Insolvenz Die führenden Insolvenzverwalter im ersten Halbjahr

Das Ranking der Insolvenzverwalter zeigt, welche Kanzleien im ersten Halbjahr am stärksten zulegen konnten – und wen die Pleitenflaute voll erwischt hat.

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Die Kanzlei Schultze & Braun hat im ersten Halbjahr 2015 die meisten Insolvenzverfahren verwaltet. Quelle: dpa

Crash bei Kettcar, Schlussverkauf bei Innovation Strauss und natürlich Middelshoffs Malaise, dazu allerlei Personalwechsel und Zusammenschlüsse: Keine Frage, im ersten Halbjahr 2015 gab es reichlich Bewegung im Insolvenzmarkt. Doch wie liefen die Geschäfte für Deutschlands Insolvenzkanzleien konkret? Eine Erhebung der Online-Plattform Insolvenz-Portal für die WirtschaftsWoche liefert erste Anhaltspunkte.

Der Betreiber der Plattform, der Karlsruher Informationsdienstleister STP Portal, wertete dafür die Angaben deutscher Amtsgerichte zu Unternehmensinsolvenzen aus. Zudem versuchten die Experten, alle Schutzschirm- und Eigenverwaltungsverfahren zu erfassen. 

Das Resultat: Trotz der schlagzeilenstarken Saison herrschte beim Gros der Insolvenzkanzleien offenbar Kurzarbeit. Auf bescheidene 3231 vorläufige Verfahren über Kapital- und Personengesellschaften summierten sich die Pleitezahlen von Januar bis Ende Juni 2015. Einziger Trost: Im zweiten Halbjahr 2014 zierten mit 3171 vorläufigen Insolvenzen noch weniger Verfahren die Statistik. „Das erste Mal seit 2012 ist ein Anstieg gegenüber dem vorherigen Halbjahr zu verzeichnen", bilanziert Insolvenzportal-Chef Jens Décieux. „Ob damit bereits die Talsohle erreicht ist, lässt sich auf Basis der vorliegenden Daten noch nicht beurteilen. Indikatoren wie die Zahl der Verbraucherinsolvenzen und die der ESUG-Verfahren sind weiter rückläufig." Nur noch 89 Eigenverwaltungen und sechs Schutzschirmverfahren registrierten die STP-Statistiker.

Umso spannender ist die Frage, welche Kanzleien und Verwalter  trotz der überschaubaren Zahl an Verfahren bei Gerichten und Gläubigern punkten konnten – und wen die Pleiten-Ebbe voll erwischt hat. Erste Anhaltspunkte bietet das Ranking der 30 Top-Insolvenzkanzleien im ersten Halbjahr 2015.

Dabei wurden allein die vorläufigen Insolvenzverfahren über Kapitalgesellschaften berücksichtigt. Die Größe und Vermögensmasse der jeweiligen Unternehmen flossen hingegen  nicht in die Analyse ein. Damit lassen sich keine direkten Rückschlüsse auf den wirtschaftlichen Erfolg der einzelnen Kanzleien ziehen. Dennoch zeigt die Aufstellung, wer das schmaler gewordene Massengeschäft dominiert.

Die Plätze 30 bis 21 im Überblick

Um in das Ranking aufgenommen zu werden, waren diesmal mindestens 19 vorläufige Verfahren erforderlich.

Unter tätigem Einsatz von Kanzleipatron Horst Piepenburg haben etwa die Insolvenzrechtler von Piepenburg-Gerling ihre Präsenz unter den Top 30 verteidigt. Spektakulärster Einsatz im ersten Halbjahr: Die sommerlichen Aufräumarbeiten bei den maladen Gemischtwarenhäusern von Innovation Strauss. Eigentlich schien die Handelskette schon gerettet, nachdem im August 2014 der Würzburger Spielhallenclan Mühleck das Unternehmen aus der Eigeninsolvenz unter Sachwaltung des Kölner Spezialisten Andreas Ringstmeier übernommen hatte.

Doch die Spielbanker zeigten sich wenig einsatzfreudig, als sich nach dem Kauf zusätzliche Finanzlöcher auftaten. Rien ne va plus hieß das für ihr Strauss-Engagement.Auf der Homepage lesen Strauss‘ Online-Shopper inzwischen  die wenig erbauliche Botschaft „Wir sind mal kurz weg“. Piepenburg bleibt wohl noch bis Ende August Zeit, um zu verhindern, dass das für das gesamte Unternehmen gilt.

Die Plätze 20 bis 11 im Überblick

Der Sprung in die Top 30 gelang auch Kreplin & Partner, die den Verkauf des deutschen Ablegers des holländischen Modehändlers Mexx stemmten und sich um den Fonds-Anbieter Gebau-Gruppe mit bis zu 5000 Anlegern kümmerten. 

Sebastian Henneke von HRM HENNEKE RÖPKE hat derweil bei der Gemini-Unternehmensgruppe, zu deren Habe die Waschmittelfabrikation Luhns zählt, das Schleuderverfahren eingeleitet.

Die Top 10 der Insolvenzverwalter

Spektakulär ruhig verlief das erste Halbjahr derweil bei dem Neu-Ulmer Insovenzbetrieb Schneider, Geiwitz & Partner. Nachdem sich die Truppe in den Vorjahren mit Manroland, Schlecker und Weltbild fast schon ein Abo auf die Promi-Verfahren der Republik gesichert zu haben schien, zieren dieser Tage 26 neue, wenn auch unbekanntere Unternehmen das Pleiten-Portfolio und markieren den Einstieg in die Top 20.

Verfahrensnumerisch gleichauf rangieren Leonhardt Rattunde, die sich in Sachen Esug mal wieder experimentierfreudig zeigten. So versuchte der Berliner Rechtsgelehrte Rolf Rattunde den vormals vermögenden Kieler Augenarzt Detlef Uthoff per Schutzschirmverfahren von dessen Schuldenlast zu befreien. Zwar spielte der Fiskus in dem Fall nicht mit. Doch die Idee, die Esug-Instrumente im Quasi-Privatinsolvenzverfahren zu nutzen, besitzt durchaus Charme – vor allem für die Schuldner.

Nebenbei beackerte Rattundes Düsseldorfer Partner Martin Lambrecht den nach Beschäftigtenzahl größten Sanierungskomplex im ersten Halbjahr. Lambrecht war erfolgreich im Schutzschirmverfahren der DHS Instore Service im Einsatz, die bundesweit rund 1900 Mitarbeiter beschäftigt und als Logistiker Waren in Supermärkten verräumt. Mittlerweile gelang der Verkauf.

Ebenfalls neu im Reigen der Top 20 sind Johlke, Niethammer und Partner, deren Bremer Partner Axel Gerbes sich derzeit um die Reste der Emder Nordseewerke kümmern darf sowie Flöther & Wissing und D'Avoine Teubler Neu. Ein wenig auftrumpfen konnten AndresSchneider. Der Erfolg hat einen Namen: Martin Schmidt. Der Neuzugang kommt von Schultze & Braun, war dort einer der meistbestellten Verwalter und wirkt seit Mai bei den Düsseldorfern.

Die Plätze 10 bis 1 im Überblick

Die Personalie Schmidt dürfte denn auch Spuren in der ersten Liga des Insolvenzgeschäfts hinterlassen. Der Vorsprung von Schultze & Braun – dem unangefochtenen Marktführer der vergangenen Jahre – schmilzt ohnehin dahin. Nur noch 14 Verfahren Abstand zur Nummer zwei weist die STP-Statistik aus. Und statt der 130 Pleitefälle des Vorjahres meldete die Kanzlei diesmal nur 109 neue Verfahren zur Tabelle an, darunter unter anderem ein gestrauchelter Insolvenzwarenhändler.

Für deutlich stärkeren Widerhall sorgten indes Achener Altakten. Die Kriminalpleite Flowtex, bearbeitet von Kanzleivorsteher Eberhard Braun (traditionell bestellt  als natürliche Person), steht nach nunmehr 15 Jahren Laufzeit vor der Vollendung. Nicht minder windig: Im Casus Windreich kabbeln sich die Beteiligten nach Kräften. Auf der einen Seite Unternehmensgründer Willi Balz nebst Verwalterveteran Volker Grub. Auf der Gegenseite Stefan Simon, Partner bei Flick Gocke Schaumburg. Schubra-Partner und Windreich-Verwalter Holger Blümle versucht als Schiedsrichter den Überblick über die Fouls zu behalten. 

In Schlagweite zum Branchenprimus hat sich hww festgesetzt. Offenbar hat sich der Zusammenschluss mit Ottmar Hermanns Kanzlei im vergangenen Jahr bis dato ausgezahlt. Neben den hww-Stammhäusern in Berlin und Frankfurt gelang es dem Angreifer auch im Rheinland gute Teams zu schmieden. Selbst die in der Branche mit Aufregung verfolgte Auseinandersetzung im Fall Q-Cells scheint sich etwas zu legen. Das Unternehmen hatte im April 2012 Insolvenz angemeldet. Verwalter Henning Schorisch hatte sich darob diverse Berater vorgeknöpft, darunter Renommieradressen wie Hengeler Mueller. Die Saniererzunft tobte, Schorisch klagte – und konnte jüngst einen Etappensieg verbuchen. Das Landgericht Frankfurt verurteilte Hengeler zur Rückzahlung von 4,5 Millionen Euro.

Das schlagzeilenträchtigste Verfahren sammelte im ersten Halbjahr allerdings Thorsten Fuest von Brinkmann & Partner ein. Er verwaltet die Havarie von Big T. – besser bekannt als Thomas Middelhoff. Der Bielefelder Jurist soll Villen und Fonds des früheren Topmanagers zu Geld machen und wird wohl auch Middelhoffs Gläubiger nicht ungeschont lassen, was nicht unbedingt zu langweiligeren Sitzungen des an Sachverstand und Egos reich gesegneten Gläubigerausschusses führen dürfte. Ansonsten blieben die Highlights in den ersten sechs Monaten durchaus überschaubar: Altmeister Michael Pluta entdeckte mit Nicko Cruises seine Leidenschaft für Flusskreuzfahrten. 

White&Case-Partner Christoph Schulte-Kaubrügger sattelte derweil auf’s Kettcar von Kettler um. Gut möglich, dass das eifrige Pedaletreten Kettler-intern einen Kreativitätsschub freisetzte, der dann per Pressemitteilung flugs den Weg nach draußen fand: Das Insolvenzverfahren sei „zum Schutz des traditionellen Familienunternehmens“ notwendig geworden, um „die unabgestimmte Übernahme durch einen Finanzinvestor zu vermeiden“. Eine feindliche Übernahme als Insolvenzgrund?

Um überhaupt unter den Top 10 mitzuspielen, waren im ersten Halbjahr 40 neue Verfahren erforderlich. Dr. Beck & Partner, Henningsmeier Rechtsanwälte und BBL  Bernsau Brockdorff gelang es, die Hürde zu nehmen. Den vormaligen Teilnehmern Kübler und Münzel & Böhm blieb der Zugang diesmal verwehrt. Der höchste Neueinstieg in die Inso-Charts gelang indes der Münchner Insolvenzformation Pohlmann Hofmann mit ihrem Verfahrenshit Malte Hartwieg. Der Anlageskandal rund um den passionierten Strichbärtchenträger und Finanzmakler bescherte Verwalter Rolf G. Pohlmannan die 40 Einzelverfahren, über die das Imperium nun fachgerecht auseinandergenommen und ergründet werden soll.

Pohlmann darf sich damit auch die Plakette „meistbestellter Verwalter im ersten Halbjahr“ ans Revers heften. Auf Platz zwei folgen gleichauf Schulte-Kaubrügger und Sven-Holger Undritz.

Die meistbestellten Insolvenzverwalter im Überblick

InsolvenzverwalterKanzleiVerfahren

Pohlmann, Rolf G.

Pohlmann Hofmann Insolvenzverwalter Rechtsanwälte Partnerschaft

49

Schulte-Kaubrügger, Christoph

White & Case Insolvenz GbR

23

Undritz, Sven-Holger

White & Case Insolvenz GbR

23

d'Avoine, Marc

D'Avoine Teubler Neu Rechtsanwälte

19

Borchardt, Peter-Alexander

Reimer Rechtsanwälte Partnergesellschaft

17

Schmidt, Martin

AndresSchneider  (bis April Schultz & Braun)

16

Ampferl, Hubert

Dr. Beck & Partner GbR

16

Ahrendt, Achim

hww hermann wienberg wilhelm

15

Voigt-Salus, Joachim

VOIGT SALUS GbR

15

Flöther, Lucas F.

Flöther & Wissing Insolvenzverwaltung GbR

14

Spiekermann, Olaf

Brinkmann & Partner

13

Martini, Torsten

LEONHARDT RATTUNDE

13

Freiherr v. Diepenbroick, Hagen

Münzel & Böhm

13

Schiebe, Robert

Schiebe und Collegen

13

Siemon, Klaus

Siemon Insolvenzmanagement

13

Henneke, Sebastian

HRM HENNEKE RÖPKE Partnerschaft Rechtsanwälte

12

Laboga, Sebastian

KÜBLER

12

Lieser, Jens

Lieser Rechtsanwälte

12

Feser, Udo

Feser & Spliedt Partnergesellschaft

11

Hölzle, Gerrit

GÖRG Rechtsanwälte/Insolvenzverwalter GbR

11

Hammes, Dirk

hammes. Rechtsanwälte - Insolvenzverwalter

11

Büttner, Joachim

HENNINGSMEIER Rechtsanwälte

11

Hilgers, Petra

Hilgers & Partner

11

Weitzmann, Jörn

Kilger & Fülleborn

11

Böhm, Gideon

Münzel & Böhm

11

Piepenburg, Horst

Piepenburg - Gerling Rechtsanwälte

11

Pluta, Michael

PLUTA Rechtsanwalts GmbH

11

Heitsch, Joachim

Rechtsanwälte Kühnel, Rosenmüller & Kollegen

11

Zaremba, Jochen

SCHWARTZ Rechtsanwälte

11

Hackländer, Philipp

White & Case Insolvenz GbR

11

Depré, Peter

Depré RECHTSANWALTS AG

10

Habura, Natascha

Klaas & Kollegen Rechtsanwälte Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

10

Wieschemann, Paul

Rechtsanwälte JR Jacob,  Mueller-Goettel, Karmeinsky, Wiebelt, Wieschemann und Kollegen

10

Hinrichs, Stefan

Rechtsanwälte Wutzke & Förster

10

Schwarz, Karina

Schwarz + Rühmland Insolvenzverwaltungen GbR

10

Köster, Malte

Willmer & Partner

10

 

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