Geschäftsklima eingebrochen Bauchlandung für die Beratungsbranche

Auch Beratungsunternehmen werden von der Coronakrise hart getroffen. Einzig die Sanierungsberater sehen ihre Auftragslage besser werden. Quelle: imago images

Wenn Mitarbeiter in Kurzarbeit müssen, wird auch auf externes Personal verzichtet. Das bekommt die Beraterbranche nun zu spüren: Das Geschäftsklima der Unternehmensberater erleidet seinen bisher heftigsten Absturz.

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Der Absturz der wirtschaftlichen Aussichten in der deutschen Consulting-Branche im ersten Quartal 2020 übertrifft alles bislang Dagewesene. Es war zwar mit einem negativen Trend mitten in der Coronakrise zu rechnen, aber mit 70,4 Punkten liegt der Geschäftsklimaindex auf seinem niedrigsten Wert seit Beginn der Erhebungen 2006. Außerdem gab es mit minus 29,9 Punkten im Vergleich zu Dezember 2019 (100,3 Punkte) zugleich den heftigsten Rückschlag innerhalb eines Quartals. Der Consulting-Geschäftsklimaindex zeigt die Entwicklung des Beratungsgeschäfts über die vergangenen fünf Jahre und berücksichtigt dabei sowohl die aktuelle Geschäftssituation als auch den Zukunftsausblick der Unternehmen. Der Index wird alle drei Monate vom Bundesverband Deutscher Unternehmensberater e.V. (BDU) durch eine Mitgliederberatung ermittelt.

Der Wert von 70,4 Punkten bedeutet, dass die Einschätzungen zu den geschäftlichen Aussichten der Beratungsunternehmen im Vergleich zu 2015 um fast 30 Prozent schlechter ausfallen. Das entspricht einem Wert von aktuell minus 42 Punkten – und liegt zum ersten Mal überhaupt unter dem Wert für die Gesamtwirtschaft (-23 Punkte), der vom Ifo-Institut erhoben wird.

Kleinere Unternehmensberatungen trifft es besonders hart. Über die Hälfte der Unternehmen unter 50 Millionen Euro Jahresumsatz liegt bereits unter dem Budgetplan für 2020 (55 Prozent). Durch die Größe ihrer Projekte und langfristigere Verträge liegen rund zwei Drittel der Unternehmen über 50 Millionen Euro Umsatz noch im Plan, 59 Prozent bewerten auch den Auftragsbestand als „zufriedenstellend“.

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Das Geschäftsklima im ersten Quartal 2020, zusammengesetzt aus Einschätzungen zur aktuellen Situation und dem Ausblick, liegt dagegen mit minus 35 Punkten für die mittelgroßen Beratungsunternehmen zwischen einer und zehn Millionen Euro Jahresumsatz noch am besten. Die Unternehmen unter einer Million Euro Jahresumsatz schätzen ihr Geschäftsklima mit minus 45 Punkten dagegen am schlechtesten ein. Die „Großen“ liegen mit minus 42 Punkten genau im Branchenschnitt.

Massive Einbrüche bei Personalberatungen, Sanierungsberater gewinnen

Auch nach Beratungsfeldern unterscheiden die Werte sich deutlich. Gerade Human-Ressources- (HR-) und Personalberatungen sehen massive Auftragseinbrüche. Hier wird der persönliche Kontakt besonders geschätzt, virtuelle Angebote werden weniger angenommen – und auch der Personalbedarf ist allgemein eher gesunken. Die HR-Beratungen haben daher mit 29 Prozent komplett stornierten Projekten zu kämpfen, im Branchenschnitt sind es nur 13 Prozent. Gewinner sind hier die Sanierungsberater, die 77 Prozent ihrer Projekte ohne größere Einschränkungen weiterführen können und auch bei der Auftragsentwicklung am besten dastehen: 32 Prozent der Sanierungsberater finden jetzt leichter Aufträge als vor der Krise.

Nach Branchen, in denen beraten wird, ergibt sich ebenfalls ein klares Bild: Das Geschäftsklima von Beratungen, die sich auf Chemie- und Pharmaunternehmen spezialisiert haben, liegt bei fast neutralen minus fünf Punkten, im Fahrzeugbau sind es dagegen minus 64 Punkte.

Fazit: Im Schnitt haben die befragten Beratungsunternehmen ihre Umsatzerwartungen um 18 Prozent nach unten korrigiert, 40 Prozent haben Kurzarbeit beantragt, 30 Prozent staatliche Förderung. Die Coronakrise hat somit weite Teile der Beratungsbranche erfasst.

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