Welche Rolle spielt das Fernsehen noch?
Werbefilme werden immer das dominante Format sein. Nichts emotionalisiert mehr. Ob die Filme dann im TV oder auf dem Tablet laufen, ist egal.
Aber ist Opas Fernsehen wirklich noch attraktiv genug als Werbeumfeld? Die kaufkräftigen Zuschauer wandern ab, und auch die Älteren sehen immer häufiger Filme und Serien auf Web-Portalen wie Watchever oder bei Amazon.
Man muss sich die Frage stellen, ob die TV-Sender genug für ihr Medium tun. Sind sie innovativ genug, produzieren sie ausreichend gute Formate, erregen sie die Neugier der Zuschauer? Für meinen Geschmack könnten die Sender hier mehr unternehmen. Eine Agentur sucht ein attraktives Werbeumfeld, weil sie viele Menschen erreichen möchte für ihre Kunden. Mein Eindruck ist, dass das traditionelle Fernsehen dies oft nicht optimal erfüllt.
Woran liegt das?
Die Programmverantwortlichen setzen häufig auf Althergebrachtes, auf bekannte Muster, die sich dann totlaufen. Mittlerweile ist ja schon jede deutsche Familiensaga durchgefilmt worden. Oder die immer gleichen Castingshows, die rauf und runter laufen. Dabei suchen die Zuschauer durchaus nach neuen Formaten. Da ist es kein Wunder, dass immer mehr Leute – vor allem die jüngeren – ins Internet zu den Portalen abwandern. Allerdings ist das kein Naturgesetz. Es gibt genug Vorbilder für kreative Inhalte, die funktionieren.
Woran denken Sie?
In den USA gibt es gerade eine regelrechte Renaissance des Fernsehens dank toller Serien wie „House of Cards“ oder „Game of Thrones“. Das sind einzigartige Formate. Damit lassen sich Millionen vor die Bildschirme locken. Bei uns wird stattdessen die nächste Kochshow serviert, bis uns das Ganze zum Hals raushängt. Entscheidend ist die Qualität des Inhalts und nicht die Berechtigung des Mediums an sich.
Aber zersplittert das Publikum nicht dennoch in immer kleinere Fraktionen?
Das ist so, wird aber allzu oft auch schlicht als Ausrede für sinkende Quoten missbraucht. Denn gleichzeitig vernetzen sich die Leute auch so stark wie nie zuvor. Und das müssen wir genauso berücksichtigen wie die angebliche Zersplitterung. Werbung muss Menschen clustern und versammeln, ich kann nicht jeden individuell ansprechen, das wäre völlig ineffizient. Wir müssen möglichst viele Menschen mit einer Werbebotschaft erreichen.
Angeblich brechen doch gerade für Werber goldene Zeiten an, weil sie dank Big Data – den Unmengen von Daten, die jeder Internet-Nutzer hinterlässt– individualisierte Werbung schneidern können?
Daten sind ein toller Rohstoff, nicht weniger, aber auch nicht mehr. Mit ihrer Hilfe können wir Zielgruppen segmentieren: Wen will und kann ich erreichen? Mit welcher Botschaft? Erreiche ich die richtigen? Wann sind sie empfänglich für die Werbebotschaft? Aber selbst, wenn ich Tausende von Daten beisammen habe, braucht es noch immer die kreative Idee, die packende Story der Marke, mit der ich Menschen erreiche und involviere. Ohne solche Ideen sind Daten nutzlos. Daten sind Teil der Lösung. Aber sie sind nicht die Lösung.