




Vor einem Jahr war sich Hapag-Lloyd-Chef Rolf Habben Jansen selbst noch nicht sicher, ob ihm dieses Kunststück gelingen würde: Zum ersten Mal seit 2010 verdient Deutschlands größte Reederei auch unter dem Strich wieder Geld. Das Jahr 2015, konnte Habben Jansen verkünden, hat Hapag-Lloyd mit einem Jahresergebnis von 114 Millionen Euro abgeschlossen. Ein Jahr zuvor stand an der gleichen Stelle noch ein dickes Minus von 604 Millionen Euro in der Konzernbilanz.
Rolf Habben Jansen, der vor rund zwei Jahren als Erneuerer zu Hapag-Lloyd gekommen war, hat damit die Erwartungen bereits übertroffen. Er hat bei der Hamburger Reederei aufgeräumt. Doch die Krise überwunden hat Hapag-Lloyd deshalb noch lange nicht. Und alleine wird die Reederei das wohl auch nie schaffen. Habben Jansen muss deshalb nun unter seinen vielen Konkurrenten die richtigen Bündnispartner auswählen.
Denn die Schifffahrtsbranche befindet sich in einer weltweiten Notlage. Die Transportpreise stürzen seit Monaten regelmäßig auf immer neue Rekordtiefen. Viele Schiffe pendeln zwischen Asien und Europa, ohne damit Geld zu verdienen. Hapag-Lloyd gehört zu den drei Reedereien, die sich in diesem Umfeld in den vergangenen Monaten noch am besten gehalten haben. Doch die sich immer weiter verschlechternde Situation hat mittlerweile zu einer Übernahme-Manie geführt. Vielen Reedereien geht es so schlecht, dass sie sich einen Käufer suchen müssen.
Einflussreiche Großaktionäre
Klaus-Michael Kühne hat seine Milliarden mit seinem Speditionsriesen Kühne und Nagel verdient. Der gebürtige Hamburger ist in der Finanzkrise als Retter bei Hapag-Lloyd eingestiegen, vor dem Börsengang hielt er 20,8 Prozent. Beim Börsengang kaufte er noch mal Aktien im Wert von 27,5 Millionen Euro. Kühne hat sich mit der Stadt Hamburg und CSAV zu einem Aktionärspool zusammengeschlossen. Die drei Großaktionäre haben sich verpflichtet, in den nächsten Jahren gemeinsam die Mehrheit an Hapag-Lloyd zu halten.
Andronico Luksic Craig wurde durch die Fusion der chilenischen Reederei CSAV mit Hapag-Lloyd zum größten Aktionär der Reederei. Der Chilene stammt aus einer der reichsten Familien Südamerikas. Über seine Holding Quienco kontrolliert er CSAV, denen vor dem Börsengang 34 Prozent der Hamburger Reederei gehörten. CSAV hat im Rahmen des Börsengangs weitere Aktien für 27,5 Millionen Euro gekauft.
Die Stadt Hamburg hielt vor dem Börsengang 23,2 Prozent der Anteile an Hapag-Lloyd. Die Stadt sprang der traditionsreichen Reederei in der Krise bei und hat sich verpflichtet, einer der Ankeraktionäre zu bleiben.
Das Reiseunternehmen Tui war bis 2008 Alleineigentümer von Hapag-Lloyd. Der Reiseriese will sich aber von seinen Anteilen an der Reederei trennen und hat deshalb auch auf den Börsengang gedrängt. Vorher gehörten dem Unternehmen rund 14 Prozent der Anteile, von denen sich Tui aber nun zum Teil trennen will. Tui ist außerdem Eigentümer der Kreuzfahrtlinie Hapag-Lloyd, die mittlerweile aber nichts mehr mit der Reederei zu tun hat.
Aus diesem Grund haben die Franzosen von CMA CGM gerade erst den Konkurrenten NOL aus Singapur übernommen. In China formen die beiden chinesischen Reedereien Cosco und China Shipping eine neue Mega-Reederei, wohl auch auf Befehl der Regierung in Peking. Und in Südkorea könnte die beiden Reedereien Hyundai und Hanjin das gleiche Schicksal ereilen.
Hapag-Lloyd hat in dieser Gemengelage bisher bemerkenswert still gehalten. Vor zwei Jahren übernahmen die Hamburger die chilenische Reederei CSAV. Als dieses Jahr die Singapurer NOL und die Südkorea Hanjin verzweifelt nach einem Käufer Ausschau hielten, lehnte Hapag-Lloyd ab. „Wir werden uns nur an dieser Konsolidierung beteiligen, wenn sich dafür eine geeignete Gelegenheit bietet“, sagt Habben Jansen. Doch wie diese Gelegenheit aussehen soll , dazu schweigt er bisher. „Wir haben es nicht eilig“, sagt er.
Die Allianzen der Reedereien
Der Name der Allianz "CKYHE" setzt sich aus den Anfangsbuchstaben der Namen der Mitglieder zusammen: Das ist die Cosco Shipping Line aus China, die japanische K-Line, Yang Ming aus Taiwan, die koreanische Hanjin und die taiwanische Reederei Evergreen, fünftgrößte Reederei der Welt.
In der Allianz "2M" haben sich die beiden größten Reedereien der Welt zusammengeschlossen, die dänische Maersk Line und die Schweizer MSC. Damit hat 2M nicht nur die meisten Marktanteile, sondern auch die größten Schiffe. Die Allianz verfügt alleine über 25 Mega-Containerschiffe mit einer Kapazität von mehr als 18.000 Standardcontainern.
Eigentlich wollten die beiden Reedereien gemeinsam mit der drittgrößten Reederei, der französischen CMA CGM, die Mega-Allianz "P3" gründen. Doch die chinesischen Kartellbehörden legten ihr Veto gegen dieses Bündnis ein.
Einer der Partner der Allianz G6 ist Hapag-Lloyd, die größte deutsche Reederei. Sie kooperiert mit den japanischen Reedereien MOL und NYK, der Orient Overseas Container Line (OOCL) aus HongKong, der Hyundai Merchant Marine (HMM) mit Sitz in Südkorea und der singapurischen NOL. Ein Mitglied wird das Netzwerk aber wahrscheinlich bald verlieren: NOL soll vom französischen Konkurrenten CMA CGM übernommen werden. Aus G6 wird dann vielleicht G5.
Nach dem die geplante Mega-Allianz P3 am Widerstand der Chinesen platzte, schuf sich CMA CGM ein neues Netzwerk: Die Franzosen, drittgrößte Reederei der Welt, kooperiert mit China Shipping (CSCL) und der arabischen Reederei United Arab Shipping Agency Company (UASC). Gemeinsam besitzen die Reedereien aktuell sieben Mega-Schiffe, sieben weitere sind geordert. Auch die Schiffe der singapurischen NOL will CMA CGM nach der Übernahme in die Allianz integrieren.
Doch ganz richtig ist das nicht. Denn die Fusionen lassen nicht nur die Großen der Branche immer größer werden – sie wirbeln auch die Allianzen durcheinander, die die Reeder in den vergangenen Jahren geschlossen haben. In diesen Kooperationen planen die Reedereien gemeinsam die Routen und den Einsatz ihrer Containerschiffe. Diese Dienste können dann alle Kooperationspartner mit der Ladung ihrer Kunden füllen. So können die Reeder ihre Kapazitäten besser steuern und letztlich auch bessere Margen erzielen.
So ist Hapag-Lloyd mit fünf weiteren Konkurrenten Teil der Allianz G6. Doch NOL steigt mit der Übernahme durch CMA CGM aus. Und auch Hyundais Schicksal steht noch nicht fest. Eine G4-Allianz allerdings könnte zu klein sein, um sich noch gegenüber den großen des Marktes zu behaupten. „Die Allianzen werden durchgeschüttelt“, sagt Habben Jansen.
Besonders die Franzosen CMA CGM bemühen sich fleißig, neue Bündnisse zu schmieden. Als Nummer drei der Branche wollten die Franzosen ursprünglich eine Mega-Allianz P3 mit den Branchenersten Maersk und MSC bilden. Als die chinesischen Kartellbehörden diesen Plan stoppten, schlossen sich Maersk und MSC zur Kooperation 2M zusammen. CMA CGM blieb außen vor. Nun wollen die Franzosen mit den fusionierten chinesischen Reedereien Cosco und China Shipping zusammenarbeiten.
Das könnte auch für Hapag-Lloyd eine Chance sein. Allerdings ist CMA CGM nach Hapag-Lloyd der größte Kunde am Hamburger Hafen. Folglich gäbe es dort viele Überschneidungen. „Im Moment redet jeder mit jedem“, sagt Habben Jansen. Nur 2M erteilt er eine Absage. „Das würde keinen Sinn ergeben“, sagt er. In einem Bündnis mit der Nummer Eins und Zwei der Branche wären die Hamburger auch als fünftgrößte Reederei der Welt nur Juniorpartner. Einige Wochen hat Habben Jansen noch Zeit, sich für einen Partner zu entscheiden. „In zwei bis drei Monaten“, verspricht er, „werden wir darüber mehr Klarheit haben“.