Insolvenz der DAPD Haben sich die Investoren übernommen?

Die Pleite der Nachrichtenagentur nährt Spekulationen über das umstrittene Investorenduo Martin Vorderwülbecke und Peter Löw.

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dapd- Investoren Löw (links) und Vorderwülbecke Quelle: dpa

Dr. Dr. Peter Werner Maria Löw liebt den ganz großen Bahnhof. Gerade drei Wochen ist es her, da begrüßte der Aufsichtsratsvorsitzende der Nachrichtenagentur dapd allerlei Prominenz aus Politik, Sport und Gesellschaft zum Sommerfest am Firmensitz in Berlin.

Stolz ließ Löw sich mit der FDP-Legende Hans-Dietrich Genscher ablichten. Auch Wirtschaftsminister Philipp Rösler schaute bei der Sause an der Reinhardtstraße vorbei, zusammen mit weiteren 300 Gästen. "Vor zwei Jahren hätte niemand für möglich gehalten, was hier entstanden ist", tönte Löw, "eine Vollagentur, die sich auf Augenhöhe mit dem Wettbewerb befindet."

Schön wär’s. Seit vergangenem Dienstag ist der vermeintlich vollwertige Wettbewerber des Marktführers dpa voll zahlungsunfähig. Der Düsseldorfer Insolvenzspezialist Wolf von der Fecht hat das Kommando übernommen und versucht als Sanierungsgeschäftsführer zu retten, was zu retten ist.

Auch Adler geht es schlecht

Die Insolvenz wirkt nicht nur wie ein Fanal für das hart umkämpfte Geschäft der Presseagenturen in Deutschland. Das vorläufige Aus von dapd wirft auch ein Schlaglicht auf die Aktivitäten des Investors Löw und seines Kompagnons Martin Vorderwülbecke, die sich in der Vergangenheit gern als sturmerprobte Sanierungsexperten präsentierten.

Haben sich Löw und Vorderwülbecke nicht nur mit dapd, sondern auch mit ihren anderen zahlreichen Investments schlicht übernommen? Das Duo hatte derlei Vorhaltungen bislang stets bestritten.

Fest steht jedoch: Auch bei der Modekette Adler mit Sitz in Haibach bei Aschaffenburg, an der die beiden Investoren indirekt beteiligt sind, laufen die Geschäfte nicht rund. Insider glauben gar, dass ein Verkauf des Adler-Aktienpaketes jetzt auf die Agenda rücke.

Verluste trotz steigender Umsätze

An Adler ist das Gespann über das Finanzvehikel Cheverny Investments mit seinem Restrukturierungsfonds Bluo beteiligt und kontrolliert rund 42 Prozent der Anteile. Doch anders, als der Werbeslogan der Kette "Alles passt" vermuten lässt, steht es laut den jüngsten Geschäftszahlen um das Modeunternehmen nicht zum Besten. Zwar stiegen im ersten Halbjahr die Umsätze des Unternehmens um 7,5 Prozent auf 232,6 Millionen Euro. Zugleich verbuchte Adler einen Verlust von 7,1 Millionen Euro.

Im März 2009 hatte der Düsseldorfer Handelskonzern Metro den Verlustbringer Adler für schätzungsweise zehn Millionen Euro an Bluo verkauft. Metro habe die Transaktion besonders intensiv geprüft, um spätere Imageschäden zu vermeiden, heißt es aus dem Konzern. Das Konzept von Bluo sei aber mit Abstand das überzeugendste gewesen.

Nach dem Börsengang ging es abwärts

Die Billion-Dollar-Start-ups
Foursquare auf dem iPhone Quelle: dapd
airbnb Quelle: Screenshot
Das undatierte Firmenhandout des Internet-Musik-Diensts Spotify zeigt den Firmengründer einen Screenshot der Plattform Quelle: dpa
Bleacher ReportDie Sportseite Bleacher Report gibt es erst seit 2007. Mittlerweile besuchen rund 25 Millionen Nutzer pro Monat die Homepage, um sich Videos, Analysen und Hintergrundberichte zu verschiedensten Sportthemen anzusehen. Die Zahl der sogenannten unique user macht den bleacher report zur viertgrößten Sport-Website im Netz. Für Nachrichtendienste ohne Sportberichterstattung wäre der Kauf von br also eine Überlegung wert. Quelle: Screenshot
FabBei der Shopping-Community Fab macht pro Tag rund 300.000 Dollar Umsatz. Die mehr als drei Millionen Nutzer können über Fab nach ihren Lieblings-Designer-Stücken suchen und beim Einkauf bis zu 70 Prozent sparen. Das Unternhemen hinter der Community hat bereits 50 Millionen Dollar Investorengelder einsammeln können und ist derzeit um die 200 Millionen Dollar wert. Für Groupon oder andere Schnäppchen-Anbieter wäre Fab eine gute Ergänzung. Quelle: Screenshot
A visitor tries on the new game "Angry Birds Space" during a launching ceremony in Hong Kong Quelle: dapd
PathMit der App Path können Nutzer private Momente, Bilder und Videos mit ihren Freunden teilen. Path funktioniert quasi wie ein Tagebuch, das ein bestimmter Kreis von Menschen lesen darf und von dem bestimmte Einträge auch bei Twitter, Foursquare, Facebook oder Tumblr veröffentlicht werden können. Rund drei Millionen Menschen nutzen das soziale Netzwerk für unterwegs. Google hatte schon einmal bei Erfinder Dave Morin angeklopft und ein 100 Millionen Dollar für Path geboten. Morin lehnte jedoch ab. Quelle: Screenshot

Zunächst präsentierten die neuen Eigentümer tatsächlich Erfolge. Nach einer Turbo-Genesung wies Adler schon 2010 wieder Gewinne aus und wurde im Sommer 2011 an die Börse gebracht. Ein lohnendes Geschäft – vor allem für Bluo. Ein Großteil des Emissionserlöses von über 100 Millionen Euro floss an die Sanierer.

Seit dem Börsengang geht es jedoch abwärts. Die Adler-Aktie büßte innerhalb eines Jahres fast 50 Prozent ihres Wertes ein. Momentan kommt das Unternehmen mit seinen 166 Filialen und 4300 Mitarbeitern an der Börse nur noch auf einen Wert von knapp über 85 Millionen Euro.

Drei Lebensziele übertroffen

In Finanzkreisen wird das Unternehmen auch als möglicher Verkaufskandidat gehandelt, weil die Haltefrist für die verbleibenden Bluo-Anteile jüngst ausgelaufen ist. Ein Bluo-Sprecher will Spekulationen zum Portfolio nicht kommentieren. Ein offizieller Verkaufsprozess ist bisher offenbar nicht gestartet worden. Der Kursrückgang könnte auch das Interesse möglicher Investoren wecken. Als potenzieller Kandidat wird in der Branche jedoch der Textildiscounter NKD genannt. NKD wollte dazu keine Stellung nehmen. Zuletzt hatte der wachstumsstarke Billigheimer zahlreiche Läden der havarierten Drogeriekette Ihr Platz übernommen.

Zweimal abgestürzt

dpad-Pleitier Löw wusste schon früh genau, was er wollte. Mit 18 gab er sich selbst drei Lebensziele vor, die er alle übertreffen sollte: Bundeswehrhauptmann, Promotion, Millionär. Er verlässt den Bund als Fallschirmjäger und Oberstleutnant, promoviert sowohl in Jura und Geschichte – und er häuft ein Vermögen an, das im dreistelligen Millionenbereich liegen soll.

Wirklich reich werden der gläubige Katholik Löw und sein Studienfreund Vorderwülbecke mit ihrer 2002 gegründeten Beteiligungsfirma Arques. Mit ihr kaufen und verkaufen sie nach eigenen Angaben rund 100 Unternehmen. Es sind meist hoch defizitäre Fälle, bei denen Arques für einen symbolischen Betrag einsteigt.

Firmen für einen Euro kaufen

Die Arques-Manager gehen härter, zackiger ran als andere. "Wir sind keine Kinder von Traurigkeit, wir gucken nicht zwei Jahre, und dann machen wir mal", sagte Löw einmal. "Manche Leute können sich nicht vorstellen, dass man eine Firma für einen Euro kaufen und nach relativ kurzer Zeit für 50 Millionen Euro verkaufen kann und dann auch noch alles rechtens zugeht", sagte Löw später über ungläubige Zweifler.

Doch spätestens als Arques 2008 einen Umsatz von mehr als fünf Milliarden Euro erreicht, nehmen die Zweifel am Geschäftsmodell zu. Klagen und Personalwechsel haben das Image des einstigen Börsenstars ramponiert, der Aktienkurs ist binnen eines Jahres um 90 Prozent gefallen. Löw und Vorderwülbecke kann das da schon egal sein. Sie haben sich kurz nacheinander verabschiedet und ihre Anteile verkauft. Die Schuld für den Absturz gibt Löw seinen Nachfolgern: "Das Management hatte versagt."

Neun Millionen Verlust

Spekulieren auf Übernahmekandidaten
Leiterplatten Quelle: Pressebild
Screenshot der Gaymers-Hompegae (C&C Group) Quelle: Screenshot
Kräne Quelle: dpa
Kalkhoff-Fahrrad (Derby Cycle) Quelle: dpa
Elexis Automatisierungstechnik Quelle: Pressebild
Itelligence-Zentrale Quelle: Pressebild
PSI-Programm auf Monitoren Quelle: Pressebild

2008 unternahmen Löw und Vorderwülbecke einen weiteren Schritt, um ihren zweifelhaften Ruf zu mehren. Sie gründeten eine neue Beteiligungsfirma namens Bluo. Mit ihr sammeln sie 300 Millionen Euro für einen Restrukturierungsfonds ein. Zweifler behaupten damals, das Geld käme vor allem von den Bluo-Gesellschaftern selbst. 2010 steigt Löw persönlich wieder bei Arques ein, verjagt das Management, übernimmt zwischenzeitlich den Aufsichtsratsvorsitz und nennt das Unternehmen in Gigaset um. So heißt die größte Beteiligung, die frühere Festnetzsparte von Siemens. Auch die Gigaset-Aktie stürzt nach einem Zwischenhoch wie bei Adler ab, das Unternehmen machte zuletzt neun Millionen Euro Verlust.

Unternehmer werden viel verlieren

Bei dapd gilt es für Löw und Vorderwülbecke möglichst wenig Blessuren zu überstehen. Lange Zeit hielten sie die Agentur mit millionenschweren Darlehen über Wasser. "Die Altgesellschafter haben nach eigenen Aussagen viel Geld in die Unternehmen gesteckt", sagt der jüngst eingesetzte Sanierer von der Fecht. Sie seien "die größten Gläubiger" und "werden nun erhebliche Summen verlieren".

Umso erstaunlicher wirken die Insolvenzanträge für insgesamt acht dapd-Unternehmen. Die "Unternehmen konnten die Löhne nicht mehr zahlen", sagt von der Fecht. "Die Gesellschafter waren schlicht nicht bereit, weiter Geld zur Verfügung zu stellen", so von der Fecht.

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