Medien könne die oft verdeckte Werbung außerdem perfekt auf Zielgruppen zugeschnitten werden. „Influencer mit Reichweite genießen eine hohe Akzeptanz bei ihren Followern. Sie dienen als Rollenmodell und verführen die jungen Menschen, ihrem Konsumverhalten nachzueifern“.

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Und das trägt Früchte: Der Markt für Luxusgüter konzentriert sich auf eine zunehmend jüngere Zielgruppe. Laut einer Studie von Bain & Company, beginnt die Generation Z etwa drei bis fünf Jahre früher mit dem Kauf von Luxusgütern, als noch die Millennials, nämlich im Alter von 15 Jahren. Bis 2030 sollen die Ausgaben der Generation Z und der darauffolgenden Generation Alpha etwa dreimal so schnell wachsen wie die der anderen Generationen. Damit würde der Markt für persönlichen Luxus bis zum Ende des Jahrzehnts auf etwa 540 bis 580 Milliarden Euro ansteigen, 60 Prozent mehr als 2022.

Die Generationen auf dem Arbeitsmarkt

„Buy Now, Pay Later“-Anbieter erleichtern es, impulsive Kaufentscheidungen zu treffen, die man sich eigentlich nicht leisten kann. Folgt der Schuldenberg, versuchen einige den verlorenen Selbstwert durch Wettbewerbe auf sozialen Medien wieder zu erhöhen. So sollen die TikTok-Videos den Verschuldeten aus der Rolle des Manipulierten zu jemandem machen, der vorgibt, das gewollt zu haben. „Es findet ein Wechsel von der Opfer- in die Täterrolle statt“, sagt Hartmann, das gebe den Menschen im Nachhinein, die Kontrolle über ihre Entscheidungen zurück.

Auch der Zahlungsanbieter Klarna ist auf den gefährlichen Trend aufmerksam geworden. „Wir sind der festen Überzeugung, dass Verbraucherinnen immer erst mit dem Geld einkaufen sollten, das sie haben. Viele unserer deutschen Kundinnen sehen das genauso: Im ersten Halbjahr 2022 wurden 46 Prozent unserer Käufe sofort und in voller Höhe bezahlt“, schreibt das Unternehmen auf seiner Website. Auf Anfrage der WirtschaftsWoche teilt Klarna außerdem mit, eine Reihe von Maßnahmen zu ergreifen, um Kundinnen und Kunden „mit mehr finanzieller Bildung auszustatten“. Dazu gehört beispielsweise „TikTok-Content, der hervorhebt, wie unsere Nutzerinnen mit unserer Budget-Funktion finanziell nachhaltig haushalten können“.

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Nils Feigenwinter gehört selbst der Generation Z an und sieht die Verschuldung seiner Generation als problematisch. Er gründete aus der Frustration über die schlechte Finanzbildung das Start-up Bling, ein „Family Fintech“, das Kindern, Jugendlichen und deren Familien finanzielle Bildung mit einer Taschengeld-App näher bringen soll. „Alles wird digitaler, Geld ist einfacher und schneller verfügbar, kann schneller ausgegeben und Schulden einfacher aufgebaut werden“. So solle die finanzielle Bildung im digitalen Zeitalter rechtzeitig anfangen und Eltern die Ausgaben ihrer Kinder so lang wie möglich verfolgen können. Mit solchen Methoden könnten solche Trends in Zukunft vielleicht verhindert werden.

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