
Auf den ersten Blick zeigt sich IAG-Chef Willie Walsh auch im Geschäftsleben als typischer Ire: hellwach, rauflustig und mit Bindung an seine alte Heimat. Immerhin ist der 53-Jährige aus Dublin mit Abschluss an der Oberschule Ardscoil Rís gerade auf dem besten Weg, mit der Muttergesellschaft von British Airways (BA) seinen alten Arbeitgeber Aer Lingus zu übernehmen. Nachdem die irische Regierung bereits zugestimmt hat, muss nur noch Ryanair seinen Anteil von knapp 30 Prozent veräußern. Tatsächlich stehen die Chancen gut und Walsh ist kurz davor, ein langjähriges Ziel zu vollenden.
Tatsächlich ist der Deal zu seinem zehnjährigen Jubiläum bei BA und IAG so wenig emotional wie Walshs bisheriges hartes Wirken im Airlinegeschäft, das ihm den Spitznamen „Slasher“, also Fleischeraxt, eingebracht hat. Aer Lingus soll eine weitere Mauer beim Bau einer Festung sein, die British Airways, den profitabelsten und wichtigsten Teil der IAG-Gruppe, vor aggressiven Konkurrenten schützt.

Mit der Übernahme beherrscht Walsh nun den Westen Europas: Der IAG-Gürtel beginnt von Spanien mit den Linien Iberia sowie Vueling und führt über Irland mit Aer Lingus bis nach Großbritannien mit BA. Das bringt IAG neben mehr Umsatz vor allem einen Vorteil im Verkehr über den Atlantik über die Drehkreuze Dublin, London und Madrid. Das macht sich bezahlt: Das Geschäft mit Flügen in die USA ist groß, der Verkehr gen Lateinamerika wachstumsstark. In beiden Märkten fehlen weitgehend die Plagegeister von Europas Traditionslinien: Billigflieger und Golfairlines wie Emirates aus Dubai.
Die Ausrichtung von IAG
Die Stärke im Atlantik-Verkehr erlaubt Walsh eine Neuausrichtung des Konzerns. IAG ist groß genug, um sich auf zwei Felder zu konzentrieren: Zum einen den Amerika-Verkehr zu Lasten von Linien wie Lufthansa und Air France. Und zum anderen auf jene Flüge in Richtung Asien, mit denen BA wie in Japan oder China die Kunden schneller ans Ziel bringt als die Golflinien, die Umwege und Umsteigezeiten in Dubai oder Abu Dhabi in Kauf nehmen. Die Routen ohne diesen Zeitvorteil, darunter etwa Thailand, kann Walsh getrost Emirates & Co. überlassen.
Die wichtigsten Billigflieger in Deutschland
Transavia
Starts pro Woche: 64
Sitze: 9616
Strecken: 19
Vueling
Starts pro Woche: 67
Sitze: 12.160
Strecken: 11
Aer Lingus
Starts pro Woche: 71
Sitze: 12.354
Strecken: 8
Norwegian Air Shuttle
Starts pro Woche: 106
Sitze: 19.929
Strecken: 33
flybe
Starts pro Woche: 130
Sitze: 10.800
Strecken: 16
Wizz
Starts pro Woche: 208
Sitze: 38.590
Strecken: 73
Easyjet
Starts pro Woche: 531
Sitze: 86.868
Strecken: 90
Ryanair
Starts pro Woche: 1058
Sitze: 199.962
Strecken: 243
Euro-/Germanwings
Starts pro Woche: 2595
Sitze: 390.692
Strecken: 516
Dazu stärkt Walsh mit der Übernahme der Iren sein bisher noch recht kleines Billiggeschäft. Aer Lingus halten zwar viele wegen ihres Alters, der vielen aggressiven Scherze von Ryanair-Chef Michael O’Leary und der Langstreckenflüge mit Business Class für eine Traditionslinie. Doch nicht zuletzt dank Walshs Vorarbeit beim Sparen hält die Linie innerhalb Europas mit den Billigfliegern recht gut mit.
In Kombination mit dem starken BA-Vielfliegerprogramm Executive Club und mehr Umsteigern im Drehkreuz Dublin kann Walsh nun nicht nur leichter Geschäftsreisende auf der Langstrecke für IAG zurückgewinnen, die bislang in Amsterdam oder Frankfurt umgestiegen sind. Mit den Billigtarifen von Aer Lingus erhöht die neue IAG auch den Druck auf die Billigkonkurrenten auf den britischen Inseln.