




Die Passagiere der Lufthansa-Tochter Germanwings müssen sich erneut auf die Folgen von Pilotenstreiks einrichten. Die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) hat ihre Mitglieder unter den rund 700 Germanwings-Piloten für Donnerstag und Freitag aufgerufen, die Arbeit niederzulegen.
Die Fluggesellschaft kündigte an, dennoch mindestens die Hälfte aller geplanten Flüge in die Luft zu bringen. Ursprünglich waren für die beiden Tage zusammen rund 900 innerdeutsche und Europa-Verbindungen mit rund 71 000 Passagieren vorgesehen. Mit Flugausfällen und Verspätungen ist außerhalb der Lufthansa-Drehkreuze Frankfurt und München zu rechnen.
Welche Rechte Fluggäste bei Streik haben
Die Verbraucherzentrale NRW erklärt, welche Rechte betroffene Fluggäste haben.
Die Airline muss laut EU-Verordnung einen Ersatzflug zum nächstmöglichen Zeitpunkt anbieten. Alternativ können Fluggäste bei Annullierung des Flugs vom Luftbeförderungsvertrag zurücktreten und sich den Flugpreis erstatten lassen.
Bei Ausgleichszahlungen ist die Lage strittig. Nach bislang überwiegender Ansicht gelten Streiks als "außergewöhnliche Umstände", und dann braucht die Fluggesellschaft nicht zu zahlen.
Findet der Flug verspätet statt, sichert die europäische Fluggastrechte-Verordnung folgende Rechte zu: Anspruch auf kostenlose Betreuung besteht ab zwei Stunden Verzögerung bei Kurzstrecken (bis 1500 km), ab drei Stunden bei Mittelstrecken (bis 3500 km) und ab vier Stunden bei Langstrecken. Die Airline muss dann für Mahlzeiten, Erfrischungen, zwei Telefongespräche, Telexe, Faxe oder E-Mails sowie eventuell notwendige Hotelübernachtungen (falls sich der Flug um einen Tag verschiebt) samt Transfer sorgen.
Wollen die Fluggäste die Reise bei einer mehr als fünfstündigen Verspätung nicht mehr antreten, können sie ihr Geld zurückverlangen.
Der Reiseveranstalter ist der erste Ansprechpartner, wenn der ausfallende Flug Teil einer Pauschalreise ist. Auch der Veranstalter hat die Pflicht, schnellstmöglich für eine Ersatzbeförderung zu sorgen.
Erst, wenn der Flieger mehr als vier Stunden verspätet ist, kann je nach Flugstrecke ein Reisemangel vorliegen. Dann können für jede weitere Verspätungsstunde fünf Prozent des Tagesreisepreises vom Veranstalter zurückverlangt werden.
Wenn durch den Streik Reiseleistungen ausgefallen sind, haben Urlauber die Möglichkeit, nach ihrer Rückkehr den Preis der Reise zu mindern.
Anlass für den Streik sind wie im Vorjahr die ungelösten tariflichen Probleme rund um die Übergangsversorgung der Piloten, die nach dem Lufthansa-Konzerntarifvertrag bezahlt werden. Die VC wirft der Lufthansa vor, auf einer deutlichen Verschlechterung zu beharren und die Übergangsrenten für junge Piloten ganz abschaffen zu wollen. Es seien mehrfach Vorschläge für eine Gesamtschlichtung gemacht worden, sagte VC-Vize-Sprecher Markus Wahl. „Aber die Lufthansa hat alle Vorschläge ausgeschlagen. Irgendwann ist der Bogen überspannt.“
Nach Ansicht der Lufthansa würde die zukünftig angebotene Übergangsversorgung auch nach der Neuregelung eine der besten in der Branche weltweit bleiben. Sie habe der Gewerkschaft erst in dieser Woche eine Teilschlichtung zu dieser Frage angeboten. Die Streikankündigung zeige, dass es der Pilotengewerkschaft nicht um eine Lösung gehe.
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Im vergangenen Jahr hat die VC bei den Gesellschaften Lufthansa, Lufthansa Cargo und Germanwings zu insgesamt zehn Streiks aufgerufen, nur einmal sagte sie den Ausstand kurzfristig ab. Das Unternehmen hat den Schaden auf rund 200 Millionen Euro beziffert, rund 7400 Flüge mit 850 000 betroffenen Passagieren fielen aus.
Der Flughafenverband ADV verlangte von der Politik, für Arbeitskämpfe in Infrastrukturunternehmen eine obligatorische Schlichtung einzuführen. „Die Politik darf den Streikexzessen nicht blind gegenüberstehen“, erklärte ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel. „Diese Streikorgien haben allmählich eine Dimension erreicht, die den guten Ruf des Standortes Deutschland stark beschädigen.“
Erst am Montag waren die Flughäfen in Hamburg und Stuttgart durch Warnstreiks von Sicherheitspersonal nahezu lahmgelegt worden. Zehntausende Passagiere mussten umbuchen oder nahmen stundenlange Wartezeiten vor dem Abflug in Kauf. Auch in Hannover hatten Beschäftigte die Arbeit niedergelegt, allerdings ohne größere Auswirkungen.