
Der Copilot des abgestürzten Germanwings-Fluges hat den Autopiloten Ermittlern zufolge bereits auf dem Hinflug nach Barcelona mehrfach auf eine zu niedrige Flughöhe eingestellt. Dies sei während eines angeordneten Sinkflugs geschehen, heißt es im Zwischenbericht der französischen Untersuchungsbehörde Bea vom Mittwoch. Als der Kapitän nicht im Cockpit war, regelte der 27-jährige Copilot Andreas Lubitz die Flughöhe demnach wiederholt für einige Sekunden auf gut 30 Meter, korrigierte sie dann aber wieder.
Die Fakten zum Germanwings-Absturz
Der Airbus A320 ist am Dienstag um 10.01 Uhr mit 150 Menschen an Bord in Barcelona gestartet. Kurz nach dem Erreichen der regulären Reiseflughöhe von 38.000 Fuß (11,5 Kilometer) ging die Maschine ohne Hinweis an die französische Flugkontrolle oder ein Notsignal in einen schnellen Sinkflug über. Das Flugzeug zerschellte in den französischen Alpen. Die Maschine flog bis zum Aufprall, ohne dass es eine Explosion gab, wie die französische Untersuchungsbehörde BEA mitteilte.
An Bord der Maschine waren 150 Menschen, darunter nach jüngsten Informationen 72 Deutsche und 50 Spanier. Weitere Opfer stammen nach Angaben von Regierungen und Germanwings offenbar aus den USA, Großbritannien, Kasachstan, Argentinien, Australien, Kolumbien, Mexiko, Venezuela, Japan, den Niederlanden, Dänemark, Belgien und Israel.
Die Germanwings-Maschine verunglückte in den französischen Alpen nahe der kleinen Ortschaft Seyne-les-Alpes. Die Bergung der Wrackteile ist schwierig. Das Gelände an der Unglücksstelle ist zerklüftet und nur schwer zugänglich. Weil die Maschine mit hoher Geschwindigkeit auftraf, sind die Trümmerteile sehr klein und weit verstreut.
Die Bergung der Opfer wurde am 31. März abgeschlossen. Das Kriminalinstitut der französischen Gendarmerie erklärte, die eigentliche Identifizierung, also die Zuordnung zu den Vergleichsdaten der Angehörigen, könne zwei bis vier Monate dauern.
Die Ermittler haben bereits auswertbare Daten aus dem ersten Flugschreiber, dem Stimmrekorder, sichergestellt und ausgewertet. Laut der französischen Staatsanwaltschaft war zum Zeitpunkt des Absturzes nur der Co-Pilot im Cockpit. Der Stimmrekorder hat bis zuletzt Atemgeräusche im Cockpit aufgezeichnet, der Co-Pilot war also am Leben. In den letzten Minuten, bevor der A320 an einer Felswand zerschellte, zeichnete der Rekorder auf, wie der ausgesperrte Kapitän und die Crew von außen gegen die Cockpit-Tür hämmern. Die Ermittler gehen daher davon aus, dass der Co-Pilot die Maschine absichtlich zum Absturz brachte.
Der zweite Flugschreiber, der detaillierte Flugdaten aufzeichnet, wurde bislang nicht gefunden.
Der Mittelstreckenflieger A320 hatte seinen Jungfernflug 1987 und wurde ein Jahr später erstmals von Airbus an Kunden ausgeliefert. Seither hat er sich in verschiedenen Varianten zum meistverkauften Passagierjet von Airbus entwickelt. Bis Ende Februar hatte der Hersteller von seiner absatzstärksten Modellfamilie knapp 6500 Maschinen an die Kunden überstellt.
Die Unglücksmaschine war seit mehr als 24 Jahren im Einsatz, verfügte laut Auskunft der Lufthansa jedoch über neueste Technik und habe alle Sicherheitsanforderungen erfüllt. Noch einen Tag vor der Katastrophe sei der Flieger einem Routinecheck unterzogen worden.
Der Kapitän des abgestürzten Flugzeugs galt als erfahren. Er hatte seit mehr als zehn Jahren für Germanwings und Lufthansa gearbeitet. Auf dem Modell Airbus hatte er mehr als 6000 Flugstunden absolviert.
Zu den Geschehnissen im Cockpit der Germanwings-Maschine sagte der Lufthansa-Chef Carsten Spohr: „Es gab ein technisches Briefing zum weiteren Flugverlauf. Dann hat der Pilot dem Co-Piloten das Steuer überlassen.“ Zum Verlassen des Cockpits durch den Kapitän sagte Spohr: „Der Kollege (Pilot) hat vorbildlich gehandelt, er hat das Cockpit verlassen, als die Reiseflughöhe erreicht war.“
Der Co-Pilot der Unglücksmaschine war seit 2013 bei der Lufthansa-Tochter beschäftigt. Zuvor hatte er seit etlichen Jahren für den Konzern gearbeitet, auch als Flugbegleiter. Vor sechs Jahren gab es eine mehrmonatige Unterbrechung der Pilotenausbildung, danach wurde die Eignung des Mannes nach allen Standards überprüft. „Er war 100 Prozent flugtauglich. Ohne jede Auffälligkeit“, sagte Spohr.
Ermittler durchsuchten auf Bitte der französischen Justiz zwei Wohnungen des Co-Piloten. Dort wurde eine zerrissene Krankschreibung gefunden, die auch den Tag des Absturzes umfasste. Der 27-Jährige war vor mehreren Jahren - vor Erlangung des Pilotenscheines - über einen längeren Zeitraum wegen Depressionen und Selbstmordgefährdung in psychotherapeutischer Behandlung.
Quellen: dpa, reuters, sha, jre
„Er hat diesen Handgriff wiederholt“, sagte Bea-Direktor Rémi Jouty. Dies sei während eines ohnehin von der Flugsicherung vorgegebenen Sinkflugs geschehen, so dass für Lotsen und Crew keine ungewöhnlichen Flugbewegungen zu beobachten gewesen seien. Zuerst hatte die „Bild“-Zeitung am Mittwoch über die Manipulationen des Copiloten schon auf dem Hinflug berichtet.
Das ist die Unglücksmaschine A320
Der Mittelstreckenflieger A320 hatte seinen Jungfernflug 1987 und wurde ein Jahr später erstmals von Airbus an Kunden ausgeliefert. Seither hat er sich in verschiedenen Varianten zum meistverkauften Passagierjet von Airbus entwickelt. Bis Ende Februar hatte der Hersteller von seiner absatzstärksten Modellfamilie knapp 6500 Maschinen an die Kunden überstellt, davon waren zu dem Zeitpunkt mit knapp 6200 die große Mehrheit noch im Dienst.
Je nach Ausführung kann der A320 in seiner Hauptversion bis zu 180 Passagiere transportieren. Im Laufe seiner Baugeschichte wurde das knapp 38 Meter lange Modell, das mit Boeings 737 weltweit konkurriert, technisch immer wieder erneuert. Die A320-Flieger haben eine Reichweite von bis zu 6150 Kilometer und können mit einem Gesamtgewicht von 78 Tonnen abheben. Eine A320-Maschine hat einen Listenpreis von an die 100 Millionen Dollar. Ab dem laufenden Jahr soll der Typ mit neueren, spritsparenderen Turbinen ausgeliefert werden. Die Nachfrage nach diesem sogenannten A320neo ist bislang enorm. Auch die Triebwerkshersteller MTU und Pratt&Whitney profitieren davon.
Seit seinem Erstflug kam es dem Aviation Safety Network zufolge zu bisher 27 Unfällen mit Maschinen vom Typ A320. Der Flugzeugtyp kann damit als verhältnismäßig sicher gelten. Bei den Zwischenfällen kamen bis zuletzt insgesamt fast 1000 Menschen ums Leben. Der letzte Absturz einer A320-Maschine der Indonesia AirAsia über der Java-See forderte 162 Menschenleben. Die folgenreichste Havarie ereignete sich 2007 im brasilianischen Sao Paolo als ein A320 über die Landebahn hinausschoss. Alle 187 Insassen sowie weitere zwölf Menschen am Boden starben.
Die Flugschreiber bestätigen aus Sicht der Behörde eine bewusste Handlung des Copiloten beim Absturz auf dem Rückflug. „Man kann daraus schließen, dass er handlungsfähig war und dass alle seine Handlungen den gleichen Sinn hatten, nämlich das Flugzeug auf den Boden stürzen zu lassen“, sagte der Bea-Direktor in Le Bourget bei Paris.
Der Airbus der Lufthansa-Tochter zerschellte am 24. März auf dem Rückweg von Barcelona nach Düsseldorf in den französischen Alpen, nachdem der Copilot einen Sinkflug eingeleitet hatte. Alle 150 Menschen an Bord starben, darunter 72 Deutsche.
Dem Zwischenbericht der Behörde zufolge bewegte der Copilot kurz vor dem Aufprall leicht das Steuer des Airbus - der Eingriff war jedoch nicht stark genug, um den Autopiloten außer Kraft zu setzen. Zuvor hatte der 27-Jährige den Autopiloten auf eine Flughöhe von gut 30 Meter eingestellt und mehrfach das Tempo erhöht. Die französische Behörde Bea ist das Gegenstück der deutschen Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung. Die Behörde ist nach Flugzeugunglücken für die sogenannte Sicherheitsuntersuchung zuständig.