
In seinem ersten Interview als Vorstandschef des Baukonzerns Hochtief war Frank Stieler noch optimistisch. Zwar hatte der vergebliche Kampf gegen die feindliche Übernahme durch den spanischen Bauriesen ACS im Unternehmen für viel böses Blut gesorgt. Reihenweise warfen enttäuschte Manager die Brocken hin.
Doch bald wollte Stieler seinen ersten Erfolg feiern, den Verkauf der Hochtief Airport (HTA) mit Beteiligungen an sechs Flughäfen, darunter denen in Düsseldorf, Hamburg und dem australischen Sydney. „In den kommenden Wochen“ sei das Geschäft unter Dach und Fach, sagte der 52-Jährige Mitte Oktober der WirtschaftsWoche. Da lag er gründlich daneben.

Pessimismus bei Hochtief
Nicht nur, dass es bis Jahresende keinen Abschluss gab. Auch die Ansage, der Verkauf werde stattdessen ganz sicher 2012 realisiert (Stieler: „Das wird uns gelingen.“), ist – vorsichtig ausgedrückt – extrem optimistisch.
Zwar lassen Sprecher durchblicken, es werde noch verhandelt. Doch ein hochrangiger Insider berichtet, die Gespräche der Hochtief-Anwälte mit den letzten verbliebenen Interessenten – dem französischen Baukonzern Vinci und dem chinesischen Mischkonzern HNA – stünden vor dem Scheitern. „Im Hochtief-Management gibt es in Sachen Airport-Verkauf nur noch Pessimisten und Total-Pessimisten“, berichtet der Insider: „Die einen sagen: Das Geschäft ist kaum noch zu retten. Die anderen sagen: Es ist bereits tot.“
100 Millionen Euro Konzernverlust
Ein Scheitern wäre für Stieler dank seiner verfrühten Erfolgsbotschaften eine Blamage. Die bis zu 1,5 Milliarden Euro, die der Hochtief-Chef dem Vernehmen nach aus dem Verkauf erwartet, braucht der Konzern unter anderem für Investitionen in sein neues Geschäftsfeld, den Bau von Offshore-Windkraftwerken. Die Essener müssen wegen des ausbleibenden Geldsegens für 2011 sogar einen Konzernverlust von rund 100 Millionen Euro ausweisen.
Zudem erwartet Großaktionär ACS aus den erhofften anderthalb HTA-Milliarden eine Sonderausschüttung, mit der er seine hohe Verschuldung herunterfahren kann. Auch dieser Plan geht ohne Airport-Verkauf nicht auf. „Schön ist das nicht“, gab Stieler kurz vor Weihnachten zu, ACS sei über die Verzögerung „nicht erfreut“.
Stieler entschuldigt die stockenden Verhandlungen bisher damit, große Transaktionen seien „im jetzigen Kapitalmarktumfeld schwieriger geworden“. Das sehen Branchenexperten anders. „Die Bieter würden das Geld schon zusammenkriegen, nur ist ihnen wohl der Preis zu hoch“, sagt ein hochrangiger Manager eines deutschen Großflughafens.
Durch seine frühe Festlegung, das Geschäft sei so gut wie unterschrieben, so der Hochtief-Insider, habe Stieler seine Verhandlungsposition verschlechtert: „Der Druck, den Abschluss zu erreichen, liegt dadurch bei Hochtief.“