Investor Cosco Eine Absage wäre „eine Katastrophe für den Hafen und Deutschland“

Ein Schiff der Reederei Cosco im Hamburger Hafen. Am Terminal Tollerort ist die chinesische Reederei der wichtigste Kunde. Quelle: imago images/Chris Emil Janßen

Duisburg und auch der Hamburger Hafen stehen unter Druck, weil sie mit dem chinesischen Investor Cosco zusammenarbeiten. Zumindest in Hamburg könnte Wirtschaftsminister Habeck noch eingreifen.

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Wenn es um China gehe, müsse man mehr Fakten sprechen lassen und weniger Emotionen, sagt Thomas Lütje, und wirkt dann auf einmal doch selbst sehr emotional. „Was im Moment von dem einen oder anderen Politiker in Sachen China ausgesprochen wird, jagt mir Angst ein“, sagt Lütje, Vertriebsdirektor beim Hamburger Hafenbetreiber HHLA. Einige Politiker missachteten die Bedeutung Chinas für den Welthandel, schimpft Lütje, und überhaupt, wenn man außerhalb der EU bald nur noch Geschäfte mit befreundeten demokratischen Staaten machen wolle, sagt er „dann haben wir in Hamburg bald nur noch zwei Kanada-Dienste“.

Bei den anwesenden Logistikern kommt diese Aussage gut an. Applaus füllt das Zelt, in dem sich Spediteure, Hafenmanager und Bahnlogistiker zu einer Podiumsdiskussion zu den deutsch-chinesischen Logistikbeziehungen zusammengefunden haben. Eingeladen zu der Diskussion auf dem alten Kohlehafen mitten im Duisburger Hafen hatte die Betreibergesellschaft Duisport. Der Standort ist mit Bedacht gewählt: Wo heute noch kleine Kohlebröckchen den regengetränkten Boden dunkel färben, soll bald Europas größtes Hinterland-Bahnterminal entstehen – und das mit chinesischer Beteiligung.

Hamburg und Duisburg haben, was China angeht, nicht nur ein gemeinsames Interesse, sondern auch einen gemeinsamen Partner: Die Cosco Gruppe, Chinas größte Reederei und auch ein Hafenbetreiber. In Duisburg soll Cosco dreißig Prozent des neuen Bahnterminals halten, in Hamburg will der Hafenbetreiber HHLA das chinesische Unternehmen mit 35 Prozent am Containerterminal Tollerort beteiligen.

Der Plan ist bereits seit einem Jahr öffentlich, doch erst jetzt wird er zu einem Politikum. Wie das “Manager Magazin“ zuerst berichtete, hat Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) Zweifel daran, ob es wirklich so schlau ist, die Anteile am Hamburger Terminal an Cosco zu verkaufen. „Ich tendiere in die Richtung, dass wir das nicht erlauben“, erklärte Habeck erst vor wenigen Tagen. Zwar sei das Terminal nur ein kleiner Teil des gesamten Hafens, aber dennoch zählt Hamburg als größter Hafenstandort zur kritischen Infrastruktur, China könne Einfluss auf den Handel nehmen. Deswegen werde das Investment nun geprüft. Die finale Entscheidung hat das Wirtschaftsministerium schon mehrfach verschoben, im Oktober will Habeck Klarheit schaffen.

Die Hafenbeteiligung ist damit ein Beispiel für das veränderte deutsch-chinesische Verhältnis. Die geopolitische Situation hat sich in den vergangenen Monaten gedreht, der russische Angriff auf die Ukraine und der damit einhergehenden Gasproblematik haben den deutschen Politikern deutlich vor Augen geführt, was die wirtschaftlichen Abhängigkeiten bedeuten können. Und natürlich besetzt mit den Grünen nun eine Partei das Wirtschafts- und Außenministerium, die neue Schwerpunkte in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit setzen will: „Wir müssen die Handelspolitik auch als neues Machtinstrument begreifen, auch als Solidaritätsinstrument begreifen“, sagte Habeck kürzlich.




China Daily, ein chinesisches Staatsmedium, kommentierte daraufhin: „Die Blockade der Investition wird nicht nur die Freundschaft zwischen den beiden Unternehmen belasten, sondern auch die Beziehungen zwischen den beiden Ländern überschatten.“ Deutschland stehe unter dem Druck Washingtons und seiner „schädlichen Machtspiele.“

Auch bei den Hafenmanagern aus Duisburg und Hamburg stößt Habecks Position auf wenig Verständnis. Auch wenn auf dem Podium auf der Kohleinsel niemand offiziell über die anstehende Entscheidung zur Cosco-Investition spricht – gut findet Habecks mögliches Veto hier niemand.

„Am Tollerort verschiffen wir zwei Airbusflugzeuge mit Cosco jeden Tag“, sagt HHLA-Manager Lütje. Es sei wichtig, solche Verbindungen zu sichern. „Damit sichern wir auch unsere Arbeitsplätze jeden Tag.“

Schon in den vergangenen Tagen hatte die Hamburger Hafenwirtschaft immer wieder vor der Folge eines Vetos gegen die Beteiligung von Cosco gewarnt. „Ein Einstieg der Chinesen in die Betriebsgesellschaft wäre ein Riesengewinn für den Hafen und keine Gefahr“, sagte etwa Axel Mattern, Vorstand der Hamburger Hafen Marketing, die den Hamburger Hafen als Standort bewirbt. Cosco werde bald die weltgrößte Reederei sein, eine Absage wäre „eine Katastrophe nicht nur für den Hafen, sondern auch für Deutschland.“ Insgesamt ist China für den Hamburger Hafen mit 2,5 Millionen verladenen Containern der wichtigste Handelspartner.

Bei dem Terminalbetreiber HHLA, dem größten Unternehmen im Hamburger Hafen, fürchtet man bereits: Nach einem Veto könnten die Chinesen auch einen Teil ihrer Schiffsdienste verlegen. Cosco ist der wichtigste Kunde am Terminal Tollerort. Aber die Reederei hält längst Anteile an Terminals bei Hamburger Konkurrenten wie Antwerpen und Rotterdam. Weltweit ist Cosco mittlerweile in 37 Häfen als Betreiber aktiv, in China betreibt das Unternehmen die fünf größten Häfen. Das Schwesterunternehmen Cosco Shipping ist die viertgrößte Reederei der Welt und kontrolliert elf Prozent der Containerfracht auf den Meeren.

In welchen Häfen Cosco in Europa bereits investiert hat


Auch in Duisburg fürchtet man sich vor den Konsequenzen eines Vetos. Der Duisburger Hafen mache etwa rund elf Prozent seiner Verkehre mit China, sagt Duisport-Vorstand Carsten Hinne. Das sei in etwa ebenso viel Verkehr wie Duisburg mit dem Hafen Rotterdam habe, der keine 200 Kilometer entfernt nahe der Mündung des Rheins liegt.

Dass Cosco hier am Bahnterminal mitbaut, ist bisher in der politischen Diskussion kaum thematisiert worden. Allerdings ist Cosco auch nur einer von vier Anteileignern, Duisport hält ebenfalls 30 Prozent, und auch die Logistiker und Rheinschiffer Hupac und HTS sind am neuen „Duisburg Gateway Terminal“ beteiligt.

Natürlich habe man in der Vergangenheit „eine sehr große Fokussierung und Ausrichtung auf China gehabt“, so Hinne. Vor allem der ehemalige Hafenchef Erich Staake hatte die Beziehungen zu China vorangetrieben und so den einst siechenden Industriehafen in einen Logistikstandort verwandelt. In Zukunft müsse auch Duisburg sich mehr diversifizieren, gesteht Hinne ein. Aber: China sei Deutschlands wichtigster Handelspartner, stehe für rund 250 Milliarden US-Dollar Handelsvolumen. „Wenn wir uns davon nicht abhängig machen, wäre das wahrscheinlich das falscheste Signal“, sagt er. Schließlich habe auch die EU und Deutschland für die chinesische Wirtschaft eine immense Bedeutung. „Diese Abhängigkeit ist ja wechselseitig.“

Transparenzhinweis: In einer früheren Version dieses Artikels war von einem Handelsvolumen zwischen Deutschland und China in Höhe von 250 Millionen US-Dollar die Rede – richtig sind Milliarden. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.


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