Der ADAC habe eine Stellungnahme abgegeben, teilte die Sprecherin auf Anfrage der WirtschaftsWoche nun mit, das Gericht habe inzwischen eine ergänzende Stellungahme angefordert, auf die man derzeit warte. „Inhaltlich kann ich derzeit zum laufenden Verfahren nichts sagen“, erklärte die Sprecherin, das gelte auch für die voraussichtliche Verfahrensdauer.
Registergericht entscheidet wichtigste Zukunftsfrage
Vom Ausgang des Verfahrens hängt für den Autofahrerclub viel ab. Der ADAC ist zwar kein gemeinnütziger Verein, doch auch als so genannter Idealverein genießt er Privilegien. „Er darf zum Beispiel die Mitgliedsbeiträge steuerfrei vereinnahmen“ erklärt Rechtsanwalt Thomas Dehesselles von der Kanzlei Sonntag & Partner, ein Steuerrechtsspezialist, der zudem mit ähnlichen Konstruktionen wie dem ADAC bestens vertraut ist – er beriet zahlreiche Fußballvereine bei der Ausgliederung ihrer Profimannschaften in Kapitalgesellschaften.
Exakt diese grundsätzliche Struktur hat auch der ADAC: Ein eingetragener Verein als Mutter, der über Tochterfirmen – beim ADAC sind sie in der ADAC Beteiligungs- und Wirtschaftsdienst GmbH als Holding gebündelt – wirtschaftlich tätig ist. Dort sind zum Beispiel das Versicherungsgeschäft und die Autovermietung angesiedelt.
Diese Grundstruktur sieht Dehesselles durch die laufende Prüfung des Amtsgerichts beim ADAC nicht gefährdet. „Der Bundesgerichtshof hat diese Frage schon einmal beleuchtet“, sagt Dehesselles, „das Urteil ist zwar schon von 1982, aber immer noch maßgeblich. Die damalige Rechtsprechung hat Vereinen diese Möglichkeit ausdrücklich überlassen.“ Bisher könne er keine Anzeichen für eine Änderung der Rechtauffassung erkennen. „Der Rechtsprechung ist auch bewusst, was für ein Fanal sie setzen würde, wenn sie einen Verein zwingen würde, seine Tochtergesellschaften zu verkaufen.“ Konsequenterweise müssten dann alle Vereine mit Töchtern dazu gezwungen werden – was weitreichende Folgen hätte. Auch das Rote Kreuz, die Arbeiterwohlfahrt oder etliche Sportvereine mit Profimannschaften etwa haben Tochterfirmen.
Kann der ADAC Idealverein bleiben?
Für den ADAC viel entscheidender als die Wirtschaftstöchter ist die Frage, wie das Amtsgericht München die Tätigkeit des Muttervereins bewertet – der hat nicht alle seiner Aktivitäten in die Wirtschaftstöchter ausgelagert. Er investiert sein Geld in Hilfeleistungen wie Pannenhilfe, Luftrettung und Notrufzentralen, in den Mitgliederservice (Betreuung, Geschäftsstellen, Telefonservice), den Bereich Information mit der Clubzeitschrift Motorwelt sowie in den Motorsport.
„Als Idealverein darf der ADAC nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ausgerichtet sein“, erklärt Rechtsanwalt Tobias Grambow von der Kanzlei Buse Heberer Fromm in Berlin, der regelmäßig in vereinsrechtlichen Fragen berät. „Ein Idealverein soll nicht Waren oder Dienstleistungen am Markt anbieten und er soll nicht gewinnorientiert agieren. Stattdessen soll er den in der Satzung festgelegten ideellen Zwecken dienen, etwa der Förderung des Sports oder der Kultur.“
Das Registergericht muss nun also zum Beispiel die Frage klären, ob eine Tätigkeit wie die Pannenhilfe ideellen Zwecken dient oder ob sie doch eher eine Versicherungsleistung ist – und somit nicht mit dem Status als Idealverein vereinbar. Die Abgrenzung ist keineswegs trivial. „Auch die wirtschaftliche Interessenvertretung kann ideelle Tätigkeit sein“, sagt Grambow, „die meisten Industrie- und Wirtschaftsverbände sind Idealvereine. Entscheidend ist, dass ein Verein nicht wie ein Unternehmen am Markt auftritt.“
In seiner Satzung hat der ADAC diverse ideelle Zwecke genannt, die Förderung des Kraftfahrwesens etwa, des Motorsports, des Tourismus, der Verkehrssicherheit oder der Luftrettung. Relevant ist dabei nicht nur, was in der Satzung steht, sondern auch die tatsächlich betriebene Tätigkeit.