
Für Köln-Reisende hat das Hotelportal Booking.com ein Sonderangebot: Eine Nacht im Designhotel Savoy am Hauptbahnhof kostet am kommenden Wochenende 360 Euro, 70 Euro weniger als beim Rivalen HRS. Das Pikante daran: Das Hotel gehört der Familie von HRS-Chef Tobias Ragge.
Der Vorzugspreis für die Konkurrenz zeigt: Deutschlands Vorzeigeunternehmen im Onlinereisegeschäft steckt in seiner ersten Krise. International war das Kölner Hotelportal schon immer klein, nur in 18 Ländern ist HRS mit eigenen Büros vertreten. Nun jedoch rutscht auch das bisher erfolgreiche Geschäft im Stammland Deutschland ab: Bei Urlaubern ist der einstige Branchenprimus mit rund einem Drittel Marktanteil nur noch Nummer zwei nach dem Rivalen Booking. Der kontrolliert nach Schätzungen des Hotelverbands IHA mehr als die Hälfte des deutschen Marktes.
Die Urlaubs-Trends 2015
Laut einer Umfrage des Marktforschungsinstituts GfK hat die Bedeutung von Katalogen leicht abgenommen. Demnach nutzen nur noch gut ein Drittel der Urlauber Reisekataloge, um sich über Angebote zu informieren. Das Internet ist für 45 Prozent das Urlaubs-Recherche-Tool. Glaubt man einer Analyse von Google und TUI, gilt das sogar für satte 80 Prozent aller Reisebuchungen.
Ganz persönlich auf die eigenen Bedürfnisse zugeschnitten - so wollen immer mehr Deutsche urlauben, so das Ergebnis der GfK-Umfrage. Demnach sind Zusatzleistungen wie der Privattransfer zum Hotel, individuelle Ausflugserlebnisse oder die Wahl zwischen verschiedenen Flugklassen für Reisende immer wichtiger und werden häufiger nachgefragt.
Auch wenn Individualität von vielen geschätzt wird, so machen es setzen die Deutschen trotzdem gerne auf eines: die All-Inclusive-Reisen. Laut GfK wuchs diese Urlaubsform weiter leicht - damit wird ein Trend der vergangenen Jahre fortgesetzt. Mittlerweile seien 24 Prozent aller Flug- und Autoreisen, die über ein Reisebüro oder einen Reiseveranstalter gebucht wurden, All-Inclusive-Reisen, so der Bericht.
Familien sind mehr unterwegs - ob mit dem Auto oder dem Flugzeug. Laut GfK ist der Familienanteil bei beiden Reisetypen, die über ein Reisebüro oder einen Reiseveranstalter gebucht wurde, überproportional gestiegen. Allein im Vergleich zur vergangenen Saison 2013/14 stieg die Zahl der Buchungen um 20 Prozent an.
Reisen im Luxussegment werden ebenfalls höher nachgefragt, so die GfK. Demnach werden besonders hohe Zuwächse bei Haushalten mit höherem Einkommen, sprich ein Haushaltsnettoeinkommen größer als 4000 Euro, mehr nachgefragt.
Und nun attackiert die Tochter des US-Onlineriesen Priceline die Kölner auch im Geschäft mit Firmenkunden. „Wenn Booking mit seiner Finanzkraft in das Geschäftskundensegment stößt, hat HRS kaum eine Chance“, warnt der Schweizer Tourismusforscher Roland Schegg. Zugleich drängen Onlineriesen wie Expedia und Airbnb auch in Ragges drittes Feld: die Vermittlung von Ferienwohnungen.
HRS ist ein kleiner Player gegenüber der Konkurrenz
Wie kann ein Mittelständler mit nur 200 Millionen Euro geschätztem Umsatz da mithalten? Das Priceline-Universum, zu dem auch die Flugsuchmaschine Kayak zählt, hat 60 Milliarden Dollar Börsenwert. Noch ist Ragge optimistisch. „Die Unternehmen gehen dorthin, wo die Märkte boomen. Und da müssen wir vor Ort sein“, sagt der 39-Jährige. Vor sieben Jahren hat er den Chefposten vom Vater Robert übernommen. Die Mitarbeiterzahl ist seitdem von 330 auf 1500 gestiegen, auch dank Zukäufen wie Hotel.de oder zuletzt dem Tagungsportal Meetago. Auch in den vergangenen Jahren sei der Umsatz nach Angaben des Unternehmens im zweistelligen Prozentbereich gewachsen.





Branchenkenner allerdings haben Zweifel, ob HRS solche Wachstumsraten in Zukunft halten kann. „Doch Riesen wie Priceline oder Expedia hat das Unternehmen wenig entgegenzusetzen“, mahnt ein Manager einer großen europäischen Hotelkette. „HRS hat die Internationalisierung verschlafen.“
Ragge schiebt die Schuld für seinen Abstieg auf das Bundeskartellamt. Das hatte HRS seine Bestpreisklausel verboten. Damit hatte das Portal allen Vertragshotels verboten, Zimmer auf ihrer eigenen Webseite billiger als bei HRS anzubieten. Während HRS nun auf die Klausel verzichte, so Ragge, nutzten Booking und Expedia sie weiter. „Ich weiß nicht, was die Schlafmützen vom Kartellamt noch alles prüfen müssen, der Markt hat sich ja nicht geändert. Das ist für uns ein gravierender Nachteil“, sagt Ragge.