Von Boehm-Bezing lehnt es auf Anfrage der WirtschaftsWoche ab, sich dazu zu äußern. Vermuten Sie hinter dem, was dann folgte, eine Racheaktion?
Es gab sicher auch persönliche Gründe. Aber aus der Sicht der Deutschen Bank und anderer Banken ergab es Sinn, Walter Bau aus dem Weg zu räumen. Die Deutsche Bank besaß ein großes Aktienpaket von Holzmann. Die Dresdner Bank hatte Aktien von Bilfinger, die Commerzbank viele Aktien von Hochtief. Wenn Walter Bau was passiert, steigt der Wert dieser Beteiligungen. Also könnten diese drei Banken schon mal an unserem Untergang interessiert sein. Auch hätte das zu den Plänen der Deutschen Bank gepasst, einen ganz großen deutschen Champion in der Baubranche zu schaffen.
Wieso konnten Sie die Insolvenz nicht verhindern?
Als die Deutsche und die anderen Banken uns die Bürgschaftslinien gekürzt und damit faktisch gekündigt hatten, konnten wir keine Angebote mehr abgeben. Die Banken garantieren mit Bürgschaften, dass Bauunternehmen tatsächlich Bau und Gewährleistungen erbringen, statt sich etwa mit Anzahlungen davonzustehlen. Weil die Kündigung der Bürgschaften in den Zeitungen stand, wollten Lieferanten und Subunternehmer plötzlich Vorkasse. Also mussten wir Bargeld hinterlegen und vorschießen. Dadurch waren nach zehn Monaten unsere liquiden Mittel von 1,3 Milliarden Euro weg. Nun konnten wir nicht mehr anbieten, bekamen keine Aufträge mehr.
Und dann?
Ich habe den Banken angeboten, Beteiligungen zu verkaufen, damit sie uns wieder Bürgschaften geben. Unsere unbelasteten Vermögenswerte beliefen sich seinerzeit umgerechnet auf rund drei Milliarden Euro. Vier Wochen hielt man uns hin, dann hieß es: Nein! Notfalls wollte ich sogar Züblin verkaufen. Wieder zweieinhalb Monate Scheinverhandlungen, wieder hieß es: Nein. Alle Werte waren ja von den Banken als Pfand genommen. Und immer Gribkowsky vorneweg. Am 1. Januar 2005 meldete der Vorstand der Walter Bau Insolvenz an. Im Februar 2005 hat man die Tochtergesellschaft DSI, die bei uns mit 86 Millionen in den Büchern stand, für 150 Millionen in eine Finanzgesellschaft der Banken überführt. Nach einer Schamfrist von neun Monaten ist das Unternehmen für 1,3 Milliarden Euro an eine schwedische Gruppe verkauft worden. Das war kein Verkauf, auch kein Verramschen. Das war Wirtschaftskriminalität.
Und wie kamen große Teile von Walter Bau an Strabag?
Ich kann nur auf Folgendes verweisen: Gribkowsky war zunächst Sprecher des Bankenpools, danach war er im Gläubigerausschuss ein wichtiger Mann. Unsere 60-prozentige Beteiligung an Züblin stand bei uns mit rund 600 Millionen in den Büchern. Die hätten wir für weit über eine Milliarde an Spanier verkaufen können. Meines Wissens ging Züblin mit Zustimmung des Gläubigerausschusses, also auch der Banken, für unter 100 Millionen Euro an Strabag. Heute ist Züblin garantiert mehr als 1,5 Milliarden Euro wert. Unsere hoch rentable tschechische Straßenbaugesellschaft, unser profitabler Tunnel- und Ingenieurbau und weitere Spezialgesellschaften gingen nahezu alle an Strabag, und dies alles zu absoluten Schleuderpreisen.
Der Insolvenzverwalter von Walter Bau, Werner Schneider, stand damals doch unter riesigem Zeitdruck, wollte er Ihre einigermaßen gesunden Töchter nicht auch noch ins Grab stoßen.
Herr Schneider und Strabag-Chef Hans Peter Haselsteiner sind, da bin ich mal ganz vorsichtig, gute Bekannte. Herr Schneider stand zuvor schon einmal im Verdacht, mit Strabag etwas ausgemauschelt zu haben. Bei der Insolvenz soll er 60 Millionen Euro verdient haben. Haselsteiner hat bei dem ganzen Deal in ganz anderen Dimensionen verdient. Und da soll Gribkowksy als Dankeschön nur den Job als Freigänger bekommen haben?
Wie hoch schätzen Sie den gesamten Wert Ihrer Gruppe, als es ihr noch gut ging?
Als uns die Bürgschaftslinien gekündigt wurden, hatte die Gruppe ein Anlagevermögen von rund 1,5 Milliarden Euro, stille Reserven von 1,5 Milliarden und liquide Mittel von 1,3 Milliarden. Dazu käme noch die Bewertung des Geschäfts und des Gewinns.
Wie viel hat Ihre Gruppe den Gläubigern gebracht?
Was die Gläubiger bekommen haben, jenseits der gesicherten Werte der Banken, das weiß ich nicht.
Hatten Sie gar keine Fürsprecher?
Alle unsere Aufsichtsräte hatten sich bemüht. Auch der IG-Bau-Vorsitzende Klaus Wiesehügel hat sich für uns engagiert. Der hatte sich mit dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder schon kurzgeschaltet, noch bevor ich diesen angerufen hatte. Ich habe mich mit Schröder getroffen, der hat Mittelsleute eingeschaltet, die mit der Deutschen Bank verhandelten. In Bayern war Wirtschaftsminister Otto Wiesheu zunächst voll auf meiner Seite, bis ihn Gribkowsky umgedreht hat.