Der Gesundheitskonzern Fresenius kauft für gut drei Milliarden Euro einen Großteil von Rhön-Klinikum und schafft damit einen Krankenhaus-Giganten in Deutschland. Mit dem Geschäft, das beide Konzerne am Freitag um 0.52 Uhr verkündeten, nimmt der monatelange Kampf um die Vorherrschaft am deutschen Klinikmarkt eine unerwartete Wendung. "Die Blockade ist aufgehoben - die Kuh ist vom Eis", sagte ein Beteiligter.
Fresenius war 2012 mit der Übernahme von Rhön-Klinikum gescheitert, weil sich der Konkurrenten Asklepios in letzter Minute bei der fränkischen Klinikkette eingekauft hatte. Kürzlich kündigte der Medizintechnikkonzern B. Braun an, seinen Anteil an Rhön auf über 25 Prozent aufzustocken, womit der Konzern einen Rhön-Verkauf dauerhaft hätte verhindern können. Braun und Asklepios wollten so die Schaffung eines übermächtigen Anbieters auf dem deutschen Klinikmarkt verhindern.
Die Rhön-Klinikum AG
Die Rhön-Klinikum AG beschäftigt mehr als 39.000 Ärzte, Schwester und Pflegepersonal.
Im ergangenen Jahr behandelten die Kliniken des Rhön-Verbunds rund 2,2 Millionen Patienten.
Das Unternehmen startete 1973 mit 66 Mitarbeitern. Rhön-Gründer Eugen Münch brachte das Unternehmen 1989 an die Börse. Seit 1996 ist das Unternehmen im MDax.
Die Spitzen von Fresenius und Rhön haben in den vergangenen Monaten mit ihren Juristen jedoch in aller Stille einen Plan ausgeheckt, der alle überrascht: Der Dax-Konzern übernimmt nicht den gesamten Rhön-Konzern, sondern nur den Großteil seiner Kliniken. Die Aufsichtsräte und Vorstände beider Unternehmen hätten das Geschäft bereits abgesegnet und entsprechende Verträge unterschrieben, sagte ein Fresenius-Sprecher. Eine Zustimmung der Rhön-Aktionäre sei nicht mehr nötig.
Fresenius erwirbt 43 Kliniken und 15 medizinische Versorgungszentren, die im laufenden Jahr zusammen einen Betriebsgewinn (Ebitda) von 250 Millionen Euro und einen Umsatz von rund zwei Milliarden Euro erzielen sollen - das entspricht rund zwei Dritteln der Gesamterlöse von Rhön. Fresenius legt dafür 3,07 Milliarden Euro auf den Tisch.
Rhön will sich in Zukunft vor allem auf Krankenhäuser konzentrieren, an denen Spitzenmedizin und universitäre Forschung betrieben wird. Die Basis des nun deutlich kleineren Konzerns bilden die Häuser in Bad Berka und Frankfurt/Oder, der Stammsitz in Bad Neustadt sowie die Universitätskliniken in Gießen und Marburg. Die "neue Rhön" startet mit einem Umsatz von rund einer Milliarde Euro und rund 15.000 Mitarbeitern.
Helios wird zum größten privaten Klinikbetreiber in Europa
Das Bundeskartellamt muss noch grünes Licht für das Geschäft geben. Bei bestimmten Krankenhäusern ist auch die Zustimmung der ehemaligen Eigentümer nötig, meist der jeweiligen Kommune. Fresenius will den "überwiegenden Teil der Transaktion" bis Ende des Jahres über die Bühne bringen.
Umsatz und Bettenzahl in Deutschlands Klinikketten
Umsatz: 3,2 Mrd. Euro
Betten: 23.286
Umsatz: 3,0 Mrd. Euro
Betten: 26.549
Umsatz: 2,9 Mrd. Euro
Betten: 17.089
Umsatz: 1,8 Mrd. Euro
Betten: 9678
Die Fresenius-Tochter Helios wird nach der Übernahme mit 117 Kliniken und einem Umsatz von rund 5,5 Milliarden Euro der größte private Klinikbetreiber in Europa sein. In Deutschland wird Helios als erster Anbieter ein flächendeckendes Kliniknetz betreiben und kann somit Angebote wie eine private Zusatzversicherung für gesetzlich Versicherte einführen. Damit wäre ein großer Traum von Rhön-Gründer Eugen Münch erfüllt, der den Verkauf an Fresenius vor rund zwei Jahren einfädelte.
"In Zukunft wird die Mehrheit der Menschen in Deutschland binnen einer Stunde eine Helios-Klinik erreichen können", erklärte Fresenius. Zudem will der Konzern künftig eng mit den verbliebenen Rhön-Kliniken zusammenarbeiten und ist offen, auch weitere Krankenhäuser in dieses Netzwerk aufzunehmen. Die Übernahme sei "ein bedeutender Schritt im weiteren Ausbau unseres Krankenhausgeschäfts", sagte Fresenius-Chef Ulf Schneider. Der Zukauf, der ausschließlich über Fremdkapital finanziert wird, werde sich bereits im ersten vollen Jahr nach seinem Abschluss positiv auf das Ergebnis je Aktie auswirken. Einmalaufwendungen von rund 80 Millionen Euro vor Steuern sind dabei allerdings nicht eingerechnet.
Schneider hat den Konzern aus dem hessischen Bad Homburg in den vergangenen Jahren durch zahlreiche Milliarden-Übernahmen zu einem globalen Firmenkonglomerat ausgebaut. Die in aller Öffentlichkeit gescheiterte Übernahme von Rhön-Klinikum 2012 war für ihn ein großer Rückschlag, den er aber allem Anschein nach bestens weggesteckt hat.