Hauptversammlung Marseille Kliniken - kann hier jemand rechnen?

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Sprengstoff für die Hauptversammlung

Dubiose Deals - Marseille-Vorstand Thanheiser hat Geschäfte mit der Familie reduziert Quelle: Presse

Allerdings ist die Liste der Deals, die unter Punkt 12.9 „Beziehungen zu nahestehenden Personen und Unternehmen“ aufgeführt werden, immer noch fast genauso lang wie zuvor. Darunter finden sich viele fragwürdige Geschäfte und jede Menge Sprengstoff für die Hauptversammlung in der kommenden Woche.

Vor elf Jahren erhielt Estella-Maria Marseille von der MK AG einen Kredit, um sich mit sechs Prozent an der Karlsruher-Sanatorium AG (Kasanag) zu beteiligen, die vor allem Reha-Kliniken betreibt. Einen weiteren Kredit bekam sie, um mit sechs Prozent beim Reha-Betreiber Mineralquelle Waldkirch Verwertungsgesellschaft einzusteigen. Den Rest der Anteile hielt jeweils die MK AG. Weil Frau Marseille die Kredite weder tilgte noch Zinsen zahlte, schuldete sie der MK AG Mitte 2012 knapp 3,144 Millionen Euro. Da Thanheiser ihr die Anteile im vergangenen Geschäftsjahr für 3,140 Millionen Euro abkaufte, konnte sie ihr Engagement fast ohne Verlust beenden.

Absurde Rechnungen

Die Kaufsumme ist jedoch ungewöhnlich hoch. So teilt der Vorstand der MK AG im Geschäftsbericht 2010/11 mit, dass ihr Kasanag-Anteil einen Wert von 29,4 Millionen Euro hat. Nach dieser Rechnung dürfte der Sechs-Prozent-Anteil von Estella-Maria nur knapp 1,9 Millionen Euro wert sein. Das wird durch eine Berechnung an anderer Stelle im Geschäftsbericht bestätigt. Dort heißt es, dass das Darlehen an Frau Marseille den Wert ihrer Kasanag-Anteile übersteigt. Bei der Berechnung wurde ihr Anteil ebenfalls mit knapp 1,9 Millionen Euro bewertet. Die Klinikkette hat ihr aber 2,2 Millionen Euro gezahlt.

Die Marseille Kliniken wollten dies weder erklären noch zu anderen Fragen der WirtschaftsWoche Stellung nehmen. In einer E-Mail von Thorsten Mohr und Farid Kanbari, beide Prokuristen der MK AG, heißt es: „In der Sache stellen Sie eine ganze Reihe von Feststellungen auf, die nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen. Wir widersprechen Ihren Ausführungen ausdrücklich.“ Welche Feststellungen und Ausführungen aus dem Fragen-Katalog gemeint sind, wird nicht erläutert.

Noch absurder ist, dass die AG für die sechs Prozent von Frau Marseille an der Mineralquelle Waldkirch Verwertungsgesellschaft 940.000 Euro gezahlt hat. Die hat zwischen Mitte 2008 und Mitte 2011 insgesamt vier Millionen Euro verbrannt. Der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag zum 30. Juni 2011 liegt bei 7,5 Millionen Euro. Aus dem Umfeld der MK AG heißt es, dass Frau Marseille vom damaligen Vorstand gebeten worden sei, einen kleinen Anteil an den Unternehmen zu erwerben, weil das steuerlich vorteilhaft für die AG war. Es sei nicht zumutbar, dass sie im Gegenzug für Verluste einstehen müsse.

Kann hier jemand rechnen?

Damit nicht genug der Eigentümlichkeiten: Vor einigen Jahren zerstritten sich der MK-Konzern, Marseille sowie ihm nahestehende Unternehmen mit einem Architekten. Die Sache landete vor Gericht. 2008 kam ein Vergleich zustande: Der Architekt sollte 162.000 Euro erhalten. Zunächst sei die Summe von einem Unternehmen aus dem Dunstkreis der Marseille-Familie bezahlt worden, heißt es im Geschäftsbericht. Erst jetzt seien davon 108.000 Euro an die MK AG weiterbelastet worden.

Das ist eigenartig. Wenn die MK AG tatsächlich in der Pflicht gewesen wäre, die Kosten aus dem Rechtsstreit zum Großteil zu übernehmen, warum fordert Ulrich Marseille die Summe erst vier Jahre später von dem Unternehmen ein? Wäre die Forderung berechtigt und von Marseille zuvor schon eingefordert worden, hätte sie in früheren Geschäftsberichten ausgewiesen werden müssen. Die Forderung taucht allerdings erstmals im Bericht 2011/12 auf.

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