Hans-Otto Schrader Darum will der Otto-Chef "Hos" genannt werden

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"Wir setzen für jede Zielgruppe auf die passende Form der Ansprache..."

Junge Kunden erreichen Sie damit nicht.
Dass der Otto-Hauptkatalog nicht darauf abzielt, Digital Natives zu gewinnen, also die jungen Kunden, die mit dem Internet groß geworden sind, ist allen klar. Wir setzen für jede Zielgruppe auf die passende Form der Ansprache, vorwiegend online, teils über Kataloge und teils auch über Shops. Nehmen Sie Collins ...

... Ihre Onlineplattform, die mehrere Modeshops wie About You und Edited umfasst ...
... dort setzen wir sehr stark auf den Einkauf zunehmend über Smartphones. Das funktioniert so gut, dass wir jetzt richtig Gas geben. Collins wird bald die Marke von 100 Millionen Euro Umsatz überschreiten und kräftig weiter wachsen. Es gibt Ideen für zusätzliche Shops, die wir an die Plattform andocken können. Zudem stehen uns viele europäische Länder offen, um das Konzept auszurollen. Der Einkauf via Smartphone gehört aber auch bei anderen Otto-Group-Gesellschaften zu den Topthemen.

Ein anderer Trend ist die immer schnellere Lieferung von Waren, teils innerhalb weniger Stunden nach Bestellung. Bei Otto bekomme ich Bestellungen frühestens am nächsten Tag. Warum sind Sie so spät dran?
Sicher, Schnelligkeit ist wichtig, und auch wir experimentieren etwa über unsere Beteiligungsgesellschaft Liefery bei unserer Tochter Sportscheck mit der Lieferung am gleichen Tag. Aber momentan ist das sogenannte Same-Day-Delivery noch ein Nischenthema, und ich glaube nicht, dass sich das schnell ändert. Für die meisten Kunden ist es weniger entscheidend, ob ein T-Shirt heute oder morgen ankommt – schon gar nicht, wenn dafür extra Lieferkosten anfallen. Wichtiger ist es, präzise zu wissen oder im besten Fall selbst zu bestimmen, wann genau die Bestellung wo ankommt. Wir wollen künftig unseren Kunden die Möglichkeit geben, in den laufenden Prozess einzugreifen und zum Beispiel den Liefertermin für die neue Waschmaschine kurzfristig von 16 auf 20 Uhr zu verschieben, wenn etwas dazwischenkommt. Nach all dem, was wir von den Kunden wissen, ist das ein stärkerer Trend als die Lieferung am gleichen Tag.

Ihr Rivale Amazon sieht das anders und investiert massiv in Same-Day-Delivery. Zudem liebäugelt der US-Gigant mit dem Einstieg ins Paketgeschäft. Geht bei Ihrem Tochterunternehmen Hermes schon die Angst um?
Nicht einmal Sorge. Nach allem betriebswirtschaftlichen und logistischen Verständnis kann ich mir nicht vorstellen, dass Amazon in Deutschland eine autonome Paketlogistik aufbaut. Das Problem sind die enormen Bestellspitzen etwa zur Oster- und Weihnachtszeit. Wenn ein Onlinehändler diese Spitzen selbst abdecken will, wird das irrsinnig teuer. Also wird Amazon weiter die Kooperation mit starken Partnern wie Hermes suchen.

Die beliebtesten deutschen Händler

Aber nicht mehr in dem Ausmaß wie bisher.
Amazon und Hermes arbeiten seit Jahren gut zusammen, und Amazon-Gründer Jeff Bezos hat mir persönlich gesagt, wie beeindruckt er von der Zustellquote ist, die er in Deutschland mit Hermes hinbekommt, also der Zahl der Sendungen, die beim ersten Zustellversuch ankommen. Warum sollte er auf dieses Qualitätslevel verzichten? Für uns ist Amazon bei Logistik und Zustellung ein wichtiger Kunde und kein Konkurrent.

Dann rechnen Sie nicht mit Einbrüchen im kommenden Jahr?
Wir gehen 2016/17 von einem konzernweiten Umsatzzuwachs von rund vier Prozent aus, und wir werden unser Ergebnis deutlich steigern.

Hilft Ihnen die Konjunktur?
Der Einzelhandel profitiert derzeit von der guten Beschäftigungslage in Deutschland. Auch das niedrige Zinsniveau und die gesunkenen Energie- und Benzinkosten nutzen dem Handel, weil ein Teil der eingesparten Summe ausgegeben wird. Auch in einzelnen Regionen wie den USA läuft es wieder rund. Dort werden wir in diesem Jahr rund 1,5 Milliarden Euro Umsatz erzielen, ein Plus von rund 30 Prozent. Perspektivisch hat die Otto Group damit einige sehr gute Jahre vor sich.

Mit Ihnen als Chef?
Mein Vorstandsvertrag läuft bis Ende 2016. Die Entscheidung, wie es danach weitergeht, werden der Aufsichtsrat unter Vorsitz von Dr. Michael Otto und ich im Mai treffen.

Nennt Herr Otto Sie eigentlich auch Hos?
(lacht) Wir sind noch beim Sie. Ich kann das auch sehr gut nachvollziehen. Als Inhaber ist er in einer anderen Rolle als ein angestellter Manager. Eine gewisse Distanz ist da für alle Seiten durchaus hilfreich.

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