Handelsblatt-Test: Beste Steuerberater 2018 Digitalisierung setzt Steuerberater unter Druck

Das Handelsblatt kürt die Top-Steuerberater des Landes. Deutlich wird: Selbst die Vorreiter spüren die Zwänge der Digitalisierung.

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Als eine zentrale Hürde erweist sich die Digitalisierung. 80 Prozent der Befragten nannten sie als eine der „größten Herausforderungen für den zukünftigen Erfolg“. Quelle: plainpicture/Ramesh Amruth

Düsseldorf Vertrauen, Integrität und Diskretion – für Steuerberater sind es Kernwerte im Werben um Mandanten. Regelmäßig finden sich die Schlagwörter auf den Homepages der Kanzleien. Doch wie offen sind die Berater, wenn es um die Bewertung ihrer Leistung geht? Hier ist Transparenz gewünscht, das zeigt der Wettbewerb „Top-Steuerberater 2018“ des Handelsblatts, der eine rasch wachsende Anziehungskraft entfaltet. Von 1400 auf über 3700 hat sich die Teilnehmerzahl im Vergleich zu 2017 mehr als verdoppelt.

Eine wesentliche Änderung: Anders als im Vorjahr wurden nicht mehr nur Steuerberater aus den 30 größten deutschen Städten berücksichtigt. „Das positive Feedback der Teilnehmer und der große Zulauf haben uns dazu veranlasst, die Studie nun deutschlandweit auszurollen“, sagt Marcus Schad, Geschäftsführer des Hamburger Marktforschungsunternehmens S.W.I. Finance, das die Untersuchung durchgeführt hat.

592 Kanzleien wurden nach eingehender Prüfung als Top-Steuerberater ausgezeichnet. Doch die Studie ist mehr als ein Qualitätscheck. Neben Fragebögen über eigene Leistungen haben die Teilnehmer auch Fragen zu generellen Trends in ihrem Berufsfeld und den Rahmenbedingungen beantwortet. Dabei zeigt sich: Für Steuerberater herrscht in vielen Bereichen hoher Handlungsdruck.

Als eine zentrale Hürde erweist sich die Digitalisierung. 80 Prozent der Befragten nannten sie als eine der „größten Herausforderungen für den zukünftigen Erfolg“. Besonders mittelgroße und große Kanzleien stehen unter Druck. „Es wird zunehmend erwartet, dass die Kanzlei nahezu rund um die Uhr den Klienten zur Seite steht und innerhalb kürzester Zeit reagiert“, sagt Schad.

Auch fachlich steigen die Anforderungen durch den technischen Wandel – was zugleich neue Geschäftschancen eröffnet: „Wir sind für unsere Mandanten inzwischen auch als Digitalisierungscoach tätig und werden somit zu Gestaltern des digitalen Wandels“, sagt Harald Elster, Präsident des Deutschen Steuerberaterverbandes. Nachteile sieht Elster in Zeiten der Digitalisierung angesichts des schleppenden Breitbandausbaus in ländlichen Regionen: „Für die dort ansässigen Unternehmen und Kanzleien kommt es aufgrund technischer und administrativer Probleme häufig zu Wettbewerbsnachteilen.“

Generell beobachtet Elster eine veränderte Rolle: „Die betriebswirtschaftliche Beratung nimmt immer mehr Raum ein.“ Dazu trägt laut Marktforscher Schad neue Technik bei: „Die Kanzleien sollten sich wegentwickeln vom Deklarationsgeschäft, also der Erstellung der Buchhaltung und Steuererklärungen, da es zukünftig in hohem Maße automatisiert erfolgen wird.“ Das neue Leitbild heißt auch bei Schad Beratung von Unternehmen: „Eine weitere Strategie ist es, das Dienstleistungsangebot durch Vernetzung oder durch Zukäufe gezielt zu optimieren, um zukunftsfähig zu bleiben.“

Die Pläne für Fusionen und Übernahmen sind vielerorts schon weit gereift. So planen laut Teilnehmerbefragung in den kommenden fünf Jahren 27,5 Prozent der Sozietäten den Kauf einer anderen Kanzlei. Immerhin 12,8 Prozent erwarten einen Zusammenschluss mit einem anderen Anbieter.

„Die Konsolidierung wird nach unserer Einschätzung vergleichsweise dramatisch ausfallen“, erläutert Schad. „Der Druck steigt durch die Digitalisierung, die Beschleunigung der Prozesse, die Übernahme neuer Funktionen und wachsende Haftungsanforderungen bei Falschberatung.“ All das zwinge viele Kanzleien dazu, sich zu vergrößern oder mit anderen zusammenzuschließen. So könne man durch arbeitsteiliges Vorgehen den Entwicklungen gerecht werden.

Die durch einen Kauf oder Zusammenschluss entstandene größere Kanzlei hat für den Mandanten den Vorteil, „dass sie unterschiedliche Kernkompetenzen in einem Unternehmen abbildet“, sagt Elster. „Er bekommt so Steuerberatung mit klar abgegrenzten Schwerpunkten, betriebswirtschaftliche Beratung und häufig sogar Rechtsberatung.“

Im Einzelfall rät der Verbandspräsident zu einer gründlichen Abwägung: „Der Zusammenschluss von Kanzleien will strategisch wohlüberlegt sein und sollte personell wie auch im Dienstleistungsangebot der aktuellen wie auch der avisierten Klientel entsprechen“, erläutert Elster. Bei der Partnersuche sei auch von Bedeutung, „dass die fachlichen Grundvoraussetzungen deckungsgleich sind“.

Ein ständiger Treiber: das deutsche Steuerrecht. Es sei in seiner hohen Komplexität eine permanente Herausforderung für den Berufsstand, erläutert Elster – zumal bei Verstößen gegen geltende Gesetze steuerstrafrechtliche und haftungsrechtliche Konsequenzen für die Berater drohen. „Um den Veränderungen im Steuer- und Gesellschaftsrecht Rechnung zu tragen, muss sich der Berufsstand immer schneller fortbilden“, fordert Elster. Auch eine Spezialisierung sei oft nötig: „Der Generalist ist kaum noch in der Lage, das Steuerrecht mit seinen vielen Facetten zu überblicken und zu beherrschen.“

Marktforscher Schad sieht vor allem Probleme bei „der sachgerechten Bedienung kleinerer Mandate“. Dies werde schwieriger, denn den inhaltlich steigenden Anforderungen stehe eine hohe Preissensibilität gegenüber. Jedes Kleinstunternehmen kann heute seine Waren in die entferntesten Winkel Europas schicken – doch mit Logistik allein ist es freilich nicht getan.

Kanzleien stehen vor ökonomischen Herausforderungen, die dabei aufkommenden vielschichtigen Fragen zu beantworten. „Die wirtschaftlichen Vorgänge werden komplexer, damit nehmen die internationalen und insbesondere europäischen Vorgaben zu“, sagt Schad. „Ziel sollte es sein, das europäische Steuer- und Rechtssystem nicht nur – wie bisher – in Teilen, sondern konsequent in seiner Gesamtheit zu vereinheitlichen und zu vereinfachen.“

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