Industriedienstleister Bilfinger erhält 16,75 Millionen Euro von Ex-Vorständen um Roland Koch

Der ehemalige Vorstand um Roland Koch muss Bilfinger wegen Pflichtverletzungen Millionen zahlen. Außerdem soll er auf Gehaltszahlungen verzichten.

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Der ehemalige Bilfinger-Vorstand muss Millionen zahlen. Quelle: dpa

Im Streit um mögliche Pflichtverletzungen erhält der Industriedienstleister Bilfinger von mehreren ehemaligen Vorständen insgesamt 16,75 Millionen Euro. Zusammen mit einem Verzicht auf ausstehende Gehaltszahlungen ergibt sich eine Gesamtsumme von 18,2 Millionen Euro. Darauf habe sich der Konzern mit den früheren Managern geeinigt, teilte Bilfinger am Freitag in Mannheim mit. Die Summe wird von der Manager-Haftpflichtversicherung (D&O-Versicherung) übernommen.

Das Kontrollgremium hatte bereits Anfang 2018 grundsätzlich allen Vorstandsmitgliedern, die zwischen 2006 und 2015 amtierten, aber vor 2015 in das Gremium eintraten, Pflichtverletzungen vorgeworfen. Der frühere hessische Ministerpräsident Roland Koch war von Juli 2011 bis August 2014 Vorstandschef von Bilfinger.

Ein Schuldeingeständnis der früheren Top-Manager sei damit aber nicht verbunden, hieß es in Unternehmenskreisen. Ursprünglich hatte der Konzern einen „erstattungsfähigen Schaden in Höhe eines niedrigen dreistelligen Millionenbetrages“ geltend gemacht. Das Unternehmen zeigte sich dennoch sehr zufrieden. Im Vergleich zu ähnlichen Fälle etwa bei Siemens oder Rheinmetall sei man recht erfolgreich gewesen, verlautete aus Firmenkreisen.

Koch zeigte sich „weiterhin fest davon überzeugt, dass die von der Bilfinger SE öffentlich erhobenen Vorwürfe vollkommen abwegig waren und sind“. In seiner Zeit an der Unternehmensspitze habe er „persönlich bewirkt (...), dass das Compliance-System des Unternehmens in der Zeit seiner Tätigkeit als Vorstandsvorsitzender ständig weiterentwickelt wurde“, teilte ein Sprecher Kochs mit. „Durch das Verfahren und durch öffentliche Erklärungen Bilfingers ist er in den letzten Jahren regelmäßig in Misskredit gebracht worden, ohne dass Belege für die behaupteten Vorwürfe vorgelegt wurden.“

Ein Bilfinger-Sprecher sagte der Deutschen Presse-Agentur, der Aufsichtsrat habe „konsequent und mit unternehmerischem Augenmaß“ die Ansprüche von Bilfinger untersucht, verfolgt und durchgesetzt. „Die Einigung schafft Rechtsfrieden. Und sie unterstützt die Fokussierung auf die positive Entwicklung des Geschäfts.“

Künftige Regelverstöße sollen verhindert werden

Bilfinger sei „froh darüber, dass wir nach intensiven Verhandlungen einen Schlussstrich unter die Auseinandersetzung ziehen konnten“, sagte Aufsichtsratschef Eckhard Cordes. „Nun werben wir um die Zustimmung unserer Anteilseigner.“ Die Hauptversammlung, die am 23. April stattfinden soll, muss der Einigung noch zustimmen.

Der Aufsichtsrat hatte den früheren Vorständen „Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Implementierung eines ordnungsgemäßen Compliance-Management-Systems“ vorgeworfen, einem System, das unternehmensintern Regelverstöße verhindert soll. Einzelne ehemalige Vorstandsmitglieder hätten außerdem „Pflichtverletzungen im Rahmen eines M&A-Projekts begangen“. Als M&A (Mergers & Acquisitions) werden Fusionen und Zukäufe zusammengefasst.

Welche Beträge von welchen früheren Managern gefordert werden, war nicht mitgeteilt worden. In die verlangte Summe fließen Kosten ein, die der Konzern zusätzlich zu vorhandenen, aber ungenügenden Compliance-Systemen zahlen musste. Diese Systeme sollen die Einhaltung von Regeln gegen Korruption und Bestechung sicherstellen.

Der frühere hessische Ministerpräsident Koch, der Bilfinger zwischen 2011 und 2014 leitete, hatte damals „mit Befremden“ auf die Vorwürfe „gegen ganze Generationen von früheren Bilfinger-Vorständen“ reagiert. Aktionärsschützer hatten hingegen eine härtere Linie beim Eintreiben von Schadenersatz angemahnt.

Kochs Sprecher betonte, dass sich der Ex-Politiker „einem solchen Ende des Verfahrens durch Verständigung der Versicherungen und Bilfinger (...) schon mit Blick auf die mögliche Verfahrensdauer nicht entgegenstellen“ werde. Es sei zudem nicht vorgesehen, dass Koch einen „finanziellen Eigenbeitrag zu leisten hat“.

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