Großbritannien „Eine Demütigung“ – Neue Brexit-Pässe kommen aus Frankreich

Der Brexit sollte den Briten ihre geliebten blauen Pässe zurückbringen. Der Auftrag dafür geht nun nach Frankreich – der Boulevard schäumt.

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Brexit: Auftrag für Brexit-Pässe geht nach Frankreich Quelle: Reuters

London Er ist zu einem Symbol für den Brexit geworden: Der dunkelblaue Pass des „Vereinigten Königreiches von Großbritannien und Nordirland“. Ende vergangenen Jahres verkündete die Regierung in London voller Stolz, dass der EU-Abschied Großbritannien „die einzigartige Gelegenheit gibt“, den Briten die „nationale Identität“ zurückzugeben und einen „neuen Pfad in der Welt zu beschreiten“ – und zwar dank „der Rückkehr zu dem denkwürdigen blau-goldenen Design des britischen Passes“.

Brexit-Befürworter waren begeistert, Premierministerin Theresa May bejubelte den Farbwechsel als „Ausdruck unserer Unabhängigkeit und Souveränität“. Wenige Monate später sorgt das Thema nun wieder für Schlagzeilen – und zwar keine, die bei Brexit-Freunden gut ankommen: Offenbar wird der blaue Pass in Zukunft nicht mehr auf der Insel hergestellt, sondern in Frankreich.

Bislang werden die britischen Pässe von der Firma De La Rue in Nordengland gedruckt. Das Traditionsunternehmen ist trotz seines französisch klingenden Namens seit 1821 in England ansässig und mittlerweile der größte nichtstaatliche Hersteller von Sicherheitsdokumenten und Banknoten.

Firmenchef Martin Sutherland erklärte nun öffentlich, dass seine Firma bei der Ausschreibung für den Druck der neuen Pässe den Kürzeren gezogen habe – und dass ein Konkurrent aus Frankreich den Auftrag erhalten habe: Das französisch-niederländische Unternehmen Gemalto.

Dieses hat offenbar ein deutlich günstigeres Angebot abgegeben und deswegen den Zuschlag bekommen. „Sacre bleu!“ wird diese Nachricht von der britischen Boulevard-Presse wütend kommentiert. Zwar schreibt die EU ihren Mitgliedsländern nicht die Farbe ihrer Pässe vor, doch Großbritannien hatte bei der Einführung des burgunderfarbenen Designs in der EU in den 1980er-Jahren mitgezogen.

„Ich muss mich nun vor meine Mitarbeiter stellen, ihnen in die Augen schauen und versuchen zu erklären, warum die britische Regierung es für die richtige Entscheidung hält, französische und nicht britische Pässe zu kaufen“, beschwert sich De-La-Rue-Chef Sutherland im BBC-Radio.

Und die frühere Entwicklungsministerin Priti Patel, die als lautstarke Befürworterin des Brexit gilt, empörte sich in der Boulevard-Zeitung „The Sun“, die als erstes über das Thema berichtet hatte, dass es „eine Demütigung für das Land“ sei, dass man diesen Auftrag an ein französisches Unternehmen gebe.

Auch Gewerkschaftsvertreter Len McCluskey ist entsetzt. In Frankreich hätte die Regierung eine andere Entscheidung getroffen, meint er. De La Rue sei ein Unternehmen, das in Großbritannien Arbeitsplätze schaffe – „und zwar genau solche, die von der Regierung gefördert werden sollten“.

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