Hotel-Übernahme Chinas neue Macht im Bettenbusiness

Im Bieterkampf um die Starwood Hotels sind chinesische Investoren der US-Kette Marriott unterlegen. Trotzdem werden Unternehmen wie Jin Jiang, BTG oder Huazhu die Zukunft des Hotelgewerbes prägen – auch in Europa.

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China Hotel Shangri-La Quelle: PR

Irgendwann heute Nachmittag platzt wohl endgültig der Plan von Xiaohui Wu die Hotelbranche gründlich durcheinander zu wirbeln. Eigentlich wollte der Chef der chinesischen Versicherungsgruppe Anbang nach bekannten Häusern wie dem legendären Waldorf Astoria in New York den US-Hotelriesen Starwood mit seinen Marken Sheraton oder Westin übernehmen.

Doch heute ab 16 Uhr deutscher Zeit werden wohl die Aktionäre von Starwood die Übernahme durch den USA-Konzern Marriott beschließen. Damit entsteht dann der mit Abstand größte Bettenkonzern der Welt mit gut einer Million Zimmern, den die Branche bereits scherzhaft nach den Namen der Fusionspartner „Marwood“ nennt.

„Das wäre eine Zeitenwende gewesen“, sagt Russell Kett, Chef der führenden Hotel-Beratungsgesellschaft HVS mit Sitz in London. Immerhin war der gescheiterte mit einem Volumen von fast 14 Milliarden Dollar der bislang größte Versuch eines chinesischen Unternehmens eine bekannte westliche Marke zu übernehmen und der erste, sich eine echte Konsum-Ikone einzuverleiben.

von Jacqueline Goebel, Rüdiger Kiani-Kreß, Claudia Tödtmann

Doch der Schritt ist nur verschoben. Nun kommt das neue Zeitalter eben später, glaubt Thomas Mangas. „Wie ich die erlebt habe, bleiben die dran“, beschreibt der Starwood-Chef seine chinesischen Partner Anbang, mit denen er am Ende eines fast ein Jahr dauernden Bieterwettstreits um die Sheraton-Mutter verhandelte.

Und Anbang sind nicht die einzigen Investoren aus dem bevölkerungsreichsten Land der Erde mit Interesse sich ganz oben in die Spitze der der Branche kaufen zu wollen, glaubt Kett. „Der nächste Deal mit einem Investor aus China ist eine Frage der Zeit.“ So waren laut den bei Unterlagen, die Starwood bei der US-Börsenaufsicht einreichte, unter den insgesamt elf Bietern, auch weitere Interessenten aus dem Reich der Mitte.

Welche genau, geht aus den SEC-Unterlagen freilich nicht hervor, doch klar ist: „Gesellschaften aus China sind die neue Macht in der Hotellerie“, glaubt Stephan Gerhardt, Chef der Münchner Treugast und in der Bettenbranche gleichermaßen als Berater wie als Investor tätig. Laut den Schätzungen von Marktforschern wie MKG oder Hotel News Now dürften bereits Ende dieses Jahres – neben den Europäern Intercontinental Hotels und Accor sowie fünf US-Unternehmen – mit Jin Jiang, Huazhu und BTG mindestens drei chinesische Gesellschaften unter den weltgrößten Übernachtungskonzernen rangieren. Im Jahr 2013 war es noch keine Einzige.

Dafür sorgt das atemberaubende Wachstum der Hoteliers aus Fernost. Zwar steigerten auch die anderen Konzerne wie Hilton oder Best Western die Zahl ihrer Schlafplätze um teilweise das Doppelte in den vergangenen zehn Jahren. Doch die heute als Huazhu firmierende ehemalige China Lodging und Jin Jiang habe ihre Größe seit 2010 jeweils mindestens verfünffacht. Und sie lassen nicht nach. „Wir werden auch in diesem Jahr um mehr als ein Viertel zulegen“ verspricht William Cai, Verkaufs- und Marketing-Chef bei Jin Jiang. Und in den kommenden Jahre sollen die Wachstumsraten kaum kleiner werden.

Der Grund sind die fast idealen Voraussetzungen für die Bettenriesen aus China.

Drei Gründe für Chinas Hotel-Erfolg

1. Viel Geld

Wie der Rest der Branche haben die Hotelkonzerne aus China viel Geld. Der Großteil ist selbst verdient „Die vergangenen drei Jahren waren so ziemlich die besten, die das Übernachtungsgewerbe je hatte“, so Experte Gerhardt. Die wachsende Weltwirtschaft sorgte für mehr Geschäftsreisende und der zunehmende Wohlstand der Mittelschicht und insbesondere wohlhabende Pensionäre ließen das Touristikgeschäft zunehmen.

Mit der Nachfrage stiegen nicht nur die Zimmerpreise, sondern mehr noch die Ausgaben der Reisenden während ihrer Aufenthalte im Hotel. Zwar drehen selbst wohlhabende Touristen beim Kauf eines Flugtickets mehr oder weniger jeden Cent um und auch bei den Hotels sorgen Buchungsportale wie Booking.com für einen enormen Preisdruck. Doch am Ende knausern die Reisenden bei den Übernachtungen deutlich seltener und investieren dass bei der Anreise gesparte Geld gern, wenn die Häuser Atmosphäre oder eine gute Lage bieten und lassen sich auch bessere Zimmer oder reichlich Extras wie Restaurants und Wellnesspakete gerne etwas kosten.

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Wo das nicht reichte, halfen den Größen der Branche die historisch niedrigen Zinsen. Und weil die meisten Hotelgesellschaften mehr oder weniger große Beteiligungen des Staates haben, sind die Finanzierungskosten noch niedriger als bei Marriott oder anderen US-Riesen. „Damit rechnen sich auch Neubauten und größere Übernahmen, die vielen früher zu riskant gewesen wären“, so Gerhardt.

2. Solides Geschäft

Dabei läuft das Geschäft für die Schlafindustrie aus Fernost besonders gut. Zum einen wächst der auch ohne Übernahmen hohe Umsatz der China-Hoteliers noch etwas stärker als im Rest der Branche. Dafür sorgt vor allem das Inlandsgeschäft. Zwar legt die Wirtschaft des Landes nicht länger mit den gewohnten gut sieben Prozent zu. Doch auch die verbleibenden sechs Prozent sind mehr als in den meisten anderen Ländern der Welt.

Dazu legt die Herbergsindustrie stärker zu als die Industrie und kommt so auf ein Plus von fast zehn Prozent. Das ist weit über dem Branchenschnitt. Davon profitieren zwar auch die Bettengiganten aus dem Ausland wie Wyndham oder Choice, die im Land mit hunderten neuen Häusern aktiv sind. Doch wie in allen Branchen müssen sie in der Regel eng mit einheimischen Konzernen kooperieren.

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Darüber hinaus profitieren die Hotelkonzerne aus China mehr als ihre Wettbewerber aus Übersee auch von der wachsenden Zahl an Auslandsreisenden in ihrer Heimat. Laut einer Übersicht des auf das Duty-Free-Geschäft an Flughäfen spezialisierten Informationsdienstes Moody Davitt Report stammt in diesem Jahr nicht nur fast jeder Zehnte der weltweit gut 1,2 Milliarden Auslandsreisende aus China. „Weil der Großteil aus einer wohlhabenden Erbengeneration stammt, geben sie im Schnitt mehr aus als andere und sind bereit für einen auf chinesische Bedürfnisse zugeschnittenen Service mehr zu zahlen“, so Moody-Davitt-Chef Mike Moody. „Das gilt auch für Hotels.“

Chinas Hotelkonzerne lernen schnell dazu

Und so sehr sich westliche Konzerne auch auf die Bedürfnisse der Chinesen eingestellt haben: weil die Reisenden Unternehmen aus ihrer Heimat hier mehr trauen als Best Western & Co, haben chinesischen Konzerne wie Jin Jiang gleich mehrere europäische Gesellschaften übernommen wie Golden Tulip oder Louvre Hotels.

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Aber Jin Jiang & Co haben auch beim Herbergshandwerk deutlich dazu gelernt. Auch wenn sie Staatsbetriebe sind arbeiten sie längst ähnlich effizient wie ihre Konkurrenz aus dem Westen. Dafür sorgt nicht nur die eigene Erfahrung. Weil die westlichen Bettenriesen bei ihren Kooperationen in China nicht nur die Erträge, sondern notgedrungen auch das Wissen teilen müssen, haben Huazhu und andere ebenso dazu gelernt wie die Unternehmen bei Bau von Autos und Maschinen.

3. Gelegenheiten

Was die Hotelbranche für Investoren aus China schließlich besonders verlockend macht, ist das Übernahmen hier deutlich weniger politische Probleme verursachen als anders. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Expansion von Unternehmen aus dem Reich in Hightech-Branchen im Westen vergleichsweise kritisch gesehen werden.

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Grund ist die Furcht in den USA oder der EU vor einer zu großen Marktmacht bei für die westliche Wirtschaft unverzichtbaren Produkten sowie dass die Unternehmen wie etwa im Stahlgeschäft westliche Konzernen mit Dumping-Preisen das Leben schwer machen. Darum durfte etwa der niederländische Elektronikkonzern Philips seine Lumileds genannte Leuchtdiodensparte im vergangenen Jahr dem Vernehmen nach auf Druck der US-Regierung nicht an die chinesischen Investoren geprägte Go Scale Capital verkaufen. Hotels hingegen gelten als unkritisch.

Somit werden Herbergskonzern aus China bald zum Alltag gehören und sich weiter große Ketten einverleiben, glaubt Berater Kett und schließt selbst eine Übernahme der Intercontinental Hotels (IHG) nicht aus, die Ende 2014 noch weltgrößte Gruppe waren. „Anbang kann selbst IHG fressen wenn es denen nach dem Starwood-Deal so erst ist wie es scheint.“

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