Heftig.co-Gründer Glöß und Schilling "Wir klauen nicht, wir kuratieren"

Michael Glöß und Peter Schilling, die Gründer des Boulevard-Internet-Portals Heftig.co, setzen auf 25- bis 45-jährige weibliche Medienmuffel, Rührstorys mit Happy End und umgehen Google.

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Peter Schilling (l) und Michael Glöß Quelle: Werner Schüring für WirtschaftsWoche

WirtschaftsWoche: Herr Glöß, Herr Schilling, Sie sind die Gründer eines Shootingstars im deutschsprachigen Internet. Was ist Heftig.co eigentlich – eine Katzenbilder-Maschine, ein Inhalte-Räuber oder gar die neueste Form des Internet-Journalismus?

Glöß: Nein, ihr Journalisten könnt euch wieder beruhigen. Heftig bedroht nicht eure Existenz. Wir betreiben keinen Journalismus, sondern sind Teil einer Medienrevolution. Was wir hier erleben dürfen, ist der aufregende digitale Strukturwandel in der Medienindustrie. Heftig.co ist hier vielleicht ein Pionier, aber es werden noch viele andere digitale Formate kommen, die die Medienlandschaft umgestalten werden.

Der Schmus, den die Yellow-Press- und Boulevard-Portale verbreiten, reicht nicht?

Glöß: Hier geht es nicht um Trash. Hier sollte man auch nicht so auf die Menschen herabblicken. Manchmal habe ich das Gefühl, dass sich die Journalisten doch sehr weit von der Lebenswelt ihrer Kunden entfernt haben und sich oft über ihre eigentlichen Brötchengeber erheben. Tatsache ist aber, dass der klassische Journalismus und sogar die deutschen Boulevardmedien Millionen von Menschen gar nicht erreichen. Und seitdem sogar die „Bild“-Zeitung so betulich und staatstragend geworden ist, öffnen sich neue Räume, die andere nicht bedienen.

Was sagen Sie zu dem Vorwurf, Sie seien nur ein Klon amerikanischer Herz- und Schmerz-Portale wie Upworthy, Viralnova und BuzzFeed?

Glöß: Wir sind kein Klon! Wir haben verschiedene Plattformen analysiert und dann ganz unterschiedliche Eigenschaften herausgearbeitet, die besonders gut funktionieren. Und diese kombinieren wir dann so, dass sie im deutschen Markt funktionieren. Das ist unser eigener, originärer und innovativer Ansatz.

Aber viele Ihrer Inhalte stammen gerade von jenen ausländischen Portalen. Was sagen Sie zum Vorwurf, Sie würden deren Inhalte stehlen?

Schilling: Wir klauen nicht, wir kuratieren. Das bedeutet: Wir suchen Bilder und Videos, die Nutzer bereits anderswo im Internet der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt haben. Wir durchforsten das ganze Internet, um die besten Storys herauszufiltern, die zu Heftig.co passen.

Ist Heftig.co., böse gesagt, trotzdem nicht eine Parasiten-Web-Site, die andere Internet-Portale aussaugt?

Glöß: Sie haben eines nicht verstanden: Wir befinden uns längst in der Share-Economy. Das sollte nicht nur auf den Podien der Medienkongresse diskutiert, sondern auch mal im digitalen Alltag akzeptiert werden. Unseren leichtfüßigen Posts sieht man die Arbeit nicht an, die drin steckt. Die Storys liegen oft stundenlang unter der Lupe, werden hin und her gedreht, Überschriften verändert, getestet, Bilder ausgetauscht und wieder getestet. Die Beiträge werden so im höchsten Maße auf das Teilen getrimmt. Man nennt das auch Maximum Shareability. Erst nach diesen aufwendigen Testverfahren stellen wir sie auf unsere Web-Seite.

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