Insolvenzverwalter-Ranking Die führenden Insolvenzkanzleien 2017

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Das sind die 10 führenden Kanzleien

Um Einlass zu erhalten in den Club der zehn meistbestellten Insolvenzkanzleien, waren im vergangenen Jahr 86 Verfahren notwendig. Den Sprung geschafft hat die Formation Mönning Feser Partner, die im Juli aus einer Fusion zwischen der Aachener Kanzlei Mönning & Partner mit einem größeren Team um den Berliner Verwalter Udo Feser entstanden war. AndresPartner haben sich mit einem bunten Verfahrensstrauß von Textilreinigungen über einen Bauschuttrecycler bis zum Veranstalter der Plácido-Domingo-Stadiontour im Ranking behauptet.

Reimer Rechtsanwälte gelang derweil das Kunststück, die Marke von mehr als 100 Verfahren zu knacken. Geholfen haben dabei etwa die Insolvenz des Flensburger Maschinenbauer Ultratroc und des Nortorfer Anlagenbauers Farmatic nebst allerlei Schiffsversenkungen. Verstärkung bekommen die Reimer-Mannen seit Oktober vom Ex-Kübler-Verwalter Thomas Rittmeister, der nunmehr die Büros in Frankfurt und Mannheim steuert.

Kübler indes wurde aus der Top-10-Liga verdrängt und musste Platz machen für BBL Bernsau Brockdorff, die erstmals im Verbund mit LB Rechtanwälte antraten. Inhaltlich mischten die BBL’ler vor allem in ihrer Funktion als Eigenverwalter mit. Zunächst beim wohl unauffälligsten Großverfahren des Jahres: der Insolvenz des Personaldienstleister Tempton. Im Dezember dann bei einer der auffälligsten Pleiten des Jahres, der des Erotikhauses Beate Uhse. Hier wirken die BBL-Partner Georg Bernsau und Justus von Buchwaldt als Generalbevollmächtigte, werkeln am Insolvenzplan, kümmern sich parallel ums M&A-Procedere und freuen sich, ob lebendiger und robuster Diskussionen im Gläubigerkreis.

Beaufsichtigt wird die Uhse-Mission von Sachwalter Sven-Holger Undritz, seines Zeichens Leiter der deutschen Restrukturierungs- und Insolvenzpraxis von White & Case. Das transatlantische Rechtskontor rangiert 2017 auf Platz 3 im Ranking, was neben dem Undritz’schen Wirken vor allem dem des Fußball- und Insolvenzpräsidenten (siehe Einzelwertungen) Christoph Schulte-Kaubrügger zu verdanken ist. Auch Binär Bähr, der dritte Leistungsträger im White & Case-Verbund, pflügte, pflegte und beackerte die heimische Insolvenzlandschaft nach Kräften - unter anderem als Sachwalter bei Stockheim und Gardeur.

Die spektakulärsten Airline-Pleiten
Mit Air Berlin hat die zweitgrößte Airline Deutschlands Insolvenz angemeldet. Die Pleite bahnte sich seit längerem an: Das Unternehmen mit rund 8.600 Beschäftigten schrieb seit Jahren Verluste und hielt sich hauptsächlich durch Finanzspritzen ihres Großaktionärs Etihad noch in der Luft. Am Freitag drehte die nationale Airline der Vereinigten Arabischen Emirate den Berlinern aber den Geldhahn zu. Mit dem Kredit von 150 Millionen Euro stellt nun der Bund den Flugbetrieb vorerst sicher. Quelle: dpa
Air Berlin ist kein Einzelfall. Die goldenen Zeiten der Luftfahrt sind seit der Liberalisierung des Marktes, die in den 1980er-Jahren einsetzte, vorbei. Seitdem regiert ein knallharter Wettbewerb die Lüfte. Auch die Branchenkrise nach den Anschlägen des 11. September 2001 und das Aufkommen der Billigflieger sorgen dafür, dass viele bekannte Airlines in die Pleite gerutscht sind. Quelle: dpa
Wie kein zweites Unternehmen stand „Pan Am“ für das glamouröse Jet-Zeitalter. 1927 flogen die ersten Postflugzeuge unter dem Namen zwischen Florida und Havanna. Schnell wurde das Unternehmen zu einer der größten US-Fluggesellschaften. Die Airline war eine der ersten, die Interkontinentalflüge anbot, und setzte zahlreiche Standards in der zivilen Luftfahrt. Das blau-weiße „meatball“-Logo von Pan American genießt bis heute Kultstatus. Quelle: imago images
In den 1980er-Jahren begann der Stern von Pan Am zu sinken. Durch die Deregulierung des US-Marktes kamen zahlreiche Konkurrenten auf. 1988 wurde über dem schottischen Lockerbie eine Maschine durch einen Terroranschlag zum Absturz gebracht, was das Vertrauen der Öffentlichkeit erschütterte. 1991 folgte die Übernahme durch Delta Air Lines. Quelle: imago images
Auch TWA gehörte zu den Pionieren der Luftfahrt. Gegründet 1930 als „Transcontinental and Western Air“, machte der exzentrische Milliardär Howard Hughes („The Aviator“) das Unternehmen zur zeitweise größten Airline der Welt. Hinter Pan Am war TWA die inoffiziell zweite Flaggschiff-Gesellschaft der USA. 1985 kaufte der Investor Carl Icahn TWA. Quelle: imago images
In den 1990er-Jahren musste TWA zwei Mal in kurzer Folge Gläubigerschutz beantragen. 1996 starben beim Absturz einer Boeing 747 über dem Atlantik 230 Menschen. Die stark geschrumpfte Airline kam 2001 wieder in finanzielle Schwierigkeiten und wurde von Konkurrent American Airlines übernommen. Quelle: picture alliance
1931 gegründet galt die Airline wegen ihrer finanziellen Stabilität lange als „fliegende Bank“. Aufgrund der politischen Neutralität der Schweiz konnte SwissAir zahlreiche lukrative Ziele in Afrika und im Nahen Osten anfliegen. Quelle: picture alliance

Etwas weniger war derweil bei hww los, wenn auch nur verfahrenstechnisch. Der Berliner hww-Partner Christian Otto sammelte als Verwalter des Air-Berlin-Bonussystems Topbonus Punkte und durfte bei der Vegan-Kette Veganz Retail sachwalten. Ansonsten boten vor allem kanzleiinterne Veränderungen Gesprächsstoff für die Kaffeepausen. Jüngste Wendung: Nach Informationen der WirtschaftsWoche sollen Berater und Sanierer von hww künftig wieder gesellschaftsrechtlich getrennt und unter neuem Namen antreten, aber unter gleicher Adresse. Im Dezember 2011 hatte sich hww mit der Sanierungsberatung CMS AG zusammengetan, um "eine völlig neue Art Sanierungs- und Insolvenz-Dienstleister" aus der Taufe zu heben und einen "Big Player für Insolvenz und Sanierung" zu kreieren, wie es damals hieß. Der Big Player machte verfahrensquantitativ zeitweise tatsächlich Dauertabellenführer Schultze & Braun den Titel streitig, ist inzwischen aber auf Platz 4 abgestiegen.

Nicht nur die Luft- sondern auch die Christliche Seefahrt bereitete 2017 Kummer - und damit Arbeit für Christoph Morgen von Brinkmann & Partner. Er heuerte als ‚Chief Insolvency Officer' bei der Reederei Rickmers an. Jens-Sören Schröder von Johlke Niethammer & Partner übernahm die Sachwaltung. Insgesamt ankern Brinkmannn & Partner mit 178 Verfahren auf Rang 5 im Ranking und bringen damit exakt ein Verfahren mehr als die Görg-Crew aus Köln auf die Waage. Letztere waren mit Jörg Bornheimer beim Dekohändler Butlers im Einsatz, begleiteten mit Hans-Gerd Jauch als Berater die Solarworld-Insolvenz und mit Oliver Dankert das Verfahren des Werbemittelversenders Schneider.

Ein echter Traditionsbetrieb landete derweil bei Pluta. Frontmann Michael Pluta berät den Motorengehäuse- und Walzenhersteller SHW Casting Technologies, dessen Ursprünge bis auf das Jahr 1365 zurückreichen. Pluta-Partner Stefan Conrads bettete derweil den Matratzenhändler Matratzen Direkt (MFO) als Sachwalter unterm Schutzschirm. In Summe konnten die Pluta-Kräfte Verfahrenszahl wie Position im Ranking verteidigen.

Ähnliches gilt für Schultze & Braun, die ihre Verfahrenszahlen gegen den Trend sogar deutlich steigern konnten und damit einmal mehr unter Beweis stellen, dass sie zahlenmäßig in einer Liga für sich spielen. Platz 1 geht damit – fast schon routinemäßig - an Schubra.


Die Top 10 im Überblick

PlatzKanzlei

eröffnete
Verfahren 2017

1

Schultze & Braun Rechtsanwaltsgesellschaft für Insolvenzverwaltung mbH

301

2

PLUTA Rechtsanwalts GmbH

259

3

White & Case Insolvenz GbR

239

4

hww hermann wienberg wilhelm

207

5

Brinkmann & Partner

178

6

GÖRG Rechtsanwälte/Insolvenzverwalter GbR

177

7

BBL Bernsau Brockdorff Insolvenz- und Zwangsverwalter GbR

161

8

Reimer Rechtsanwälte Partnergesellschaft

102

9

AndresPartner Partnerschaft mbB

99

10

MÖNNING FESER PARTNER Rechtsanwälte Insolvenzverwalter

86

Doch wie haben sich Flöther, Kübler, Geiwitz, Jaffé und die anderen Haudegen des Insolvenzwesens geschlagen? Welche Verwalter konnten in der Einzelwertung überzeugen?

Auch auf den Plätzen 11 bis 40 hat sich einiges getan. "Der Markt hat sich im sechsten Jahr seit der Insolvenzrechtsreform neu sortiert", sagt Experte Décieux. Zahlreiche personelle Veränderungen und Zusammenschlüsse von Kanzleien würden jetzt in den Verfahrenszahlen sichtbar werden. Die Folge: "Es gibt einige Überraschungen im Ranking", so Décieux. Welche, zeigt der zweite Teil des Insolvenzverwalterrankings auf Basis der Daten von STP.

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