Intensiver Wettbewerb Freie Tankstellen kämpfen ums Überleben

Seite 2/2

Kundennähe hält die freien Tankstellen am Leben

Für Thomas Grebe vom Bundesverband sind die freien Tankstellen nicht nur wegen des günstigeren Preises überlebensfähig. „Wir sind der Auffassung, dass vor allem die Mitarbeiter die Attraktivität einer Tankstelle ausmachen“, sagt Grebe. Gerade bei den freien Tankstellen könnten die Kunden nach dem Tanken auch mal mit den Mitarbeitern über regionale Themen sprechen. 

Ob das vertraute Gespräch an der Kasse beim Tanken aber wirklich ein Alleinstellungsmerkmal der freien Tankstellen ist? Manuel Frondel vom RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung ist da skeptisch. Für ihn ist das „Sozialromantik“. Die schätzen zwar viele Stammkunden der freien Tankstellen. Letztendlich halte die Sozialromantik die freien Tankstellen am Leben, sagt Frondel. Der Ökonom ist sich allerdings sicher, dass es genug kleine Ketten wie Jet oder Agip gibt, die für ausreichend Wettbewerb und somit für günstige Preise sorgten, falls es keine freien Tankstellen mehr gäbe. „Für die Verbraucher wäre das wohl kein Verlust“, sagt Frondel.

Bedroht sind die freien Tankstellen allemal. Das weiß auch Vorstandsvorsitzender Grebe vom Bundesverband: „Die freien Tankstellen stehen stets unter großem Wettbewerbsdruck und müssen aufpassen, nicht unter die Räder zu geraten.“ Momentan haben sie gemessen an der Anzahl der Tankstellen zusammen einen Marktanteil von rund 16 Prozent. In etwas so viel, wie der Marktführer Aral alleine auf sich vereint.

Um diesen Marktanteil zu verteidigen, reagieren immer mehr freie Tankstellen auf Trends. Zum Beispiel darauf, dass Tankstellen-Shops den Kunden offenbar immer wichtiger werden. Vor zwanzig Jahren lag der durchschnittliche Shop-Umsatz pro Tankstelle noch bei rund 600.000 Euro pro Jahr. Heutzutage sind es bereits mehr als 900.000 Euro. Das kommt aber vor allem den großen Mineralölkonzernen zugute. „Sie können die Waren als Einkaufsbündnis wesentlich günstiger einkaufen, als die mittelständischen Tankstellen das je könnten – ein Grund für die starke Marktposition von Aral oder Shell“, sagt Ökonom Frondel.

Tankstellenbetreiber Nico Zieglmeier verzichtet bei seinen Tankstellen deshalb ganz bewusst auf solche Shops. „Service-Leistungen wie Shops mögen zwar immer mehr an Bedeutung gewinnen, sind für Mittelständler aber auch mit hohen Kosten verbunden“, sagt Zielmeier. „Hier muss man als freier Tankstellenbetreiber abwägen, ob sich ein Shop rentiert.“ Zieglmeier setzt anstelle eines Shops lieber auf spezielle Dieselkraftstoffe. „Mit solchen Nischenprodukten stechen wir aus der Masse hervor.“ An seinen Tankstellen können die Kunden statt den herkömmlichen Kraftstoffen zum Beispiel Diesel aus nachwachsenden Rohstoffen tanken, der vor allem für Boote, Wohnmobile oder die Landwirtschaft geeignet ist und besonders witterungsbeständig sein soll. Die speziellen Kraftstoffe sind Zieglmeiers Mittel, um sich auf dem immer intensiveren Markt gegen die großen Mineralölkonzerne zu behaupten – auch ohne eine große Kette im Rücken. Ob ihm das gelingen wird, zeigt sich in den nächsten Jahren.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%