Helden contra Corona #32 „Das Fahrrad ist ein Gewinner der Corona-Pandemie“

Markus Storck Quelle: imago images

Vom Boom des Zweirads profitiert der Bikehersteller Storck aus dem südhessischen Idstein. Das Unternehmen ist bisher mit einem blauen Auge davon gekommen und arbeitet fast wieder im Normalbetrieb.

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Das Kaufverhalten der Konsumenten hat sich in den Monaten der Corona-Pandemie verändert, hat Storck-Chef Markus Storck festgestellt. Weil die Fahrradläden geschlossen waren, hätten die Kunden sehr schnell auf den digitalen Einkauf über das Internet umgestellt. „Wir haben das zwar auch schon vor der Coronakrise andeutungsweise festgestellt, aber der Trend hat sich deutlich verstärkt“, sagt Storck. Im März und April seien online zwei- bis dreimal so viele Aufträge eingegangen wie im Vorjahr. „Im Mai, und da hatten schon viele Geschäfte wieder offen, hatten wir bis zur Monatsmitte ebenfalls wieder einen viermal so hohen Auftragseingang wie im Vorjahreszeitraum.“ Auch die Besucherzahlen im Web-Shop seien dramatisch gestiegen, sie liegen laut Storck schon eine ganze Weile im sechsstelligen Bereich. „Das ist für uns natürlich sehr erfreulich.“

Die Entscheidung von Storck, seine E-Bikes, Rennräder und Mountainbikes künftig nicht mehr über viele Fahrradhändler zu verkaufen, kommt dem Unternehmen heute zugute. Vor knapp zwei Jahren stellte der 55-Jährige das Vertriebsmodell radikal um. Er ließ die Verträge mit den meisten seiner 170 Fachhändler auslaufen und setzte stattdessen nur noch auf ein Dutzend Partner, eigene Läden und mehr Präsenz im Internet. Mittlerweile betreibt Storck drei Flagship-Stores in Düsseldorf, München und in Idstein. Am 4. Juli soll ein Geschäft in Wertheim eröffnen. Zwar haben sich die Bauarbeiten durch die Corona-Krise etwas verzögert, aber Storck ist zuversichtlich, den Eröffnungstermin halten zu können.

Storck sieht mehrere Gründe für das starke Wachstum seiner Firma. Zum einen komme der Zulauf der Kunden natürlich nur, wenn man gute Produkte anbieten könne. Soll heißen: In den vergangenen Monaten wurde eine ganze Reihe von Fahrrad-Testberichten veröffentlicht, bei denen Storck-Bikes durch die Bank gut oder sogar als Testsieger abgeschnitten hatten.

Hinzu kommt: „Durch den Lockdown und die Schließung der Fahrradläden, die ja fast überall nur Reparaturen und Service machen durften, blieb den Kunden kaum etwas anderes übrig, als sich Bikes online anzuschauen und zu bestellen“, sagt Storck. Allerdings, und das freue ihn umso mehr, lege Storck auch in den eigenen Läden seit der Wiedereröffnung extrem zu. „Und ich rede hier nicht von kleinen Umsatzzuwächsen, sondern von einer Verdopplung der Erlöse im Store.“

Storck ist sich sicher: Das Fahrrad ist ein Krisenprofiteur. Zum einen trage die Ungewissheit dazu bei, ob es in diesem Jahr einen Sommerurlaub geben werde. Das gesparte Geld würden offenbar nicht wenige Menschen dann eben in den Kauf eines Rennrades oder Elektrobikes stecken. Und das aus Storcks Sicht völlig zu Recht: „Die Lebensqualität auf einem Fahrrad ist eben sehr hoch.“

Hinzu komme ein verändertes Verhalten im Bereich der Mobilität. „Wenn ich die Strecke von daheim in die Firma mit dem Fahrrad bewältigen kann, dann mache ich das in diesen Zeiten und gehe öffentlichen Verkehrsmitteln wie Bus oder Bahn aus dem Weg.“

Natürlich ist auch bei Storck nicht alles eitel Sonnenschein. Im Januar und Februar, als der Lockdown in China sämtliche Zulieferer und Fabriken des Fahrradherstellers lahmlegte, gab es keine Warenlieferungen aus Asien mehr. „Das waren schon megaharte Monate.“ Darunter habe das Unternehmen teilweise auch im März und April noch gelitten.

Darüber hinaus sind Storck in den vergangenen Monaten auch immer wieder Exportmärkte in Thailand, Malaysia oder Korea zusammengebrochen. „Diese Ausfälle konnten wir zum Glück durch den digitalen Direktverkauf an den Konsumenten nahezu auffangen.“ Geholfen habe auch das staatliche Instrument der Kurzarbeit, das Storck für eines der besten Hilfsmittel hält, die man in einer Volkswirtschaft haben kann. „Ich kann meine Mitarbeiter behalten und muss sie nicht kündigen.“ Über einen Zeitraum von rund acht Wochen hatte Storck etwa Mitarbeiter aus dem internationalen Vertrieb, der Versandabteilung und dem Einkauf in Kurzarbeit geschickt. Mittlerweile seien jedoch fast alle Mitarbeiter wieder im Normalbetrieb.

Unter dem Strich sei Storck mit einem blauen Auge davongekommen. Sollte sich die Situation weiter normalisieren und weitere Infektionswellen ausbleiben, rechnet der Storck-Chef bis zum Jahresende sogar mit einem leichten Umsatzplus in 2020.


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