Gesundheitstourismus Sonne, Strand, Coronaimpfung

Dubai könnte bald Impftouristen akzeptieren Quelle: obs

Für alle, die nicht bis zum Herbst auf einen Termin für einen Covidschutz warten wollen, versprechen immer mehr Unternehmen Reisen rund um eine Immunisierung. Die Angebote sind teuer und unsicher. Nachfragefragt werden sie trotzdem – vor allem von der High Society.

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Wer sich gegen Corona impfen lassen wollte, hatte bisher nur zwei Möglichkeiten – und beide waren unbefriedigend. Entweder mehrere Monate warten oder im Darknet, den dunklen Ecken des Internets, nach einem Vakzin suchen. Dort bieten auf Seiten wie DarkMarket, Steriod King oder White House Market anonyme Verkäufer auch gängige Präparate wie den Impfstoff des deutsch-amerikanischen Verbunds Biontech/Pfizer oder von AstraZeneca an. Kaufpreis: 80 bis zu 25.000 Dollar. „Doch bisher waren alle fake“, sagt Jan Op Gen Oorth von der europäischen Polizeibehörde Europol. 

Nun werben Firmen mit einem deutlich bequemeren Weg: Pauschalreisen mit einem Paket aus Anreise, Hotel, Verpflegung – sowie eine Immunisierung. Dazu versprechen die Anbieter auch eine medizinische Versorgung, falls der Impfling die schützende Spritze nicht verträgt.

Nachdem es lange wenig Angebote gab, steigt deren Zahl jetzt deutlich an. „Gerade weil sich alle anderen Reisen wegen der vielen Beschränkungen derzeit kaum verkaufen gilt: Der Scheiß ist heiß“, sagt ein führender Manager der Reisebranche. „Vor zwei Wochen gab es da noch keine buchbaren Angebote, aber jetzt läuft tatsächlich etwas.“ Wann die Angebote aber wirklich für viele Menschen buchbar sind, bleibt abzuwarten. „Die Hürden und die Risiken für Kunden und Unternehmen sind schwer kalkulierbar“, sagt Torsten Kirstges, Touristikprofessor der Jade-Hochschule in Wilhelmshaven. 

Zu den ersten Anbietern gehörte der wahrscheinlich elitärste Club im an exklusiven Vereinen nicht gerade armen London: der Knightsbridge Circle. Der Verein mit dem Motto „es gibt keinen Auftrag, den wir nicht erfüllen können“ wirbt seit Januar mit Impfreisen im Privatjet etwa nach Dubai oder Indien. „Sie gehen für ein paar Wochen in eine Villa in der Sonne, kriegen den Pieks, dann die Bescheinigung und machen sich wieder davon“, so der Gründer und Chef Stuart McNeil, der zuvor für die Kreditkartenfirma American Express den Elite Rang der Centurion Karte aufgebaut hat. Im Angebot sind wahlweise das Serum von Biontech/Pfizer oder das Konkurrenzprodukt der chinesischen Sinovac. 

Das Angebot war jedoch wohl eher PR, vermuten Kenner der Branche. Denn die Offerte war fast nicht zugänglich. Das liegt nicht allein am Preis, obwohl der mit 50.000 Euro und mehr schon recht happig ist. Buchen kann nicht mal jedes der ohnehin gerade mal 50 Clubmitglieder, sondern nur diejenigen, die mindestens 65 Jahre alt sind. „Wir haben schließlich die höchsten ethischen Standards“, begründet McNeill die Beschränkung, die in den Zielländern keinem Impfwilligen die schützende Spritze kosten soll. 

Wie viele seiner Senioren sich bislang tatsächlich immunisiert haben, will er freilich nicht sagen, aus Gründen der Diskretion. Experten sehen aber noch kein großes Geschäft. „Es kann kaum mehr als eine Handvoll gewesen sein, denn angesichts der hohen Hürden kommt derzeit fast keiner nach Dubai oder Indien – und wieder zurück“, so ein Kenner der Reisebranche.

Etwas zugänglicher ist das Angebot des kanadischen Privatjetbetreibers Momentum Jets. Der bietet eintägige Impfreisen aus Toronto nach Florida. Der Sonnenstaat ist ein beliebtes Ziel für immunisierungswillige Senioren, seit Gouverneur Ron DeSantis versprochen hat, dass in seinem Staat alle Senioren ab 65 Jahren eine Impfung bekommen. Die Offerte gilt nicht nur für  Bürger aus anderen Staaten der USA, sondern auch für Urlauber aus allen Teilen der Welt.  Allerdings gibt es auch hier eine hohe Hürde: die Einreise zurück nach Kanada. Das Land lässt Reisende aus dem Ausland derzeit bestenfalls unter strengen Quarantäneauflagen über die Grenze. 

Österreichs High Society soll zu Tausenden reserviert haben

Noch am meisten verspricht das Angebot des österreichischen Verlegers Christian W. Mucha. Auf seiner Seite impfreisen.at bietet der umtriebige Selfmade-Millionär gleich drei Preisklassen für die Kombination aus Reise und Spritze – „als Antwort auf das Versagen der EU“, wie er betont. Mögliche Ziele sind Ägypten, Dubai sowie Serbien. Dazu arbeitet Mucha an einer Art Impfgruppenreise, bei dem die Kunden in einem Flugzeug direkt vor Ort in Europa immunisiert werden können – und dies noch vor dem Abflug. Das Diskontangebot gibt es für 3000 bis 4000 Euro pro Person, das Vorzugsangebot für das Doppelte und ein Luxusangebot ab 20.000 Euro pro Person, „wer etwas ganz Exklusives will, wie die Präsidentensuite im Burj Al Arab in Dubai, bekommt auch dies“, so Mucha. 

Die erste Resonanz ist jedenfalls groß. So hätten bereits fast 10.000 Interessenten reserviert. „Darunter ist fast die ganze österreichische High Society“, so Mucha selbstbewusst. „Wenn ich Ihnen die Namen nennen könnte, würden Sie vom Stuhl fallen.“  

Die genauen Inhalte stehen noch nicht fest, umso mehr jedoch seine Grundsätze. Der für Reise- und Luxusmagazine bekannte Unternehmer verspricht einen zertifizierten Impfstoff mit Garantie, ausgebildete Mediziner machen die Spritze, es gibt ärztliche Betreuung für den Fall einer allergischen Reaktion und am Ende einen international anerkannten Impfpass. „Dass alles seriös abläuft, garantiere ich mit meinem tadellosen Ruf als Verleger seit 46 Jahren“, sagt Mucha. „Wenn wir nur einen dieser vier Eckpfeiler nicht richtig haben, dann machen wir die Reisen nicht.“

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