
Eigentlich ist die Güterbahn der Deutschen Bahn eine wahre Perle. Keine andere Bahn in Europa ist größer. Die Züge, die seit diesem Jahr wieder den Namen DB Cargo tragen, verteilen Stahl, Kohle und Waren über den ganzen Kontinent. Der europäische Marktanteil der Deutschen Bahn im Gütertransport auf der Schiene liegt bei stolzen 23 Prozent. Wenn eine Güterbahn das schwierige Geschäft beherrschen sollte, dann die Deutsche Bahn, könnte man meinen.





Doch die Realität erzählt eine andere Geschichte. Die Güterbahn ist ein Sanierungsfall. Der Umsatz im Heimatmarkt Deutschland brach um mehr als drei Prozent ein, die transportierte Gütermenge gar um vier Prozent. Der operative Verlust lag bei einem Minus von 183 Millionen Euro.
Zur Erinnerung: Deutschland boomt, die Arbeitslosigkeit liegt unter drei Millionen, die Kunden der Deutschen Bahn schreiben fette Gewinne. Die Krise der Güterbahn DB Cargo ist deshalb in Wahrheit noch viel größer.
Nun will die Deutsche Bahn gegensteuern und den Turnaround einleiten. Leider sagt sie das nicht das erste Mal, doch dieses Mal soll es wirklich klappen.
Jürgen Wilder ist der Mann, auf den es ankommt. Er ist seit vier Monaten neuer Chef von DB Cargo. Bis Dezember 2015 war er noch bei Siemens, verkaufte Hochgeschwindigkeitszüge, Lokomotiven und Nahverkehrszüge in alle Welt. Er verantwortete auch den ICx, der ab 2017 die Fernverkehrsflotte der Deutschen Bahn verstärken soll. Daher kennt man sich. Nun soll der promovierte Physiker Wilder DB Cargo wieder flott machen.
Nach Informationen der WirtschaftsWoche legt Wilder nun erst einmal die Axt an. Gesund schrumpfen, lautet die Devise, um dann ab 2018 wieder Fahrt aufzunehmen. Dem Aufsichtsrat präsentierte der Vorstand nun fünf Hebel, mit denen DB Cargo wieder auf die Erfolgsspur kommen soll:
1. Robuste Netze: Die Pünktlichkeit der Züge ist heute ein Desaster. Nur magere 74 Prozent der Güterzüge waren im vergangenen Jahr pünktlich. Künftig will DB Cargo die Umläufe so optimieren, dass ein robustes Kernnetz mit Güterzügen entsteht, die störungsfrei ihre Bahnen fahren. Die neue Philosophie: Lieber kurze Pendelverkehre von A nach B statt langer Fahrten mit komplizierten Planungen. Das kennt man aus dem Luftverkehr, etwa vom Billigflieger-Primus Ryanair. Geld wird in der Luft verdient. Ein zusätzlicher Lok-Pool soll zudem kurzfristige Einsätze von Güterzügen ermöglichen.
Die wichtigsten Firmenübernahmen der deutschen Bahn
Sparte: Spedition
Deutschland 2002
Wert: 2500 Mio. Euro
Sparte: Spedition
USA 2006
Wert: 1300 Mio. Euro
Sparte: Schienenverkehr
Großbritannien 2007
Wert: 370 Mio. Euro
Sparte: Schienenverkehr
Spanien 2007
Wert: 130 Mio. Euro
Sparte: Personenverkehr
Spanien 2007
Wert: 150 Mio. Euro
Sparte: Spedition
Großbritannien 2008
Wert: 170 Mio. Euro
Sparte: Spedition
Rumänien 2009
Wert: 100 Mio. Euro
Sparte: Schienenverkehr
Polen 2009
Wert: 450 Mio. Euro
Sparte: Personenverkehr
Großbritannien 2010
Wert: 3000 Mio. Euro
Quelle: Deutsche Bahn
2. Einfache Korridore: Die Abstimmung der Disponenten, die die Güterzüge der Deutschen Bahn über das Schienennetz schieben, ist derzeit eine Katastrophe. Neun Produktionszentren gibt es heute und wenn ein Zug vom Hamburger Hafen an die österreichische oder Schweizer Grenze durchbrettern soll, stören ebenso viele Verantwortliche den reibungslosen Ablauf. Künftig sollen, so der Plan, drei Güterbahn-Korridore durch Deutschland gezogen werden. Künftig werden einzelne Züge also nicht mehr an den nächsten Regionalbereich übergeben, sondern geplant wird zentral: aus einer Hand.
3. Weniger Bahnhöfe: 215 Güterverkehrsstellen, an denen beispielsweise Waren vom Lkw auf den Zug gehoben werden, sorgten 2015 für lächerliche 0,4 Prozent des Umsatzes. Dafür verursachten sie aber enorme Kosten. Die Bahn will sich deshalb von den 215 Mini-Bahnhöfen trennen und damit von 14 Prozent der Güter-Bahnhofs-Infrastruktur. Den Umsatzverlust würde man allein schon durch die eingesparten Kosten wieder reinholen. Und überhaupt sollen die Bahnhöfe nur vorübergehend geschlossen werden. Eine Reaktivierung sei jederzeit möglich.