Hightech-OP-Säle Operieren wie am Fließband

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Die Patientenvorstellung


Medizin Top, Design Flop - welche Branche am Besten verdient
Wer beruflich mit Farben, Rastern etc. zu tun hat, der bekommt seine Tätigkeit relativ moderat vergütet. Das Einstiegsgehalt im Bereich Grafik/Design beträgt 31.742 Euro. Quelle: Fotolia
Wer Sprach- und Kulturwissenschaften studiert hat, der verdient beim Einstieg etwas mehr als der Designer, nämlich 32.930 Euro. Quelle: dpa
Sie haben Gesellschafts- und Sozialwissenschaften studiert? Dann liegt Ihr Einstiegsgehalt etwas über dem Gehalt der Kollegen von den Kulturwissenschaften. In der Regel werden Sie im Durchschnitt mit 34.120 Euro vergütet. Quelle: dpa
Wer beruflich den Lehren des großen Psychoanaltikers Sigmund Freud nachgeht, reiht sich in der Gehaltsskala vor den Geisteswissenschaftlern ein. Das Einstiegsgehalt der Psychologen liegt bei 39.000 Euro. Quelle: dpa
Im Bereich der Wirtschaftswissenschaften (BWL/VWL) liegt das Einstiegsgehalt bei 41.584 Euro. Damit liegen die Ökonomen knapp... Quelle: dpa
Die Welt der Formeln, Zahlen und der Bits and Bytes wird minimal besser bezahlt. Das Einstiegsgehalt der Mathematiker und Informatiker liegt bei 43.926 Euro. Quelle: dpa
... hinter den Ingenieurwissenschaftlern, die ihren Berufseinstieg mit 43.590 Euro vergütet bekommen. Quelle: dpa

2. Oktober, 15.00Uhr: Eveline Hollstein stellt sich in der Acqua-Klinik vor

Im ersten Moment fühlt sie sich dort eher „wie in einem Hotel“, sagt sie. Die Gründerzeitvilla im Leipziger Musiker-Viertel wirkt nicht wie ein Krankenhaus. Wo bis 1945 die Verlegerfamilie Baedeker lebte, stehen heute Empfangsdamen mit blauen Kostümen und gelben Halstüchern an einem langen, dunklen Holztresen.

Auch wenn sie aussehen wie Stewardessen: Was sie tun, ist die klassische Arbeit von Sprechstundenhilfen – auf hohem technologischem Niveau: Sie pflegen Patientendaten und Bildmaterial aus Voruntersuchungen in die hauseigene Datenbank ein. Und zwar so, dass die Informationen jederzeit von jedem Untersuchungs- und Behandlungszimmer aus verfügbar sind. Das ist in vielen Kliniken allenfalls ein Traum. Dort laufen Patienten meist noch mit analogen Ausdrucken durch das Haus.

15.10 Uhr: Hollstein betritt den Untersuchungsraum.

Hier wird klar, worum es trotz betont entspannter Atmosphäre mit Ledersesseln und Kunstwerken in der Acqua-Klinik geht: Die Patientin ist in einem High-Tech-Medizin-Cockpit gelandet, dem sogenannten Diagnostic Deck.

Wie im Flugzeug-Cockpit sind sämtliche Geräte und Kontrolllampen übersichtlich und ergonomisch angeordnet, der Arzt kann alles auf Armeslänge erreichen.

Als junger Chirurg habe er die Mathematikkollegen noch belächelt, die ihm von Prozessführung vorschwärmten und behaupteten, dass sich auch medizinische Eingriffe und Operationen standardisieren ließen wie die Arbeit an einem Fließband. „Das konnte ich mir damals nicht vorstellen“, sagt Strauß. Heute setzt er darauf.

Schon hier im Untersuchungsraum sind alle Geräte und Diagnoseeinheiten auch auf die Operationstechnik abgestimmt, sodass die Ärzte die Daten anschließend nahtlos in den OP-Saal übernehmen können. Die Geräte sind identisch. So hat Strauß für die Untersuchung auch ein Endoskop zur Hand. Mit dem flexiblen Glasfaserrohr kann er in Nase und Stirnhöhlen der Patientin schauen. Eveline Hollstein schaut mit. Auf einem Flachbildschirm sieht sie die Bilder, die erklären, woher ihre Schmerzen kommen.

Die Medizin-Nobelpreisträger der vergangenen zehn Jahre


Am 30. Oktober – vier Tage vor dem Eingriff – hat die Patientin noch einen Termin in der Klinik. Sie spricht mit dem Narkosearzt und sieht sich einen Videofilm an, der ihr den Ablauf der Operation erläutert. Vier Tage später bringt Joachim Hollstein seine Frau morgens in die Klinik. Die Mitarbeiterinnen bringen sie auf ihr Zimmer – mit Parkettboden, antikem Beistellschränkchen, Bonbons und Empfangskärtchen am Bett. Das ungewöhnlichste Detail: die Videokamera an der Decke. Damit können Empfangsmitarbeiter und Narkoseärzte nach den Patienten schauen, sowohl vor der OP als auch in der Aufwachphase.

Über das Videosystem sehen die Sprechstundenhilfen auch, wie weit die Patientin ist – und melden es digital in den Operationssaal, den Aufenthaltsraum und direkt an die Ärzte. Operateur Strauß sieht auf dem Flachbildschirm an der Wand, dass er noch Zeit für eine Tasse Kaffee hat.

„Wir wissen jederzeit, wie wir im Zeitplan liegen“, sagt Strauß. Nichts sei teurer als verschwendete OP-Saal-Zeit, weil Teams sich verspäten. „Das ist tatsächlich in vielen Kliniken ein Problem“, bestätigt Tobias Möhlmann, Partner bei McKinsey und Leiter des McKinsey Hospital Instituts. Gerade wenn unterschiedliche Fachabteilungen in einem OP operierten, klappten die Übergaben selten reibungslos. Strauß kommt in den beiden Operationssälen der Acqua-Klinik dagegen auf eine fast optimale Auslastung von 70 Prozent.

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