Hapag-Lloyd Warum der Börsengang der Reederei gut tut

Hapag-Lloyd stolperte an die Börse: Die Reederei wurde ihre Aktien kaum los. Trotzdem ist der Börsengang ein gutes Zeichen für das Unternehmen – allein schon, weil er die Macht der übereifrigen Großaktionäre einschränkt.

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Mit dem Läuten der Glocke feiert Reederei-Chef Rolf Habben Jansen den Börsengang von Hapag-Lloyd. Quelle: dpa

Von einem Erfolg mag bei diesem Börsengang niemand sprechen: Deutschlands größte Reederei Hapag-Lloyd stolperte eher an die Börse, als dass sie ging. Weil die Preise für Containertransporte auf Rekordtiefs verharren, blieben die Investoren skeptisch. Hapag-Lloyd musste seinen Anlegern weit entgegenkommen, um die Aktien überhaupt los zu werden: Sie verschob den Börsengang um eine Woche nach hinten, verlängerte die Zeichnungsfrist und senkte auch den Ausgabepreis der Aktien von 23 bis 29 auf nur noch 20 Euro. Der Reederei brachte das am Ende nur 300 Millionen Dollar ein, statt der ursprünglich angepeilten halben Milliarde.

Zu einem großen Teil ist Hapag-Lloyd für die Schwierigkeiten selbst verantwortlich: Der Zeitpunkt für den Börsengang ist katastrophal. Gerade erst hatte die weltgrößte Reederei Maersk seine Aktionäre gewarnt, dass der Gewinn wegen der unterirdischen Transportpreise in diesem Jahr nur 600 Millionen Euro weniger betragen wird als geplant. Von den Problemen ist auch Hapag-Lloyd betroffen. Ohnehin befindet sich die Reederei im Gegensatz zu Maersk erst seit zwei Quartalen wieder in der Gewinnzone. Reederei-Chef Rolf Habben Jansen hat damit auch seine eigene Vorgabe verletzt: Eigentlich wollte er erst nach drei bis fünf guten Quartalen den Schritt an die Börse wagen.

Einflussreiche Großaktionäre

Und trotzdem muss es für Habben Jansen ein Moment der Befreiung gewesen sein, als er heute Morgen in Frankfurt die Börsenglocke läutete. Der Reederei tut der Börsengang gut. Nicht nur, weil sie mit dem eingesammelten Geld neue Schiffe und Container kaufen kann. Sondern auch, weil der Börsengang dem Vorstandschef ein wenig mehr Freiheit verschafft. Denn mit der Börsennotiz nimmt der Einfluss der bisher übermächtigen Großaktionäre ab: Rund 20 Prozent der Aktien befindet sich in Streubesitz. Auch wenn das nicht viel ist, ist es ein Schritt in die richtige Richtung.

Börsengang im dritten Versuch

Denn Hapag-Lloyd hat zu viele Einflussnehmer, die die Reederei in ihre Richtung zerren wollen: Da ist der Reiseriese Tui, einstiger Alleineigentümer, der sich heute eigentlich nur schnellst möglich von seinen Anteilen trennen möchte. Da ist die Stadt Hamburg, die in der Finanzkrise der Traditionsreederei beisprang und sich nun politisch wahrscheinlich noch Jahrzehnte lang dafür verantworten muss. Da ist der Speditionsmagnat Klaus-Michael Kühne, ebenfalls Helfer in der Not für die Reederei, der in seiner Exzentrik wahrscheinlich nur noch von dem chilenischen Milliardär Andronico Luksic Craig übertroffen wird. Er war Großaktionär der chilenischen Reederei CSAV, die mit Hapag-Lloyd fusionierte. Nun fordert er auch bei den Hamburgern seine Mitspracherechte als Großaktionär ein.

Der Chilene soll eine der treibenden Kräfte zum Börsengang der Reederei gewesen sein. Für Hapag-Lloyd war es bereits der dritte Versuch, nach dem der Reisekonzern Tui bereits zweimal dabei gescheitert war, die Reederei an die Börse zu führen. Der Reiseriese muss jetzt genau wie die Stadt Hamburg wegen des niedrigen Aktienpreises Millionen an Abschreibungen hinnehmen. Immerhin hofft die Stadt Hamburg und auch Klaus-Michael Kühne im Gegensatz zu Tui immer noch darauf, dass die Reederei die Kurve kriegen kann und zumindest mittelfristig auch wieder eine Dividende zahlen könnte – auch wenn Kühne die Reederei dazu gerne noch vorher mit anderen Konkurrenten verschmelzen würde.

Die Börsenkandidaten für den Herbst
ABN AmroDie Privatisierung der niederländischen Großbank ABN Amro droht zum Verlustgeschäft für die Regierung zu werden. Sie teilte am Dienstag mit, 23 Prozent der Anteile an den Markt bringen zu wollen. Die Aktien würden dabei Investoren für jeweils 16 bis 20 Euro angeboten. Auf Basis dieser Preisspanne hat die Bank einen Wert von 15 bis 18,8 Milliarden Euro. Auf dem Höhepunkt der weltweiten Finanzkrise 2008 wurde ABN Amro allerdings mit Steuergeldern in Höhe von mehr als 22 Milliarden Euro verstaatlicht. Quelle: AP
Match (Tinder / Friendscout24)Die Mutterfirma der Dating-Portale Tinder und OKCupid will bei ihrem anstehenden Börsengang mindestens 400 Millionen Dollar einnehmen. Das Unternehmen Match.com, zu dem auch FriendScout24 in Deutschland gehört, setzte die Spanne für den Aktienpreis auf 12 bis 14 Dollar fest, wie aus dem aktualisierten Börsenprospekt hervorgeht. Zusammen mit einer sogenannten Mehrzuteilungsoption für die betreuenden Banken könnte der Börsengang insgesamt knapp 537 Millionen Dollar schwer werden. Match.com kam zuletzt auf 59 Millionen aktive Nutzer im Monat, von denen 4,7 Millionen zahlende Kunden sind. Die Firma gehört zum Internet-Konzern IAC, der auch nach dem Börsengang die Kontrolle mit einem Anteil von mehr als 80 Prozent behalten will. Match.com verdiente in den ersten neun Monaten dieses Jahres rund 85 Millionen Dollar - fast 15 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Der Umsatz wuchs binnen eines Jahres um 16 Prozent auf knapp 753 Millionen Dollar. Quelle: dpa
Hapag-LloydDer Schifffahrtskonzern Hapag-Lloyd hat seinen Börsengang mit letzter Kraft geschafft. Die angebotenen Aktien seien für 20 Euro je Stück verkauft worden, teilte das Unternehmen am Dienstagabend (3.11.) mit. Das ist das untere Ende der bereits gesenkten Preisspanne von 20 bis 22 Euro. Zuvor hatte Hapag noch 23 bis 29 Euro haben wollen. Der angepeilte Bruttoemissionserlös von 300 Millionen US-Dollar wurde wegen der angehobenen Aktienzahl dennoch erreicht. Neben den von ursprünglich 11,5 auf 13,2 Millionen Anteilscheinen erhöhten Zahl an neuen Papieren wurden auch knapp 2 Millionen Aktien aus dem Bestand des Alteigentümers Tui verkauft. Die beiden Kernaktionäre Kühne und CSAV beteiligten sich mit je 30 Millionen Dollar an der Kapitalerhöhung. Der erste Handelstag für die Aktien im regulierten Markt (Prime Standard) der Frankfurter Börse ist für Freitag (6.11.) vorgesehen. Quelle: dpa
ABN AmroDie niederländische Großbank hat offenbar alle Genehmigungen für einen Börsengang beisammen - und könnte noch im vierten Quartal 2015 den Sprung aufs Parkett schaffen. ABN Amro zählt zu den drei größten Banken der Niederlande und musste im Zuge der Finanzkrise 2008 verstaatlicht werden. Die niederländische Regierung will nun 15 bis 25 Prozent der Bank über die Börse verkaufen. Damit steht ein weiterer Milliarden schwerer Börsengang an: Der Buchwert der ABN Amro soll bei 15,6 Milliarden Euro liegen. Quelle: REUTERS
Börsengang von Ferrari an der New Yorker Wall Street Quelle: AP
SteilmannDer Modehersteller und -händler Steilmann backt bei seinem Börsengang mangels Nachfrage kleinere Brötchen. Statt bis zu 98 Millionen Euro begnügt sich das Unternehmen aus Bergkamen nun mit einem Erlös von 50,3 Millionen Euro, wie Steilmann am 22. Oktober 2015 mitteilte. Das Aktienangebot wird auf 14,4 Millionen von bis zu 19,55 Millionen Papiere verkleinert, der Preis dafür auf 3,50 Euro festgesetzt. Das liegt am unteren Ende der bis zu 5,00 Euro reichenden Spanne. Die Steilmann-Papiere können noch bis zum 29. Oktober. Am 3. November sollen sie erstmals an der Frankfurter Börse gehandelt werden. Steilmann will mit dem Erlös vor allem den italienischen Finanzinvestor Equinox bei der Billigmodekette Adler herauskaufen und dort allein die Mehrheit übernehmen. Quelle: dpa/dpaweb
Poste ItalianeItaliens Regierung will die staatliche Post an die Börse bringen und damit eine Milliardensumme einnehmen. Die Aktien sollen nach Aussage von Geschäftsführer Francesco Caio am 26. oder 27. Oktober erstmals an der Börse gehandelt werden.  Der Börsengang der Poste Italiane soll dem Staat bis zu 3,7 Milliarden Euro einbringen, wie das Finanzministerium in Rom mitteilte. Der Staat will so etwas weniger als 40 Prozent der Post privatisieren. Es wäre der größte Börsengang in Italien seit 1999. Quelle: PR

In dem Geflecht aus Interessen und Machtkämpfen fällt es schwer, eine Reederei zu führen. Dabei steht Hapag-Lloyd vor genügend Herausforderungen: Noch ist nicht absehbar, dass die Frachtraten wieder steigen. Und die Hamburger Reederei hat schlechtere Kostenstrukturen, weil sie kleinere Schiffe besitzt als ihre Konkurrenten. Nur mit geschickter Kooperation mit der Konkurrenz und neuen Ideen hat Reedereichef Rolf Habben Jansen überhaupt eine Chance, sich in diesem Markt zu behaupten. Auf Machtkämpfe mit dem Aufsichtsrat kann er dabei verzichten.

Durch den Börsengang sinkt zumindest auf dem Papier der Einfluss der Großaktionäre, die nun nur noch rund 80 Prozent der Anteile an Hapag-Lloyd halten. Vielleicht bringt er auch mehr Transparenz in die verkrusteten Strukturen der Reederei. Vielleicht wird dadurch aus der traditionsbehafteten Reederei ein internationaler Konzern - der zum ersten Mal auch so geführt werden könnte.

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