Golf-Fluglinien Etihad-Übernahme wäre ein Albtraum für Emirates

Etihad-Übernahme wäre für Emirates ein Desaster Quelle: imago images

Emirates wehrt sich gegen eine Übernahme des angeschlagenen Lokalrivalen Etihad. Der Deal würde die Linie schwächen und Wettbewerber wie Lufthansa stärken. Trotzdem kann der politische Druck so stark werden, dass Emirates-Chef Tim Clark nachgeben muss.

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Emirates-Chef Tim Clark ist ein gelassener Mensch – bis jemand wissen will, wann er mit seinem Lokalrivalen Etihad aus Abu Dhabi fusioniert. „So oft ihr Medien das auch fragt: Da ist nichts dran“, haut der 68-Jährige dann mit einem verkniffenen Gesicht auf den Tisch. Kein Wunder, dass auch diesmal sofort ein hartes Dementi aus der Zentrale in einem Glaspalast am Flughafen Dubai kam, als die Nachrichtenagentur Bloomberg mit Berufung auf gleich mehrere anonyme Quellen berichtete, Emirates verhandle über einen Kauf von Etihad.

Clarks Ärger ist verständlich. Zwar ergibt der Deal auf den ersten Blick Sinn. Die Fusion wäre nicht die erste zwischen zwei ähnlichen Firmen der Vereinigten Arabischen Emirate. Die Linien kooperieren bereits in Bereichen wie der Flugsicherheit oder dem Personal und könnten gemeinsam leichter drückende Überkapazitäten loswerden.

Doch wer tiefer in die beiden Flugunternehmen reinschaut, entdeckt: Der Deal wäre ein Albtraum für Emirates. Er verdirbt der profitablen Linie die Geschäftszahlen und könnte reichlich politischen Ärger im Rest der Welt bringen. Das würde die Airline schwächen und damit europäische Linien wie die Lufthansa stärken. Denn eine geschwächte oder zumindest abgelenkte Emirates wäre keine so unbequeme Konkurrenz mehr wie heute, wo Emirates Lufthansa im Asienverkehr das Leben schwermacht.

Die Verbindung ergibt wirtschaftlich keinen Sinn. Sicher, die Kombination Emirates/Etihad wäre die nach der Verkehrsleistung die größte Fluglinie der Welt – noch vor den heutigen Marktführern American Airlines und Delta Airlines aus den USA. Das ist ein wichtiger Vorteil in einer Flugbranche, die wie wenige von kleinsten Kostenvorteilen durch Größe lebt, etwa durch einen gemeinsamen Einkauf und einen geringeren Anteil von Verwaltungsausgaben.
Doch all diese Gewinne an Effizienz würden mehrfach aufgefressen durch eine Flut von Nachteilen im Betrieb. Die Übernahme würde das Management extrem beschäftigen. „Das Team um Tim Clark hat bei aller Kompetenz keinerlei Erfahrung mit Übernahmen, weil die Linie bisher nur aus eigener Kraft gewachsen ist“, ordnet ein führender Manager der Lufthansa ein.

Die Übernahme wäre die größte außerhalb der USA und extrem kompliziert. Denn in dem Verbund müsste Clark gründlich umbauen. Gerade erst hat er die bislang tiefste Krise seiner Fluglinie überwunden. Da kann er keinen Kostenschub oder eine komplizierte Grundrenovierung brauchen. Nach einer Fusion müsste Clark notgedrungen eine große Zahl von Flügen einstellen. Emirates fliegt fast alle Etihad-Ziele bereits an. Doch zusätzliche Marktanteile durch mehr Verbindungen kann Clark so gar nicht brauchen, sollen nicht erneut die Flugpreise sinken.

Dazu müsste Clark auch den Flughafen Abu Dhabi kräftig schrumpfen, wenn nicht gar überflüssig machen. Der Airport in Dubai arbeitet effizienter und bringt pro Ticket mehr Geld, weil der Stadtstaat mehr Reisende anlockt als das Nachbaremirat. „Da ist der Betrieb eines zweiten Drehkreuzes nicht sinnvoll, besonders wenn beide nicht mal so weit auseinanderliegen wie Frankfurt und Düsseldorf“, sagt ein Insider.

„Herrscher in Abu Dhabi verlieren lieber Milliarden, als das Gesicht“

Kaum leichter als die Vereinigung der Flugbetriebe wäre es, die Verwaltungen zusammenzuführen. Denn so sehr sich auch der luxuriöse Service der Emiratslinien ähnelt: Im Alltag sind sie weit auseinander. Beide setzen auf straffe Führung. Aber Emirates will Geld verdienen und pflegt dafür eine für die Region ungewöhnlich offene Kultur mit recht viel Verantwortung für die niedrigeren Führungsebenen. Das lockt reichlich kompetente Manager aus dem Rest der Welt an. Etihad soll vor allem Reisende ins Land holen. Gewinn ist Nebensache und der Führungsstil ebenso hierarchisch wie unberechenbar. Zudem zählen politische Verbindungen hier oft mehr als Kompetenz. „Das verschreckt fähige Leute“, so ein ehemaliger Etihadler. Das harte Fazit: „Tim Clark bleibt wenig mehr, als Etihad weitgehend einzustampfen.“

Doch das ist aus politischen Gründen mehr oder weniger unmöglich. Denn Abu Dhabi wird darauf bestehen, dass nach einer Fusion ein großer Teil des Flugbetriebs in Abu Dhabi bleibt. Sonst müssten Reisende von und in das Emirat anderswo umsteigen. Einen großen Flugbetrieb in Abu Dhabi können Clark und seine Regierung in Dubai nicht hinnehmen, weil sie sonst hohe Verluste machen. Und die kann und will sich das nicht sehr wohlhabende Dubai nicht lange leisten. Doch das Minus von Abu Dhabi tragen zu lassen, kommt auch kaum in Frage. „Denn dann würde Abu Dhabi zumindest bei der Airline mitreden wollen und das kann Dubai nicht hinnehmen“, sagt ein Kenner der Region.

Dass Abu Dhabis Regierung nachgibt, ist unwahrscheinlich. Bereits jetzt ist das Verhältnis der Herrscherfamilien Al Nahyan (Abu Dhabi) und Al Maktum (Dubai) angespannt. Denn das kleine, ärmere Dubai mit seiner Mischung aus wirtschaftlicher und relativer gesellschaftlicher Liberalität ist deutlich erfolgreicher und hat ein besseres Image als das größere, reichere Abu Dhabi. Das nagt am Selbstbewusstsein der Al Nahyans. „Nachdem Etihads verkorkste Strategie Abu Dhabi schon bisher zig Milliarden Dollar gekostet hat, würde ein sang- und klangloses Verschwinden in Emirates Abu Dhabi seine einzige außerhalb der Region bekannte Marke kosten und die Herrscherfamilie endgültig wie unternehmerische Dilettanten aussehen lassen“, so ein Kenner der Region.

Neben den wirtschaftlichen Problemen durch die Etihad-Übernahme würde bei Emirates auch das Image leiden. Bisher konnte die Linie damit werben, dass sie zwar ein staatliches Unternehmen ist, aber weitgehend wie ein privates arbeitet. Das wäre nach einem Etihad-Deal vorbei. Zum einen wäre klar, dass bei Emirates am Ende doch der Staat bestimmt. Noch schlimmer jedoch: Emirates würde Subventionen brauchen. Das wiederum würde den Wettbewerbern in Europa und besonders den USA in die Hände spielen, wo Emirates gerade mit Mühe Einschränkungen durch die America-First-Politik der Regierung Trump entkommen ist. „Staatshilfen sind eine Wettbewerbsverzerrung und die können wir leichter kontern als ein überlegenes Geschäftsmodell“, so ein hochrangiger Lufthanseat.

Ob die vielen Gründe Emirates am Ende vor einer Zwangsehe schützen, bleibt abzuwarten. „Denn wenn die bisherige Geschichte von Etihad eines gezeigt hat, dann dass die Herrscher in Abu Dhabi lieber viele Milliarden verlieren, als das Gesicht“, so ein Ex-Manager.

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