Bußgelder gegen Unternehmen, die zu wenig Lizenzabgaben zahlen, sind die Ausnahme. Die Hoheit dafür liegt bei den Bundesländern, doch die haben längst den Überblick verloren, wie in den Ministerien hinter vorgehaltener Hand zugegeben wird. In erster Linie profitieren Anwälte vom Wettbewerb der Dualen Systeme. Die Anbieter überziehen sich gegenseitig mit Klagen.
Grund sind vor allem die Müllmengen, die die Läden angeblich selbst zurücknehmen. Vor kurzem wettert Stefan Schreiter, Geschäftsführender Gesellschafter und CEO der DSD – Duales System Holding, die mit einem Marktanteil von 50 Prozent immer noch größter Anbieter ist: "Es wird wieder getrickst, was das Zeug hält." Es sei schon erstaunlich, was die deutschen Verbraucher angeblich alles an leeren Verpackungen in den Laden zurückbringen.
Die Menge an Verkaufsverpackungen, die laut Meldung der dualen Systeme über die Eigenrücknahme im Laden zurückgenommen werden und daher nicht am dualen System teilnehmen, hat sich in den ersten beiden Quartalen 2013 gegenüber dem Vorjahr bei Leichtverpackungen um fast 23 Prozent auf rund 51.000 Tonnen erhöht, bei Glasverpackungen sogar auf gut 28.000 Tonnen mehr als verdoppelt. Michael Wiener, CMO der Duales System Holding: "Es handelt sich um reine Buchungstricks, mit denen sich einige duale Systeme um die Übernahme von Entsorgungskosten für den Gelben Sack und die Glascontainer drücken". Während DSD 0,2 Prozent der bei ihnen lizenzierte Leichtverpackungen als Eigenrücknahme abrechnet, seien es bei den übrigen dualen Systeme im Durchschnitt 15,6 Prozent. Das sei eine " völlig absurde Größenordnung", schimpft er. Die Verpackungsverordnung lässt den Abzug der Selbstentsorger-Mengen aus dem dualen System aber ausdrücklich zu. Wiener: "Wir fordern seit Jahren von der Politik, dieses Schlupfloch endlich zu schließen.“
3. Die Verordnung verfehlt ihre Ziele
Ihr eigentliches Ziel, nämlich Verpackungsmüll zu verringern und so viele Stoffe wie möglich wieder zu verwerten hat die Verordnung verfehlt. In den ersten Jahren nach der Einführung sank die Verpackungsmenge pro Einwohner tatsächlich, mittlerweile steigt sich aber wieder. Die dualen Systeme wie Eko-Punkt, Veolia, Belland Vision usw. bieten nicht nur das klassische Lizenzsystem an, sondern auch den Abtransport und Weiterverarbeitung von Müll, den z.B. Supermärkte als Selbstentsorger sammeln. Außerdem gibt es so genannte Branchenlösungen. Ein Beispiel: Der Hersteller von Isolierschäumen in Dosen, wie sie beim Einbau von Fenstern gebraucht werden, beauftragt einen Dritten damit, Rücknahme und Wiederaufbereitung der Schaumdosen zu organisieren. Das funktioniert z.B. über den Großhandel: bestellt ein Handwerker neue Dosen, gibt er dabei die alten zurück. Diese Branchenlösungen sind in soweit sinnvoll, weil in den meisten Verpackungen noch Reste kleben, die giftig sein können und nicht im normalen Müll landen sollten. Insgesamt gibt es elf solcher Branchenlösungen - für das Bauhandwerk, Gesundheitseinrichtungen, die Landwirtschaft, Behörden, Kfz-Handwerk usw.
Jedes Unternehmen sucht nach dem kostengünstigsten Weg für die Entsorgung seines Verpackungsmülls - meist eine Mischung aus Selbstentsorgung, Lizenznahmen und Branchenlösung. Bindend ist jeweils nur die Recyclingquote, die in der Verpackungsverordnung geregelt ist. Weder das Unternehmen noch der duale Systemdienstleister haben ein Interesse daran, mehr als die vorgegeben Quote zu erfüllen. Die Quoten - zu Beginn der neuen Ordnung ehrgeizig - sind nach Meinung von Branchenkennern für den heutigen Stand der Recyclingtechnik zu niedrig.