„Jetzt entsteht die nächste große Generation an Start-ups“, sagt Dirk Kanngiesser, Geschäftsführer des German Accelerators, einem Programm, das deutschen Gründern bei der Eroberung des US-Marktes hilft. Der 58-jährige Investor war während des ersten Internet-Booms zur Jahrtausendwende Mitglied einer Taskforce der Deutschen Börse, die den Neuen Markt aufbaute. Nun will Kanngiesser der neuen Gründergeneration zur Börsenreife verhelfen. Vor zwei Jahren startete das vom Bundeswirtschaftsministerium mit jährlich rund einer Million Euro finanzierte Beschleunigungsprogramm im Silicon Valley, in diesem Monat hat ein Ableger in New York eröffnet. Die Gründer bekommen für drei bis sechs Monate Büroräume gestellt. Bei Bedarf geben Silicon-Valley-Veteranen Ratschläge, wie Investoren am besten überzeugt werden können, oder vermitteln Kontakte.
Start-up
Der German Accelerator unterstützt deutsche Start-ups beim Gang in die USA und stellt Büros in San Francisco, Palo Alto und New York zur Verfügung, Geld gibt es nicht. Zweimal jährlich werden bis zu 16 Gründer ausgewählt, zuletzt gab es dafür 60 Bewerbungen.
Gründung: 2012
Bislang Geförderte Start-ups: 41
Förderdauer: 3–6 Monate
Nächste Bewerbungsfrist: 27. 8. 2014
Mehr: germanaccelerator.com
Einer von Kannegießers aktuellen Schützlingen in Palo Alto ist Sebastian Klenk. Der Manager leitet die Auslandsexpansion des Nürnberger Datenbankspezialisten Exasol. Der Softwareentwickler hat eine besonders schnelle Datenbank entwickelt, mit der Unternehmen wie Adidas, Xing oder Zalando ihre Kundendaten speichern und analysieren. 40 Millionen Euro nahm das 75 Mitarbeiter zählende Unternehmen damit 2013 ein.
Klenk hat ein Büro in einem unscheinbaren Flachbau an einer Ecke der University Avenue bezogen, die direkt zur Stanford-Universität führt. Neben seinem Schreibtisch steht ein Darth-Vader-Pappaufsteller – die „Star Wars“-Figur haben seine Vorgänger stehen lassen, als sie das Büro räumten.
Die wichtigste Lektion speichern die Teams im Accelerator schon mit dem WLAN-Passwort: Thinkbig100. Das fällt nicht schwer. Denn die Spuren erfolgreicher Internet-Helden sind hier so allgegenwärtig wie Kirchen in europäischen Metropolen. In der Mittagspause etwa geht Klenk gern zu einem fünf Minuten entfernten Sandwichladen an der University Avenue: „Dort gegenüber war das erste Büro von Facebook“, sagt Klenk. Das stimmt zwar nicht ganz, Facebook hatte sein Büro einige Türen weiter, dafür wurde in dem gelbgrünen Haus 2005 Google gegründet. Später zog der Bezahldienst PayPal ein.
Klicks für die Datenbank
Wie seine großen Vorbilder zielt Exasol inzwischen auch auf internationale Kunden. Im vergangenen Jahr konnte beispielsweise der durch seinen Börsengang bekannte Smartphone-Spielehersteller King.com gewonnen werden. Das britische Unternehmen nutzt die Datenbank für sein beliebtes Spiel Candy Crush. „Jeder Klick bei Candy Crush landet in unserer Datenbank“, sagt Klenk stolz.
Mit Brigitte Zypries im Silicon Valley
In den USA taten sich die Deutschen bislang schwer, Hauptkonkurrent Oracle hat hier ein Heimspiel. Die ersten drei Monate seien ziemlich schwierig gewesen, sagt Klenk, inzwischen entwickele sich das Geschäft aber ziemlich gut. Bei zwei Kunden, darunter einem großen Forschungsinstitut, laufen derzeit Testinstallationen. Zur Akquisition des Instituts hatte ihm sein Mentor geraten: Wenn Exasol die Forscher als Referenz gewinnen könnte, würde das auf dem US-Markt alle Türen öffnen. „Ich kannte das Institut zwar, aber dass die so wichtig sind, war mir nicht bewusst“, sagt Klenk. „Durch die Unterstützung des Accelerators kann man bestimmte Situationen besser einschätzen.“
Jörg Bienert hat da schon mehr Erfahrung. Der Kölner war 2012 einer der ersten Teilnehmer des Accelerator-Programms. Auch Bienert hat mit seinem Unternehmen Parstream eine Technologie für Big-Data-Analysen entwickelt. Das Deutsche Klimarechenzentrum nutzt das Programm zur Vorhersage von Hurrikans, der multinationale Rohstoffriese Rio Tinto analysiert damit mögliche Lagerstätten von Bodenschätzen. Im Vorjahr nahm Parstream damit 2,2 Millionen Euro ein.
Wie wichtig der US-Markt für das Unternehmen ist, zeigt der jüngste Chefwechsel: Parstream hat den erfahrenen amerikanischen Marketingspezialisten Peter Jensen angeheuert, der den Job von Mitgründer Michael Hummel übernimmt und das US-Geschäft ankurbeln soll. Die Entwicklung bleibt aber in Köln und wird von Hummel als Technikchef geleitet. Bienert kümmert sich weiter um das Tagesgeschäft.