Grundsätzlich dürfte ein Autopilot für den Notfall mit moderner Technik umsetzbar sein. Schließlich fliegen militärische Drohnen schon seit Jahren ferngesteuert oder ganz autonom. Und auch auf Linienfügen bestimmten die Computer heute ab einer gewissen Flughöhe Tempo, Höhe und Kurs der Maschine. Nur bei Start und Landung greift der Pilot ein. „Eine vollautomatische Landung ist aber auf vielen Flughäfen schon möglich“, sagt Ulrich Paulus, Geschäftsführer der Luftfahrt-Akademie in Berlin.
Doch es bleiben Fragen offen: Was, wenn der Funkkontakt zwischen der Bodenstation und dem Flugzeug abreißt, bevor alle wichtigen Daten – etwa die gewünschte neue Flugroute und das Wetter am Flughafen – übertragen sind? Und wer ist juristisch zuständig für das Flugzeug, sobald es in den Autopilot-Modus wechselt – die Fluglinie, der Hersteller, die Nation des Luftraums, die Behörde zur Luftverkehrskontrolle Eurocontrol?
Auch mit Widerstand seitens der Flugzeugkapitäne gegen eine Fernsteuerung vom Boden ist zu rechnen. Schon heute sorgt die wachsende Abhängigkeit vom Flugcomputer in Pilotenkreisen für Unbehagen. „Der ist quasi allmächtig und für den Piloten immer weniger in die Schranken zu weisen“, klagt ein Lufthansa-Pilot. Das sorgt freilich für ein grundlegendes Problem. „Der Computer tut nur, was in ihm programmiert ist und wenn wir als Piloten die Dinge anders machen wollen, haben wir fast keine Chance uns durchzusetzen.“
Inzwischen fühlen sich viele Piloten entmündigt. „Selbst wenn wir auf Schulungen nachfragen und das System gerade für einen möglichen Ernstfall besser verstehen wollen, bekommen wir oft ‚das müsst ihr nicht wissen‘ als Antwort“, so der Lufthansa-Pilot. „Dabei ist es aus unserer Sicht unerlässlich, dass wir im Ernstfall die Zusammenhänge möglichst genau verstehen.“
Schrecklicher Verdacht: Co-Pilot flog absichtlich in den Tod
Suizide in der Luftfahrt sind selten, aber sie kommen vor. Im November 2013 kostete der Absturz einer Embraer-Maschine der Fluglinie Linhas Aéreas de Moçambique 33 Menschen das Leben. Laut der zuständigen Behörde in Namibia hatte der Co-Pilot das Cockpit kurz vor dem Unglück verlassen, um zur Toilette zu gehen. Der Pilot verriegelte daraufhin die Tür und steuerte das Flugzeug in Richtung Boden. Eine Boeing 767 der EgyptAir stürzt im Oktober 1999 US-Staat Massachusetts. Nach einer Untersuchung der US-Flugsicherheitsbehörde schaltete der Co-Pilot von Flug 990 den Autopiloten aus und leitete den Sinkflug ein. 1997 ließ der Pilot eines SilkAir-Flugs von Jakarta nach Singapur seine Boeing 737 absichtlich in einen Fluss stürzen - 104 Menschen starben. Auch bei der seit einem Jahr verschollenen Malaysia-Airlines-Maschine gilt die Selbsttötung eines der Piloten als eine der plausibelsten Unglücksursachen.
Laut einem offiziellen Report der US-Luftfahrtbehörde Federal Aviation Administration (FAA) aus dem vergangenen Jahr sind Selbsttötungen, die mit einem Flugzeug ausgeführt werden, „selten und ungewöhnlich“. Untersucht wurden 2758 tödliche Flugzeugunglücke auch kleinerer Maschinen in den USA, die sich zwischen 2003 und 2012 ereigneten. In acht Fällen gilt die Selbsttötung des Flugzeugkapitäns als Ursache. Sieben der Piloten waren bei dem Unglück allein an Bord.
Alle Piloten, die ihre Maschinen abstürzen ließen, waren männlich und zwischen 21 und 68 Jahren alt. Als mögliche Motive für die Taten identifiziert der FAA-Bericht unter anderem Depressionen, Beziehungsprobleme und finanzielle Schwierigkeiten. Vier der Piloten wurden positiv auf Alkohol getestet. Zwei nahmen offenbar Antidepressiva.
Grund für die Macht des Rechners war die Erfahrung früherer Abstürze. Jahrelang waren falsche Reaktionen des Piloten oder gar grobe Fehler die wichtigsten Unfallursachen. Darum haben vor allem die Ingenieure bei Airbus den Bordcomputers systematisch aufgewertet und so programmiert, dass er grobe Schnitzer verhindert, indem er bestimmte Befehle einfach nicht ausführt. So verhinderte der Rechner etwa, dass ein Flugzeugführer weiter Gas geben konnte, wenn das Flugzeug bereits zu schnell war oder blockierte die Bremsen, bis die Maschine sicher aufgesetzt war.
Riskanter Autopilot
Jüngste Zwischenfälle zeigen aber, dass sich auch der Autopilot irren kann. Im November wäre ein Lufthansa-Airbus A321 auf dem Flug von Bilbao nach München fast wegen einer Computerpanne abgestürzt. Vereiste Sensoren hatten dem Autopiloten falsche Daten zugespielt und einen Sinkflug ausgelöst. Erst nach Minuten gewannen die Piloten die Kontrolle zurück, als sie den Rechner abschalteten.
Immerhin: Die Ingenieure lernen aus solchen Fehlern und verbessern die Technik stetig. Sie legen ihre Flugzeuge ganz bewusst als lernendes System an. Nach jedem Zwischenfall durch eine falsche Reaktion des Piloten und erst recht, wenn der Computer eine richtige Reaktion verhinderte, passte etwa Airbus den Computer seiner Jets an.